Zwischen Wüste und Meer. Simone Wiechern

Zwischen Wüste und Meer - Simone Wiechern


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in die Schule zu gehen. Die Schläge nahmen nicht ab und oft war es nahezu unmöglich, Ghanem morgens zum Losgehen zu überreden. Dass seine Abneigung von Tag zu Tag stärker wurde, verstand ich natürlich, wenn er mal wieder mit Striemen auf den Händen heimkam, weil es eine Kollektivstrafe für die Jungs gegeben hatte. Ich ging nach wie vor oft in die Schule und redete mit dem Rektor, aber meine Einwände brachten immer nur kurzzeitig etwas. Eine schlimme Situation, sowohl für mein Kind als auch für mich. Und ein nicht enden wollender Kampf, den ich oft verlor. Ich wusste jedoch keinen Ausweg aus diesen fatalen Umständen .

      Ich besprach mich sehr oft mit Sahi und irgendwann stimmte er zu, mit mir an den Flughafen zu kommen. Wir hofften, man würde vielleicht denken, dass Sahi der Vater meiner Kinder wäre, und mich ausreisen lassen. Mein Ziel war es, in Deutschland zu arbeiten und nur noch die Ferien im Sinai zu verbringen. Zumindest so lange, bis die Kinder die Schule beendet hatten.

      Sahi war zwar traurig, dass ich gehen wollte, aber er konnte mich verstehen und hat mein Glück und das meiner Kinder über seines gestellt. Dies ist ein weit verbreiteter Charakterzug in Sahis Familie. Aida, seine älteste Schwester, war da ganz besonders. Sie kümmert sich den ganzen Tag nur um andere und schaut nahezu nie auf sich selbst. Sie scheint am glücklichsten zu sein, wenn andere sich bei ihr wohlfühlen. Ich hatte bis dato nie erlebt, dass Aida auf ihre Bedürfnisse achtete. Es war fast so, als hätte sie keine.

      Ich packte ein weiteres Mal all meine Habseligkeiten, die mir besonders am Herzen lagen, zusammen und verabschiedete mich von meinen engsten Freunden. Ich sagte nicht allen Bescheid, da ich wie schon bei den früheren gescheiterten Ausreiseversuchen Angst hatte, Samirs Brüder könnten von meinen Plänen erfahren und meine Ausreise unterbinden.

      Nervös fuhren wir in einem Minibus an den Flughafen. Wie zuvor, bläute ich meinen Kindern ein, nur Deutsch zu sprechen und sich bitte nicht zu streiten. Ghanem hielt sich nicht daran, denn er wollte nicht nach Deutschland und brachte seinen Unmut durch Streitereien mit mir und seinem jüngeren Bruder zum Ausdruck. Am Flughafen in Sharm el Sheikh angekommen, war ich mit meinen Nerven vollkommen am Ende, und hoffte, diesmal durch die Kontrollen irgendwie geschickt durchschlüpfen zu können. Sahi blieb draußen bei den Taxis.

      Die erste Hürde des Eincheckens war genommen und wir warteten in einer langen Schlange auf die Passkontrolle. Ich hatte Glück, denn nicht ein einziger Beamter, der mich kannte, war in den zahlreichen Glaskästen, in denen die Bediensteten saßen, zu sehen. Ich versuchte, nicht allzu nervös zu wirken, als ich endlich an die Reihe kam. Der betagte Herr nahm sich meinen deutschen Pass, in dem alle meine Kinder als deutsche Staatsbürger eingetragen waren. Er fragte mich nach meinem Mann und mir wurde sehr mulmig zumute. Ich sagte ihm, dass er draußen warten würde. Der Beamte erhob sich und bat mich, ihm zu folgen. In einem Büro angelangt, forderte er mich auf, meinen Mann zu holen. Ich ging und fand Sahi vor dem Eingang in ein Gespräch verwickelt. Mit einem unguten Gefühl folgte er mir. Im Büro angekommen wollte er gerade bestätigen der Vater meiner Kinder zu sein, als ein anderer Mann in den Raum kam. Ich glaubte es nicht. Wieder ein alter Bekannter. Der Beamte, der mich schon einige Male am Ausreisen gehindert hatte. Er begrüßte mich mit einem: »Sie mal wieder, Sie wissen doch, dass Sie den Vater der Kinder mitbringen müssen und wenn ich mich recht erinnere, sitzt Ihr Mann doch nach wie vor im Gefängnis. Oder ist er frühzeitig entlassen worden?«

      Das durfte doch nicht wahr sein. Und wie kann dieser Mensch so ein verflucht gutes Gedächtnis haben?

      Sahi und ich sahen uns an und wussten beide, dass wir hier in einer brenzligen Lage waren.

      Die beiden Beamten unterhielten sich und auch Sahi wurde befragt. Ich verstand kaum einen Satz, da ich dem ägyptischen Dialekt nicht gut folgen konnte und die Männer viele Wörter benutzten, die mir völlig unbekannt waren. Ich zitterte innerlich und hoffte ganz stark, dass Sahi die richtigen Antworten geben würde. Eine ungeheure Angst hatte mich beschlichen, meinen Mann in eine fatale Situation hineingezogen zu haben. Angestrengt versuchte ich immer wieder zu verstehen, was der Beamte fragte, aber ich verstand nur unzureichende Wortfetzen. Doch dann konnte ich mir endlich einen Reim aus Sahis Antworten machen und seinen Worten entnehmen, dass er begriffen hatte, dass meine Reise hier beendet war. Wahrheitsgemäß erzählte er dem Beamten von meiner verzwickten Lage. Der Bedienstete schlug Sahi lachend auf die Schulter und ich wurde wieder etwas ruhiger. Man sagte mir, dass sie mich auch dieses Mal nicht fliegen lassen würden. Sie könnten aber versuchen, mir ein Schreiben auszustellen, damit ich die Tickets erstattet bekäme. Das war ein faires Entgegenkommen, doch leider hinfällig, da mein last minute-Ticket nicht erstattungsfähig war. Ich hatte also wieder viel Geld, das ich hart gespart und mit Brot-und Kuchenverkauf erarbeitet hatte, verloren. Aber immerhin hatten Sahi und ich keine Schwierigkeiten bekommen. Der Beamte wollte mich zwar nicht fliegen lassen, konnte jedoch durchaus meine Lage vom rein Menschlichen her verstehen und war nicht auf Ärger aus. Ich fuhr, anstatt nach Deutschland zu fliegen, wieder mit Sahi zurück nach Dahab. Ghanem und mein Mann freuten sich sehr darüber. Nur mir wurde einmal mehr bewusst, dass ich in diesem Land gefangen war.

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