Mädchenname. Ava Lennart
musste, aber er konnte einfach nicht anders. Er wollte es. Sie war in ihn gefahren, wie eine schnell wirkende Droge. Und so sehr er sich auch dagegen sträubte: Er wollte sie. Und sie sollte das wissen.
Ohne in seinem Tun innezuhalten, hob er die Augen und sah Julia mit unergründlichem Blick an. Dann nahm er die Zigarette an die Lippen und leckte einmal an ihr entlang, ohne den Blick von ihr zu wenden.
Julia wurde ganz anders, als diese Geste ein leises Ziehen in ihrem Schoß hervorrief. Sie war zum Glück durch den Sport schon so gut durchblutet, dass ihr heftiges Erröten nicht auffallen konnte. Gleichzeitig war sie empört. Das war doch eindeutig eine obszöne Geste gewesen! Oder hatte er sich einfach nur eine Zigarette gedreht und sie überinterpretierte das?
Rasch schwamm sie Richtung Pooltreppe und stieg aus dem Becken. Überrascht hielt sie inne. Mathieu, die Zigarette im Mundwinkel, hielt ihr das Handtuch hin. Julia runzelte verblüfft die Stirn. Wie hatte er nur so schnell vom Poolhaus auf der anderen Seite hierhin kommen können? Noch mehr wunderte sie allerdings, weshalb er immer noch nichts sagte.
Sie schwamm in ruhigen Zügen zur anderen Seite des Pools. Im selben Moment löste sich unvermittelt seine Starre, und er ging großen Schrittes zur Pooltreppe. Mein Gott, sie würde ihn sicherlich für aufdringlich halten. Aber er musste einfach näher bei ihr sein. Während sie tropfend aus dem Wasser stieg, der feuchte Badeanzug eng an ihrer Haut klebte, reichte er ihr das Handtuch.
Seine Kehle war vor Begehren wie zugeschnürt. Er konnte einfach nichts sagen. Zumindest nichts, was nicht profan geklungen hätte. Nichts, das auch nur ansatzweise ausgedrückt hätte, wie es ihm gerade erging und wie viel er über sie erfahren wollte. Dann lieber still sein. Außerdem war er abgelenkt durch das stete Rinnsal von Wassertropfen, die aus ihren Haaren über ihren Hals und ihre Schultern liefen und in Regionen kullerten, die er liebend gerne sogleich mit seiner Zunge ebenfalls erkundet hätte. Diese Frau machte ihn wahnsinnig!
Als sie ihn flüchtig berührte, musste er seinen Kiefer eng zusammenpressen, um sie nicht gleich an sich zu reißen und auf einer der Poolliegen zu nehmen. Herrgott, er würde noch diesen Job verlieren! Diese Gefühle waren pures Gift für seine berufliche Zukunft. Und vielleicht nicht nur die berufliche.
Julia sah ihn einen kurzen Augenblick abwartend an, ob er sie vielleicht begrüßen wollte. Bis auf ein paar Tauben, deren Gurren vom Dach des Poolhauses herüberwehte, war nichts zu hören. Ihr Herz klopfte heftig, als sie sich bewusst wurde, wie sie hier alleine mit diesem geheimnisvollen Mann stand, der sie mit seinen Blicken verschlang, mit anzüglichen Gesten zeigte, dass er offensichtlich nur ein Ziel hatte, und dennoch keinen Ton hervorbrachte.
Merkwürdig. Wieso sagte er nichts? Sie erinnerte sich an ihr eigenes peinliches Gestammel am Vorabend, das ihn so überheblich hatte schnauben lassen, und beschloss, ebenfalls nichts zu sagen. Vielleicht war er einfach schüchtern?
Die Stille war greifbar, und gleichzeitig spielten ihre überreizten Sinne ihr einen Streich. Sie nahm seinen männlichen Geruch wahr. Erdig. Er zog an seiner Zigarette, und als er den Rauch seitlich ausstieß, zwang Julia sich, den Blick von seinen herrlichen Lippen zu lösen. Wie es sich wohl anfühlte, diesen Mund zu küssen?
Das Poolwasser reflektierte die Morgensonne in seinen Augen und ließ seinen Blick noch intensiver leuchten. Oder bildete sie sich das nur ein? Sie nickte freundlich und ergriff das Handtuch. Dabei streiften ihre Hände kurz die seinen. Ein angenehmes Kribbeln zog sich ihren Arm hoch. Julia sah, wie sich seine Augen weiteten. Also musste er auch etwas gespürt haben.
Ihr Herz flatterte mittlerweile wie ein verschreckter Vogel. Die Sehnsucht ihres Körpers, von seinen Händen überall berührt zu werden, ließ sie fast ohnmächtig werden. Es hätte nicht viel gefehlt und sie hätte ihre Arme um seinen Hals geschlungen und ihren nassen Körper an ihn gepresst. Aber ihre Vernunft, auf die seit jeher Verlass war, schaltete sich wieder ein. Was sollte das? Er war doch auch nur ein Mann. Seit wann führte sie sich so auf? War sie etwa nach Marcus so ausgehungert nach Aufmerksamkeit und Zuwendung, dass sie jetzt völlig den Verstand verlor?
Sie räusperte sich und strich ihre feuchten Haarsträhnen hinter die Ohren, um etwas Druck abzubauen. Dann wickelte sie sich mit zitternden Händen in das Handtuch und schlüpfte in ihre Flipflops. Mit einem weiteren vagen Nicken zu Mathieu hin steuerte sie auf den Plattenweg zu, der vom Swimmingpool zum Haus führte. Sein Blick brannte in ihrem Rücken, und sie unterdrückte den Impuls, sich noch einmal umzudrehen. Weshalb fiel gerades, entspanntes Gehen bloß so schwer, wenn man beobachtet wurde?
Sie hatte das Gefühl, zu taumeln, und konzentrierte sich auf ihr Gleichgewicht, den Blick fest auf die Platten gerichtet. Die wuchernden Pflanzen zwischen ihnen piksten ihre Füße in den Flipflops. In ihrem Kopf hämmerte es unablässig: „Er ist ein Mann, und du bist eine Frau!“
Beim Haus angelangt, erhöhte sie ihr Tempo, und als sie ganz sicher war, dass er sie nicht mehr sehen konnte, falls er ihr überhaupt so lange nachgeblickt haben sollte, rannte sie fast die letzten Meter bis zum Dahlienzimmer. Mit klopfendem Herzen schloss sie die Tür und lehnte sich von innen dagegen. Ein fast hysterisch klingender, abgehackter Laut entwich ihrer Kehle. Was um Himmels willen war hier gerade geschehen? Fast war sie wieder ärgerlich. So ein Spanner!
Weshalb hatte er nicht wenigstens „Bonjour“ gesagt?
Noch während sie das dachte, musste sie sich eingestehen, dass gerade diese Wortlosigkeit ihren Herzschlag erhöht hatte. Wenn sie darüber nachsann, war diese stumme Szene eben das Erotischste gewesen, was ihr bislang passiert war. Nicht zu vergleichen mit der eher sachlichen Zugewandtheit, die sie in den letzten Jahren mit Marcus geteilt hatte.
Schmunzelnd drückte Julia sich von der Tür ab und pellte sich aus ihrem feuchten Badeanzug. Noch unter der heißen Dusche spürte sie den feinen Vibrationen ihres Körpers nach. Das Lächeln blieb auf ihrem Gesicht.
Fast erleichtert beobachtete er, wie sie sich von ihm entfernte. Er sah ihren wiegenden Hüften unter dem Handtuch und den wohlgeformten Waden nach, als sie sich über den Plattenweg Richtung Haus begab. Kaum war sie außer Sicht, stieß er zischend die Luft aus, die er unbewusst angehalten hatte. Er fuhr sich mit beiden Händen in seine Haare und warf den Kopf in den Nacken, um seine angestauten Emotionen mit einem ungläubigen Schnauben in den blauen Himmel zu schicken.
Verflucht! So etwas war ihm noch nie passiert. Was hatte diese Frau an sich, dass er so extrem reagierte? Und warum wollte sein Körper nicht einsehen, dass er von dieser reichen Tussi nichts zu wollen hatte. Als er langsam zum Geräteschuppen zurückging, ertappte er sich bei einem Lächeln.
MEMOIREN
Julia trat gerade aus der Dusche, als es an ihrer Zimmertür klopfte. Ein Adrenalinstoß durchfuhr sie. In einem wahnwitzigen Gedanken wünschte sie, es wäre dieser geheimnisvolle Gärtner. Aber dann besann sie sich. So weit würde er sicherlich nicht gehen.
Sie warf sich einen Bademantel über und öffnete die Tür. Vor ihr stand ein massiger Typ mit kahl geschorenem Kopf. Er trug ein weißes T-Shirt und eine weiße Hose. An seinem rechten Oberarm lugte ein bläuliches Tattoo aus dem Ärmel. Sein auf den ersten Blick gefährliches Aussehen wurde allerdings durch sein freundliches Lächeln und sein sanftes Auftreten sofort gemildert.
„Bonjour, Madame. Ich bin Anatol. Möchten Sie eine Massage?“ Er sprach mit leicht russischem Akzent.
Julia blieb schon wieder der Mund offen stehen. Eine Massage? Für sie? Wow. Das wurde ja immer luxuriöser. Sie nickte, trat zur Seite und ließ Anatol ein, der ein Wägelchen hinter sich herzog. Von diesem hievte er eine zusammengeklappte Liege und baute