La Fontaines Fabeln. Jean de la Fontaine

La Fontaines Fabeln - Jean de la Fontaine


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       Das ist wahrhaftig nicht mein Stand.

       Ich, eine Maus? Das kann nur ein Verleumder sagen!

       Ein Vogel bin ich unbedingt.

       Sieh nur die Flügel, die mich tragen –

       Hoch leb', was in die Luft sich schwingt!««

       Sie sprach so gut, daß man ihr glaubte,

       Und daß das Wiesel ihr erlaubte,

       Frei fortzuflattern aus dem Nest.

       Nicht lang', und Jungfer Leichtsinn klebte

       Bei einem andern Wiesel fest,

       Das mit den Vögeln just in Fehd' und Feindschaft lebte,

       So daß zum zweitenmal nun in Gefahr sie schwebte.

       Die lange Schnauze streckt der Hausherr lüstern vor,

       Der, als 'nen Vogel, sie zu leckrem Fraß erkor;

       Doch sie verteidigt sich und spricht gar treu und bieder:

       »Ein Vogel, ich? Seht her! Nein, das ist nicht mein Fall!

       Was macht den Vogel? Das Gefieder!

      Maus bin ich. Hoch die Ratzen all'!

       Der Teufel hol' die Katzen all'!«

       So hat durch schlaues Antwortgeben

       Zweimal gerettet sie ihr Leben.

      Manch Kluger macht's wie sie: wenn die Gefahr ihm nah,

       Schlägt er ein Schnippchen ihr, wechselt die Farb' ein wenig,

       Und, je nachdem, ruft er: Hurra

       Der Republik! Hurra dem König!

      Tödlich getroffen lag, den Federpfeil im Herzen,

       Ein Vogel da; er klagt im Übermaß der Schmerzen

       Sein traurig Los: »Ist's nicht ein harter Schicksalsschluß,

       Daß man zum eignen Leid die Waffen liefern muß?

       Grausamer Mensch! Du nimmst aus unsren Schwingen

       Die Federn, die zum Flug die Mordgeschosse bringen!

       Doch spotte nicht, du Volk, herzlos und ungerecht;

       Denn für ein ähnlich Los wie wir bist du geschaffen:

       Die eine Hälfte von Japetos' Geschlecht

       Versorgt die andre stets mit Waffen.«

      Frau Hündin, nah' dem Muttersegen

       Und ob der süßen Last in großer Wohnungsnot,

       Fleht eine Freundin an, die schließlich sich erbot,

       Die Hütte ihr zu leihn, die Last drin abzulegen.

       Die gute Freundin kehrt nach ein'ger Zeit zurück;

       Die Hündin bittet sie um nur noch vierzehn Tage –

       Die Kleinen machten grad' ihr mit dem Laufen Plage –

       Und sie erhält's im Augenblick.

       Auch diese Frist verstreicht; die Freundin kommt vom Lande,

       Zurückzufordern Bett und Haus.

       Die Hündin aber zeigt die Zähn' ihr und ruft aus:

       »Ich ging, wenn du den Mut, mich und die ganze Bande

       Gleich an die Luft zu setzen, hättst!«

       Die Kleinen waren Riesen jetzt.

      Was du 'nem Schurken gibst, du wirst es stets bedauern.

       Leihst du ihm was, kannst lange lauern,

       Kaum kriegst du's wieder mit Gewalt;

       Er wird sich erst verklagen lassen.

       Gib einen Finger ihm, und bald

       Wird deine ganze Hand er fassen.

      Der Adler machte Jagd auf Meister Seidenhas',

       Der schnell auf eil'ger Flucht in seinen Bau sich rettet.

       Als Nachbar neben ihm im Loch ein Käfer saß.

       Ob er dort sicher war gebettet?

       Weiß nicht? Genug, es duckt Herr Lampe sich hinein.

       Doch auf die Freistatt schießt der Adler flugs hernieder;

       Der Käfer legte Fürsprach' ein:

       »O Fürst der Vögel du mit mächtigem Gefieder,

       Ich weiß, ein leichtes ist dir Meister Lampes Mord;

       Doch tu mir das nicht an! Willst du Gehör mir geben,

       Sieh den Unglücklichen, er bettelt um sein Leben –

       Schenk's gnädig ihm! Wo nicht, so töt' auch mich sofort.

       Er ist mir Nachbar, Freund gewesen!«

       Der Vogel Jupiters erwidert ihm kein Wort;

       Er stößt ihn mit dem Flügel fort,

       Betäubt ihn, und ohn' Federlesen

       Schleppt Meister Lamp' er weg. Der Käfer, wutempört,

       Fliegt zu des Adlers Nest; da er ihn nicht getroffen,

       Pickt dessen Eier er entzwei, sein liebstes Hoffen –

       Kein einziges blieb unzerstört.

       Bei seiner Rückkehr schaut der Adler die Zerstörung;

       Zum Himmel schreit er laut, wahnsinnig vor Empörung,

       Ahnt er doch nicht, an wem er rächen soll die Schmach!

       Er stöhnt – die leere Luft hallt seine Klagen nach.

       Ganz kinderlos lebt er dies Jahr in Gram und Reue;

       Im nächsten baut sein Nest er höher, doch es gab

       Der Käfer acht: er kommt und wirft die Brut hinab,

       Und Meister Lampes Tod ward so gerächt aufs neue.

       Die zweite Trauer war so groß, daß durch den Wald

       Sechs Mond' hindurch ihr Echo schallt.

       Der einst den Ganymed getragen,

       Dem Herrn der Götter naht mit Bitten er und Klagen,

       Und in den Schoß des Zeus legt er die Eier jetzt:

       Hier sind sie sicher nicht dem Angriff ausgesetzt!

       Nun schützt sie Jupiter gewiß schon seinetwegen –

       Wer wagt' hier Hand an sie zu legen?

       Das kam auch keinem in den Sinn.

       Der Feind ersann ein andres Mittel:

       Er spritzte etwas Kot auf Jovis neuen Kittel;

       Abschütteln will's der Gott und – wirft die Eier hin.

       Kaum hat das Unglück er erfahren,

       Da droht der Aar dem Zeus, sogleich

       Woll' in die Wüst' er gehn, verlassen Hof und Reich

       Und der Abhängigkeit Gefahren –

       Und was noch mehr der Reden waren.

       Stumm hört der arme Zeus ihn an.

       Vor seinem Richterstuhl erschien der Käfer dann

       Und gab Bericht mit klugem Sinne.

       Sein Unrecht machte man dem Adler schließlich klar;

       Doch da der beiden Haß ganz unversöhnlich war,

      


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