La Fontaines Fabeln. Jean de la Fontaine

La Fontaines Fabeln - Jean de la Fontaine


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und nähmest du

       Den größten Stock – 's wird nicht gelingen.

       Schlag' vor der Nas' die Tür ihr zu,

       Sie wird zurück durchs Fenster dringen.

      An seinem Wiegenfest bekam der Fürst der Tiere

       Einst Lust zu pirschen in dem Waldreviere.

       Des Löwen Wildpret sind nicht Spatzen just, o nein,

       Das muß 'ne fette Sau, ein feistes Damwild sein.

       Um möglichst bald zum Ziel zu kommen,

       Hat er den Esel mitgenommen,

       Des Stentor-Stimme, laut und voll,

       Der Majestät anstatt des Waldhorns dienen soll.

       Der Löwe stellt ihn an, verdeckt von Busch und Blättern:

       »Nun los mit dem Y-a!« Er weiß es ganz genau:

       Das scheucht die Mutigsten heraus aus ihrem Bau;

       Denn ungewohnt dem Wild ist dieser Stimme Schmettern,

       Ihr ohr- und herzzerreißender Laut.

       Die Luft erdröhnte von dem fürchterlichen Schalle,

       Vor dessen Ungestüm des Walds Bewohnern graut;

       Sie fliehn, und rettungslos gehn alle in die Falle,

       Wo seines Fangs der Löwe lacht.

       »Heut hab' ich doch gewiß mein Meisterstück gemacht?«

       Spricht Langohr, als wär' er der Held der Jagd gewesen.

       »Ja« sagt der Löwe drauf »geschrien hast du hübsch laut;

       Und kennt' ich dich nicht nach Geschlecht, Gestalt und Wesen

       Mir selber hätt' vor dir gegraut!«

       Der Esel, wagt' er's nur, möcht schier vor Zorn erbeben,

       Da man den Prahlhans mit verdientem Spotte zahlt.

       Ja, unerträglich ist ein Esel, der da prahlt;

       Das ist ihm nun 'mal nicht gegeben.

      Äsop, wenn nicht die Sage lügt,

       War das Orakel aller Griechen;

       Vor seiner Weisheit mußt' verkriechen

       Sich selbst der hohe Rat. Und als Beweis genügt

       Vielleicht ein hübsches Anekdötchen,

       Das euch zum Spaß erzählt hier sei.

       Ein Vater hatte einst drei Mädchen,

       Ganz grundverschieden alle drei:

      Die liebt den Trunk, von leichter Sitte

       War jen', ein Geizhals war die dritte.

       Durch Testament nun macht genau

       Zu gleichem Teil, nach dem Gesetze,

       Der Vater alle drei zu Erben seiner Schätze,

       Und gleich viel schenkt er seiner Frau,

       Doch zahlbar erst, wenn jede nimmer

       Besitzen würde das ihr zugefallne Teil.

       Der Vater stirbt; die Frauenzimmer

       Öffnen das Testament in allergrößter Eil'.

       Man liest es, man beginnt zu fragen,

       Was der Verstorbene gewollt.

       Umsonst – kein Mensch vermag zu sagen,

       Wie's jede Tochter machen sollt',

       Daß, wenn ihr Erbteil sie nicht mehr ihr eigen nennte,

       Sie ihre Mutter zahlen könnte?

       Denn jeder weiß: 's ist ziemlich schwer,

       Zu zahlen, wenn der Beutel leer.

       Wie soll der Worte Sinn man deuten?

       Die Sache kommt zum Spruch. Die Rechtsgelehrten all'

       Erörtern diesen schwier'gen Fall

       Und drehen ihn nach allen Seiten;

       Zuletzt gestehn sie, daß zu Ende ihr Latein,

       Und raten, ohne weitres Streiten

       Das Gut zu teilen und – der Rest sollt' Schweigen sein.

       »Und in betreff des Witwengutes

       Erkennet das Gericht, kund und zu wissen tut es:

       Ein Drittel soll als Pflicht für jede von den drei'n,

       Doch nach Belieben zahlbar sein,

       Falls eine Rente nicht der Mutter mehr zu Sinne,

       Die mit des Sel'gen Tod beginne.«

       Gesagt, getan. Man macht drei Teil', an Wert ganz gleich:

       Der erst' enthält die Flaschenkeller

       Mit Malvasier und Muskateller,

       Trinkgeschirr von Kristall, mit Gold und Silber reich

       Geschmückt, kunstvoll verzierte Schänken,

       Becher und Kannen – kurz, was nur in dem Bereich

       Der Schlemmerei man mag erdenken;

       Der zweite alles das, worauf den Sinn zu lenken

       Ein eitles Weibsbild pflegt, ein Haus voll Glanz und Pracht

       Mit Sklaven beiderlei Geschlechtes,

       Und nur ganz Echtes

       An Schmuck und üpp'ger Kleidertracht;

       Der dritte Wirtschaftsgut, Landhäuser, Feld und Heide,

       Die Herden all' nebst Trift und Weide

       Und Mensch und Vieh im Arbeitsjoch.

       Und nun – damit sich's nicht zufällig treffen sollte,

       Daß keine von den Schwestern doch

       Bekäm', was sie gern haben wollte –

       Nahm eine jede sich, was ihren Sinn ergötzt,

       Nachdem's der Richter abgeschätzt.

       Dies also hat sich zugetragen

       Einst in Athen; und groß und klein,

       Sie stimmten alle überein,

       Teilung und Wahl sei recht und gut. Äsop allein

       Fand, trotz der Zeit und Müh' und Plagen

       Enthielte des Gerichts Sentenz

       Das Gegenteil des Testaments.

       »Wenn der Verstorbne noch« sprach er »am Leben wäre,

       Wie würd' ihn tadeln alle Welt!

       Und dieses Volk, das sich der Ehre

       Vermißt und selber sich für das gescheitste hält,

       Konnt' also mißverstehn des Sel'gen letzten Willen!«

       Sprach's, und begann die Teilung noch einmal,

       Und gab nun jeder, zu erfüllen

       Des Toten Wunsch, 'nen Teil just gegen ihre Wahl.

       Nichts teilt' er von den Gütern allen

       Der Schwester zu, der's mocht' gefallen:

       Das närrisch eitle Ding bekam,

       Was Schlemmern nur kann Freude machen;

       Die Schwelgerin den Wirtschaftskram,

       Der Geizhals all' die prächt'gen Sachen.

       Dem weisen Phrygier leuchtet's ein:

       Damit die saubern Jungfräulein

      


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