"Gedankeninferno". Andreas Meyer
hat jemand die Türe hinter mir geschlossen und das Licht ausgemacht. In diesem Moment dachte ich, mein Leben ist vorbei. Ich bekam fast keine Luft mehr. Ich hämmerte gegen die Tür und schrie: Aufmachen, aber es passierte nichts. Vor lauter Panik und weil es ja dunkel war, konnte ich die innenliegende Schnellöffnung nicht finden. Nach gefühlten Minuten hat dann jemand die Türe wieder geöffnet. Ich hatte Todesangst und ließ meiner Wut dann auch freien Lauf in der Küche. Diese Situation war der Auslöser schlechthin. Ich konnte keine Fahrstühle mehr fahren, keine engen Räume betreten, und wenn ich einen engen Pullover ausziehen wollte, und dabei hängen blieb, war auch Stress angesagt. Ebenso hatte ich Muffensausen bei CT- und MRT-Untersuchungen, denn in die sogenannte Röhre konnte ich nicht hineinfahren. Schon bei einem offenen CT hatte ich Schwierigkeiten. Und jetzt sollte ich wieder ein MRT machen lassen, um herauszufinden, was ich habe. Nicht nur Anne, auch Amy ist eine gute Freundin von mir und sie wusste auch von meiner Geschichte bis hierhin. Sie bot an, mit mir zum MRT zu gehen, was ich dankend annahm. Die Magnetresonanztomographie, abgekürzt MRT oder MR, ist ein bildgebendes Verfahren, das vor allem in der medizinischen Diagnostik zur Darstellung von Struktur und Funktion der Gewebe und Organe im Körper eingesetzt wird. MRT-Bilder werden mit einem Magnetresonanztomographen erzeugt. Das ist ein röhrenförmiges Gerät, in das der Patient auf einer Liege hineingeschoben wird. In der Röhrenwand liegen elektrische Spulen, die ein pulsierendes Magnetfeld und Radiowellen erzeugen. (Quelle: www.google.de) Amy und ich trafen uns kurz nach zehn Uhr vor dem Eingang der Praxis in Stuttgart. Sie hatte noch ein Becher mit frischem Kaffee in der Hand. Am frühen Morgen schon wieder Drogen zu sich nehmen, scherzte ich mit einem Zwinkern. Von irgendetwas muss man ja wachwerden, antwortete Amy mit einem Lächeln. So, dann lass uns mal nach oben gehen, hast du deine Maske dabei? Klar doch, antwortet sie. Wir liefen durch das Treppenhaus in den zweiten Stock, wo sich die Praxis befand. Oben angekommen öffnete ich die Türe und betrat einen großen Raum, wo sich die Anmeldung in einem rechteckigen Glaskasten befand. Drei Damen saßen mit Abstand nebeneinander und kümmerten sich um die Patienten. Als ich an der Reihe war, gab ich wie immer die Überweisung einer der Damen hinter dem Schalter. Und wie immer hatten sie Probleme, das Überweisungsformular der Bundeswehr richtig zu deuten. Haben Sie eine Krankenkassenkarte dabei, fragte die Dame mich.
Leider nein, so etwas gibt es bei der Bundeswehr nicht, versuchte ich ihr zu erklären. Aber das war zu kompliziert für die Dame, sie holte sich Unterstützung von einer Kollegin. Und die Diskussion begann von vorne. Ja, wenn Sie keine Krankenkassenkarte dabeihaben, können wir die Untersuchung nicht durchführen, meinte die zweite Arzthelferin. Ich stand kurz vor der Detonation. Amy meinte nur: Bleib ruhig, das hilft nichts. Wenn Sie uns eine Kostenübernahme-Erklärung unterschreiben, dann können wir Sie untersuchen. Mit einem Puls von gefühlt 250 unterschrieb ich die Kostenübernahme und im gleichen Augenblick meinte Amy: Ruf doch einfach bei der Freien Heilfürsorge an und frage nach. Leider durfte sie aufgrund von Corona nicht mit im Warteraum auf mich warten. Amy suchte sich im Treppenhaus ein Platz und wartete dann auf mich. Ich suchte mir eine Sitzmöglichkeit an der großen Fensterfront, füllte die Unterlagen, die ich bekommen hatte, aus und wartete auf das erste Arztgespräch vor der Untersuchung. Nach gefühlten 20 Minuten wurde ich aufgerufen. Ich lief Richtung Arztzimmer, in dem ein älterer hagerer Mann an der Tür stand. Der Arzt war mir von Anfang an sehr unsympathisch. Ich beantwortete seine Fragen und hoffte, dass ich bald wieder gehen könne. Nach dem Gespräch musste ich wieder in den Warteraum zurückgehen. Eine Arzthelferin brachte eine Flasche mit einer Flüssigkeit und einen Becher und meinte, ich solle diese 1-Liter-Flasche in den nächsten 15 Minuten austrinken. Gesagt, getan trank ich das Mittel innerhalb der Zeit aus. Es schmeckte sehr neutral, fast wie lauwarmes Wasser, das Kontrastmittel.
Die MRT-Untersuchung beginnt
Bis sich das Kontrastmittel im Körper richtig verteilt hatte, dauerte es auch wieder eine halbe Stunde, dann durfte ich in eine Kabine gehen und mich bis auf die Unterhose ausziehen. Von der Kabine aus wurde ich dann in einen Raum geführt, wo das MRT stand. Das Teil, vor dem ich echt Muffensausen hatte. Nicht die Untersuchung, sondern meine Klaustrophobie machte mir zu schaffen. Ich bekam eine Beruhigungsspritze und legte mich dann auf den fahrbaren Tisch. Die Arzthelferin machte das sehr professionell, sie hatte so eine beruhigende Stimme, dass ich fast eingeschlafen wäre, als sie den Tisch in das Gerät einfuhr. Sie sagte nur: Schließen Sie jetzt die Augen und in weniger als zwei Minuten sind wir durchgefahren. Danach beginnt die Untersuchung etwa zehn bis fünfzehn Minuten. Trotz des Beruhigungsmittels war ich sehr angespannt. Als ich die Augen aufmachte, sah ich die Decke mit dem Sternehimmel hinter dem MRT. Dies beruhigte mich enorm und ich konnte die Zeit der Untersuchung gut hinter mich bringen. Nach der Untersuchung fragte mich die Arzthelferin: Und, war es jetzt doch so schlimm wie vermutet? Ich lächelte Sie an und meinte nur: Mit Drogen ist alles nicht schlimm. Ich stand langsam auf und ging in die Kabine, um mich wieder anzuziehen. Das Ergebnis und den Arztbrief würde ich zugesandt bekommen, meinte die Arzthelferin. Das Einzige, was ich mitbekam, waren die Bilder des MRT auf einer CD. Als ich die Eingangstüre zur Praxis öffnete, sah ich Amy immer noch im Treppenhaus sitzen. Noch ein bisschen neben mir von der Beruhigungsspritze meinte ich zu Amy: Lass uns gehen, für heute reicht es mir. Zusammen verließen wir das Gebäude in Richtung Parkhaus, wo Sie das Auto geparkt hatte.
Ein paar Tage vor dem Termin hatte Sie mir angeboten, mich nach der Untersuchung nach Hause zu fahren. Auf der Heimfahrt sprachen wir über die Untersuchung und den unsympathischen Arzt beim Vorgespräch. Da Amy selber in einer Praxis beschäftigt ist, konnte sie auch nur mit dem Kopf schütteln, wie sich die Damen in der Praxis benommen hatten. Ein weiteres Thema war die Freie Heilfürsorge, so ein Drama jedes Mal. Es gibt Einrichtungen wie die Bundespolizei oder die Polizei in Nordreinwestfalen, da gibt es schon die bekannten Krankenkassen-Chipkarten, auch für Beamte im öffentlichen Dienst. Nur die Bundeswehr bekommt es nicht umgesetzt. Weshalb die Bundeswehr noch keine Chipkarten verwendete, erfuhr ich auch erst später beim Telefonat mit der Freien Heilfürsorge. Zuhause angekommen telefonierte ich sofort mit einem Mitarbeiter in Strausberg, der für die Soldaten zuständig war. Herr E. war sehr freundlich und kompetent, was meine Fragen anbelangte. Nach diesem Telefonat war ich um einiges schlauer und ich musste mir keine Gedanken mehr machen, was die Bezahlung der Behandlungskosten des MRT anbelangte. Zu dieser Zeit wusste ich noch nicht, dass ich noch einige Telefonate mit Herrn E. führen würde. Das nächste Problem ließ nicht lange auf sich warten. Dazu später mehr beim Thema Heilfürsorge des Bundes oder der, wie wir Soldaten auch sagen, Freien Heilfürsorge. Ach ja, bis heute warte ich immer noch auf den Arztbrief, obwohl die Rechnung längst bezahlt ist. Was soll man dazu sagen, am besten nicht aufregen und darüber schmunzeln. Denn es könnte ja noch schlimmer kommen, was ist da schon ein fehlender Arztbrief.
Weitere Gespräche mit den Ärzten
Was ich schon immer gehasst habe war, wenn ich genau gefühlt habe, dass etwas nicht in Ordnung ist mit meinem Körper und alle Untersuchungen, die ich durchlaufen habe, kein für mich befriedigtes Ergebnis gebracht haben. Das ist, wie wenn am Auto etwas beim Fahren scheppert und man in die Autowerkstatt geht, um es nachschauen zu lassen. Der KFZ-Meister setzt sich ins Auto und fährt eine Runde, kommt zurück und das Geräusch ist weg. Du kommst Dir blöde vor, setzt Dich wieder ins Auto und bist keine zehn Meter gefahren, da scheppert es wieder. Genau so kam ich mir vor, als ich mit den zwei Ärzten redete. Und sie konnten mir keine Erklärung geben, wieso, weshalb und warum es so ist, wie es ist. Wenn ein Arzt keine Erklärung findet, ist immer die „Psyche des Patienten“ Schuld. Ich ging von einer Untersuchung zur nächsten, gab da Blut und Urin ab und beim nächsten Mal wieder. Aber bis dahin gab es keinen klaren Befund. Mir kam es vor, als wenn man schon wüsste, was eigentlich los war, aber wenn man jetzt schon mit einer Therapie beginnen würde, konnte man die „Kuh“ Patient ja nicht länger melken. Jetzt hieß es wieder: Abwarten und Tee trinken. Du sitzt im Büro und deine Gedanken sind zu 100% nicht da, wo sie eigentlich sein sollten. Einige Tage nach der MRT-Untersuchung bekam ich einen Anruf aus Sindelfingen, ich sollte doch noch einmal vorbeikommen auf ein Gespräch, die Ergebnisse wären jetzt da. Ich fuhr am nächsten Tag direkt nach dem Dienst nach Sindelfingen ins Krankenhaus, um mit Dr. med. S. ein weiteres Gespräch zu führen. Und es kam, wie es kommen musste: Ja, Herr Meyer, wir sind uns immer noch nicht sicher, auch das MRT hat nicht die Gewissheit gebracht, ob es sich jetzt