Tara. Nancy Omreg

Tara - Nancy Omreg


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genau und bis zum Flughafen Tempelhof brauchen wir ja auch nicht fahren. Da steigen wir am Check Point Charlie in Kreuzberg wieder aus.“

      Ich stimmte Fine zu und wir machten uns auf den Weg zur nächsten U-Bahn.

      Als wir auf dem Kurfürstendamm, oder Ku’damm, wie er auch genannt wurde, angekommen waren, bereuten wir, in der Pension gefrühstückt zu haben bei dem Anblick des Frühstücksangebots in den Cafés, die sich zwischen Läden und Hotels erstreckten. Jedoch waren wir zu satt um dennoch ihr Angebot anzunehmen und es reichte auch die Zeit nicht aus, um sich für einen Kaffee hineinzusetzen.

      Auch bei den Läden musste ein Blick durch die Schaufenster reichen und so schlenderten wir mit, an den Fenstern platt gedrückten Nasen zu dem Haltepunkt der Stadtrundfahrt.

      Eine Familie mit zwei Kindern, ein Rentnerehepaar und drei befreundete Rentnerinnen warteten bereits an der Haltestelle. „Gucke ma’ Erna, was sin’ das denn für kom’sche Vöschel.“

      „Also ne, die seh’n ja aus als wär’n se’ aus der Geisterbahn gekrochen. Hoffentlich fahr’n die ne mit uns. Da habsch bissl Angst“, tuschelte das Rentnerehe-paar mit einem auffällig sächsischen Dialekt als wir uns neben sie stellten. Abfällig und leicht verängstigt beäugten sie uns.

      Das kleine Mädchen der Familie schaute mit großen Augen auf meine Schellen an der Tasche, die bei jeder Bewegung klingelten und fragte laut

      „Mami, bekomme ich auch solche Glöckchen?“ Entsetzt schaute die Mutter erst auf mich und dann auf ihre Tochter und schüttelte kaum merklich den Kopf. Ich band daraufhin eine meiner Schellen ab und gab sie dem Mädchen, welches sie freudestrahlend entgegennahm.

      „Schau mal Mami, das hat mir die Tante geschenkt.“ Freudig bimmelte sie die Schelle.

      „D-Danke“, stammelte die Mutter leise und schaute an mir vorbei.

      Inzwischen ruhten nicht nur alle Augenpaare auf Fine und mir, sondern ein großes Schweigen setzte ein in dem nur die Schelle hörbar war, die nach wie vor von dem Mädchen geschwungen wurde. Ich war daher sehr erleichtert, als endlich der Bus kam.

      Der Bus war schon ziemlich voll, aber Fine und ich erwischten zum Glück noch einen Zweier-Sitzplatz. Ich glaube auch nicht, dass einer der Fahrgäste neben einem Grufti hätte sitzen wollen, somit war dies für beide Seiten glücklich ausgegangen. Die Reiseleiterin begrüßte die zugestiegenen Gäste und erklärte die Geschichte des Kurfürstendamms während der Bus langsam anfuhr.

      Nach noch einem Stopp an der Gedächtniskirche verließen wir den Kurfürstendamm. Die Rundfahrt ging vorbei an dem Europacenter, dem KaDeWe, dem Rathaus Schöneberg, durch den Tiergarten, zu den Botschaften, an der Siegessäule vorbei, welche auf mich einen besondere Eindruck hinterlassen hatte, bis zum Schloss Bellevue und letztendlich in das Regierung-sviertel. Dort schauten wir uns das Bundes-kanzleramt und den Bundestag an.

      An dieser Stelle war das größte Gedränge an Menschen unterschiedlichster Nationalitäten. Besonders fiel mir eine Reisegruppe Japaner auf, die mit gezückten Fotoapparten vorbeieilten, als müssten sie noch ganz Berlin an einem Tag durchreisen.

      Von dort aus ging es mit dem Bus weiter ans Brandenburger Tor zum Potsdamer Platz. Die nächste Haltestelle war Check Point Charlie und somit auch unsere Ausstiegsstelle. Wir hörten uns noch die Informationen zu diesem historisch wichtigen Ort an und trennten uns von der Reisegruppe.

      „Also ich fand, die Rundfahrt hat sich gelohnt, oder was meinst du?“, fragte ich Fine.

      „Ja, das finde ich auch. Die Wirtin hat wohl einfach echt kein Interesse an der Geschichte ihrer Stadt. Jetzt kennen wir wenigstens auch mal Westberlin und nicht nur eine Ecke davon. Aber nun habe ich Hunger.“ Ich stimmte Fine zu und mein gerade einsetzendes Magenknurren tat dies ebenfalls.

      „Naja ist ja auch schon um sechzehn Uhr. Wahrscheinlich gab es keine Gaststätte, die historisch wertvoll war um in ihr Mittag zu essen.“

      „Wollen wir heute noch einmal zu dem Italiener gehen? Es gibt da noch so einiges auf der Karte, was ich noch probieren würde?“, fragte mich Fine.

      Anstatt eine Antwort zu geben zog ich sie am Arm hinter mir her in die Richtung des Italieners. „Chianti! Chianti! Chianti!“, frohlockte ich.

      „Du hast recht, was war das denn für ein trockener Tag bisher. Das muss geändert werden“, lachte Fine und stimmte ein: „Lambrusco! Lambrusco! Lambrusco!“

      Nachdem wir wieder ein hervorragendes Essen genossen hatten, gingen wir zurück in die Pension um uns für das Konzert fertig zu machen. Ich hoffte, dass mein bauchfreies Oberteil nach dem reichlichen Abendbrot noch tragbar wäre, aber ein prüfender Blick in den schmalen Ganzkörperspiegel an der Schranktür beruhigte mich. Der Rock und die Korsage saßen perfekt. Ich musste selbst zugeben, dass ich wirklich eine schöne Figur hatte. Zufrieden kämmte ich mein langes, blutrotes Haar und band es wegen dem Schminken zu einem Zopf zusammen.

      Auch Fine sah in ihrem Kleid zum Niederknien aus. Ihre schlanke Taille kam in dem engen Kleid richtig zur Geltung und bei jeder ihrer Bewegungen wuchs die Spannung, ob der Po unter dem Kleid raus schauen würde oder nicht, da es so kurz war.

      „Tara, welche Schuhe soll ich dazu anziehen?“, fragte mich Fine und stand mit zwei Paar Stiefeln vor mir, wovon eines aus Lack mit Plateausohlen war und der andere aus Leder mit einem mörderisch hohen, spitz zulaufenden Absatz.

      „Nimm den aus Leder“, riet ich ihr. „Der passt besser zum Kleid und außerdem ist er höher. Du wirkst sonst wie ein Zwerg neben mir, wenn ich meine hohen Schuhe trage.“

      Fine nickte und stellte die Lackstiefel zurück in den Schrank. Fine war mit ihren 1,65cm eigentlich durchschnittlich groß, jedoch überragte ich sie bei meiner Körpergröße von 1,76 cm um einen halben Kopf. Mit unterschiedlichen Absatzhöhen konnte sich das zu einem Unterschied von bis zu 20 cm gestalten, was für uns beide nicht mehr schön aussah, wenn wir neben einander standen.

      Meine Freundin band ihre leicht über die Schultern reichenden und fast weiß blondierten Haare ebenfalls zu einem Pferdeschwanz zusammen und setzte sich mit ihrem Rasierspiegel vor das Bett.

      Sie fing an ihre blauen Augen mit Kajal, Eyeliner und Co in Szene zu setzen. Ich nahm mir ebenfalls den zweiten Rasierspiegel und setzte mich ihr gegenüber an die andere Seite vom Bett.

      Die große Kunst war es, die Wimpern durch mehrmaliges Tuschen lang genug zu bekommen, damit sie dennoch gegen den schwarzen Lidschatten auffielen. Da ich von Natur aus lange Wimpern hatte, fiel es mir weitaus einfacher als Fine.

      Ein paar Pinselstriche und einem kleinen Klopa-pierhaufen in der Mitte später waren wir endlich fertig. Das Klopapier brauchten wir, um den Lidschatten, der beim Auftragen stets auf das restliche Gesicht bröselte, wieder mit Creme von der Haut zu bekommen, damit das Gesicht anschließend perfekt weiß gepudert werden konnte.

      Wir räumten unsere Schminksachen beiseite, öffne-ten wieder unsere Zöpfe und kämmten unsere Haare nochmals durch. Fine setzte sich noch eine kleine Sonnenbrille mit runden Gläsern auf die Nasenspitze. Sie war der Meinung das würde ihre Zusammenstellung komplettieren, auch wenn sie über die Ränder hinweg schauen musste, da es bereits draußen stockfinster war.

      Wir zogen unsere Ledermäntel an, hingen uns unsere Taschen über die Schulter und verließen die Pension in heller Aufregung auf das heutige Konzert. Heute Abend spielten neben der Hauptattraktion „Das Ich“, noch „Project Pitchfork“, „Lacrimosa“ und „Endraum“. „Das Ich“ und „Endraum“ hatte ich bereits schon einmal live gesehen, jedoch auf „Project Pitchfork“ war ich sehr gespannt, da ich sie live noch nicht kannte.

      9 Das Konzert

      Der Wind wehte noch kälter als an dem gestrigen Abend. So sehr wir auch die Mäntel um uns schlangen, dem Zittern entgingen wir nicht. Wir konnten es kaum erwarten im „Dark Hole“ anzukommen, um der Kälte zu entfliehen.

      „Da hätte


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