Wrong turn. Juryk Barelhaven

Wrong turn - Juryk Barelhaven


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später wurde ein tablett serviert. Jeder nahm sich eine Tasse. Derrick lächelte sanft und klopfte Max freundschaftlich auf die Schultern. „Von deiner Tochter hört man nur Gutes. Sie hat ihre eigene Kanzlei aufgemacht. Washington D.C soll zu dieser Jahreszeit schön sein. Du kannst stolz sein.“

      „Ja, das bin ich auch.“

      „Ich möchte sie mehr einbinden. Wir suchen noch gute Kräfte, die unsere Interessen vertreten.“ Er lächelte Max väterlich an. „Ein paar Empfehlungen hier und dort, und sie sitzt bald im festen Sattel. Gute Anwälte gibt es wie Sand am Meer, aber gute Geschäftspartner machen das Leben erst erträglich.“

      „Sie würde sich freuen, Derrick. Das ist sehr nett von dir.“ Er lächelte dankbar. „Willkommen bei SpaceTec.“

      Derrick legte den Kopf zur Seite. Dann streckte er langsam die Hand aus. Max ergriff sie. Seine Finger umschlossen die seinen mit einem kaum wahrnehmbaren Druck. „Mir gehören neununddreißig Prozent von SpaceTec, Max, und ich hätte eine Bitte. Wir sind Freunde und ich weiß deine Anteilnahme zu schätzen. Deine Schwester hat sich gut um Martha gekümmert. Darum bin ich persönlich hier, um dich um einen persönlichen Gefallen zu bitten.“ Er warf Hansen einen kurzen Blick zu, als wolle er sich vergewissern, dass er noch da ist. „Das ist eine vertrauliche Angelegenheit. Spiro ist ein freier Mitarbeiter, übrigens. Ich möchte deine Dienste in Anspruch nehmen.“

      „Natürlich, Derrick.“

      „Du sollst einen Mann ausfindig machen.“

      „Wenn er auf Oasis ist, ist er schon so gut wie gefunden.“

      „Ich plane meine Anteile etwas zu verlagern. Die fünf Prozent an SpaceTec werde ich verdreifachen, sobald der Markt am Samstag wieder aufmacht. SpaceTec und wir“, damit meinte er die Liga der Aktionäre, die Milliarden in das Projekt steckten, „stehen deinen Aktivitäten wohlwollend gegenüber. Bis zum Monatsende sorge ich dafür, dass du nie wieder um einen Cent betteln musst.“

      Max schluckte zaghaft und nickte freudig. Wo war der Haken?

      Derrick und Hansen lehnten sich zurück und schienen zu warten.

      „Als Chef der Finanzen plädiere ich natürlich für ein Ja“, bemerkte Max, als habe er seine Gedanken erraten. „Erstmals hätten wir den seltenen und bemerkenswerten Fall, dass wir unserem Haupteigner einen Gefallen tun dürfen. Wenn wir die Person herausholen, gäbe es noch zu besprechen, welche ID sie bekommen muss. Natürlich kann sie nicht zurück in ihr Heimatland gehen. Auch Europa würde ich für unklug halten. Aber es gibt schöne Ecken in Asien. Vietnam ist beliebt, wenn man mit ein paar Kübeln Regen leben kann. Ein ruhiges, beschauliches Leben erwartet sie dort und das Essen ist ganz wunderbar.“

      „Ich will ihn haben“, antwortete Derrick.

      „Ein alter Freund aus Kindheitstagen?“

      „Du machst es möglich.“

      „Wir können diesen Dienst anbieten, weil bislang kein Staatsanwalt davon Wind bekommen hat. Sollte sich jemand unvorsichtigerweise verplappern oder einer der Verurteilten wieder in sein altes Jagdrevier aufmachen und die Behörden ihn entlarven, sind wir dran, Derrick. Ich würde mich ungern schmerzhaften Fragen aussetzen, die ich nicht beantworten kann.“

      „Mach dir keine Sorgen.“

      „Na schön“, bemerkte Max nach einer Weile. „Ich sage dir das, was ich allen Kunden sage: wenn es sich bei der Zielperson um einen Drogenkartellboss oder einen psychisch labilen Serienmörder handelt, werden wir nicht aktiv. Das ist mein Ernst, Derrick. SpaceTec würde mir die Haut abziehen, wenn ich einen Ed Gein oder Ted Bundy wieder auf die Menschheit loslasse. Das kannst du sicherlich verstehen.“

      „Mach dir keine Sorgen.“

      „Um wen handelt es sich?“

      „Michel Brown“, antwortete diesmal Hansen und zog einen USB-Stick aus einer Tasche, den er vor sich auf den Glastisch legte. Sein Gesichtsausdruck blieb gelassen, aber Max bemerkte, wie Derrick kurz die Augen schloss. Die Art, als würde er einen altbekannten Schmerz versuchen auszuweichen. Maxs Radar begann zu summen.

      „Ist es etwas persönliches?“

      „Nein“, sagte Derrick gedehnt und starrte an die Decke, als müsste er sich die Worte zurechtlegen. „Er ist der Sohn einer meiner Sekretärinnen und hatte hier und da ein bisschen Pech. Wollte Chemie studieren, aber hat sich Schulden angehäuft. Hat mit Drogengeld sein Studium aufgebessert und wurde erwischt. Hatte eben Pech“, meinte Derrick achselzuckend. „Das bin ich ihr schuldig.“

      Die Lüge war schnell zu durchschauen, und es ärgerte Max, dass sich sein Freund wenig Mühe dabei gab. Und dass er überhaupt log, natürlich.

      „Deine Sekretärin, sagst du“, stellte Max klar und tippte den Namen in seinen Laptop. „Mmh, mal sehen. Verurteilt wegen Drogenbesitzes und Herstellung von synthetischen Drogen. Kam vor zehn Monaten an.“ Er rief auf seinem Tablet eine Zusatzdatei auf und ließ den Rechner nach der ID fahnden. Ja, der war hier. „Er lebt in einer Extraktion, die überwiegend friedlich ist“, sagte er und wusste gleich, dass Derrick etwas vorhatte. Aus dem beigefügten Datensatz hatten Ermittler der Polizei Michel Brown mit einem Kinderhändlerring in London in Verbindung gebracht.

       Derrick, was hast du vor?

      Er starrte seinen Freund durchdringend an und entschloss sich Klartext zu sprechen. „Ich betone, dass ich die Verantwortung allein für jeden Einsatz trage.“

      „Ja, Max.“

      „Du denkst, dass er etwas mit Kevins Verschwinden zu tun hat.“

      Derrick zögerte, dann änderte er plötzlich die Taktik. „Ja, Max.“

      Beide starrten sich an.

      „Nein, Derrick.“ Was Derrick mit Michel Brown vorhatte, war weder vernünftig noch gesund. Es war kriminell. Das hier war groß. Zu groß, um es schriftlich in eine Akte von SpaceTec zu verewigen und zu düster, um es später bei einem Bier in einer gemütlichen Kneipe zum Besten zu geben. „Bist du dir mit ihm… wirklich im Klaren, Derrick?“ fragte er zaghaft und faltete die Hände zum Gebet. „Das wird dir keinen Frieden bringen…“

      Derrick Waldmann starrte seinen Freund ausdruckslos an und schüttete Zucker in seinen Kaffee. Fast mechanisch und so konzentriert langsam, als wolle er jedem einzelnen Zuckerkristall persönlich Lebewohl sagen. Max machte sich Sorgen, und zwar erheblich.

      Als das letzte Krümelchen Zucker verbraucht war, wandte sich Derrick langsam Max zu. „Wusstest du, dass ich vierzigmal fremd gegangen bin?“

      Maxs Miene veränderte sich vor Überraschung. Fast schien es, als habe er ein Lächeln gesehen, aber schon war es wieder verschwunden. „Nein, Derrick, das wusste ich nicht.“

      „Martha und ich hatten ein Abkommen. Sie machte mit diesen Tennislehrer weiter und ich konnte mich ausleben. Win-Win, sozusagen. Wir dachten nie an Familie, wir wollten einfach nur leben. Saskia war rothaarig und eine Reporterin, Natasha war blond und eine Tänzerin“, er hielt kurz inne, und wischte sich über die Augen. „War eine geile Zeit, und wir hatten alle unseren Spaß.“

      Max schwieg und fragte sich, wohin die Geschichte führen sollte.

      „Nun, dann wurde Martha schwanger. Wir wussten beide, dass es der Tennislehrer war. Also kaufte ich Blumen und schenkte sie ihr. Ich fragte sie, ob sie abtreiben wollte. Nein, sie wollte es behalten. Ich machte mir keine Sorgen. Offengestanden, haben wir uns nie geliebt. Ein ständiges Kommen und Gehen zuhause.“ Seine Miene veränderte sich. Die Augen wurden größer, als würde er in der Ferne etwas Aufregendes sehen. „Monate später kam ich als Letzter im Krankenhaus an. Ich war nur mäßig interessiert an den Bastard. Von mir aus hätte es ewig so weiter gehen können, und dann… kam ich näher ans Bett und der kleine Kerl umfasste meinen Finger mit seiner ganzen Faust. Hielt sie fest. Hielt sie einfach fest.“ Eine einzelne Träne rann aus seinem Auge und er wischte sie fort. „Manchmal sagte ich Konzerntreffen ab, um früher zuhause zu sein. Ich lag nächtelang am Bett,


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