Mörderischer Handel. Ute Dombrowski
zu überzeugen.
„Hannes ist ein Jahr älter als ich und sieht sehr gut aus. Er ist ledig und kinderlos. Außerdem ist der Mann sehr nett und ein guter Polizist.“
„Und da findest du, ich müsste ihn heiraten?“
Bianca lachte, denn Ferdinand hatte mit ernstem Gesicht gesprochen. Er hatte sich wie ein Heiratsvermittler angehört.
„Nein, das habe ich doch gar nicht gesagt!“
„Ich werde mit ihm über dienstliche Angelegenheiten sprechen und sehr freundlich zu ihm sein. In Ordnung?“
„Gut, aber wenn es knallt, dann gehst du mal mit ihm essen.“
„Du wirst es als Erster erfahren, wenn ich hin und weg bin. Jetzt aber Schluss. Weißt du, ich stelle mir diesen Immobilienfritzen schon ganz schrecklich großkotzig vor. So ein drahtiger, sportlicher Anzug-Typ in einem blankgeputzten Büro und auf seinem Schoß eine üppige Blondine, eine teure Uhr am Handgelenk, eine Segeljacht auf dem Mittelmeer. Im Regal eine Reihe ordentlicher Aktenordner mit Exposés von Villen in aller Welt.“
„Ich kann dir sehr gut folgen. Aber vielleicht ist es auch ein kleiner Dicker im düsteren Kellerbüro, der zu geizig ist, seinen Reichtum zu zeigen, damit ihm niemand etwas wegnimmt.“
Sie bogen in eine Straße am Rande von Frankfurt ein, in der es nur Villen hinter hohen Mauern gab. Vor der Nummer zehn hielt Bianca an. Ferdinand und sie stiegen aus und liefen ein Stück die Straße hinauf und wieder zurück.
„Ich glaube, ich habe recht“, sagte Bianca und grinste. „Mal sehen, ob er auch die Blondine hat.“
Ferdinand legte den Daumen auf den Klingelknopf und schaute freundlich in das Kameraauge. Auf dem Messingschild neben dem Eingang stand wieder das, was die beiden auch auf dem Briefkopf bei Peter Jischeck gelesen hatten.
Eine weibliche Stimme meldete sich: „Das Büro ist heute leider nicht geöffnet. Auf Wiedersehen.“
Dann verstummte sie und die beiden Kommissare schauten sich an. Ferdinand holte seinen Dienstausweis heraus und hielt ihn vor die Linse, als er erneut auf die Klingel drückte. Es dauerte einen Moment, dann summte es und das hohe Eichentor öffnete sich wie von Zauberhand.
Bianca und Ferdinand liefen über einen geschotterten Weg bis zu einem gepflegten Herrenhaus, vor dessen Tür eine ältere Frau im grauen Kostüm wartete. Sie blickte aus kalten blauen Augen auf die unerwünschten Besucher herab.
„Die Herrschaften erwarten Sie im Büro, bitte folgen Sie mir“, sagte sie grußlos und ging voran.
Bianca überlegte, ob sie an der Tür die Schuhe abstreifen sollte, denn ein weißer Teppich bedeckte den Boden des Foyers. Bilder an den Wänden, kleine Skulpturen aus Glas und riesige Grünpflanzen rundeten den einschüchternden Anblick ab. Die Kommissarin schüttelte sich kurz und betrat das Büro, dessen Tür die Hausdame geöffnet hatte. Ferdinand folgte ihr.
Ganz anders, als man es in dem kühlen Umfeld erwarten würde, sprang ein dynamischer Enddreißiger aus seinem Ledersessel und kam ihnen mit einem gewinnenden Lächeln entgegen.
„Guten Morgen, ich bin Ludger von Etzelsbach und heiße Sie in meinem kleinen Imperium herzlich willkommen. Das ist meine bezaubernde Verlobte Saskia Lanotti. Bitte nehmen Sie doch Platz, Frau?“
Er starrte Bianca mit seinem eingefrorenen Lächeln an und die spürte sofort ein großes Unbehagen. Ihr Blick fiel auf Saskia, die auf einem riesigen Sessel lümmelte, die endlosen Beine übereinandergeschlagen. Blondine, noch ein Punkt für mich, dachte Bianca und grinste die Frau an. Saskia klimperte mit den künstlichen Wimpern, aber sie hatte nur Augen für Ludger. Ferdinand ließ sich mit keiner Faser anmerken, was er dachte.
„Ich bin Bianca Verskoff von der Kriminalpolizei und das ist mein Kollege, Kommissar Waldhöft. Ich hoffe, wir stören nicht, aber wenn Sie uns rasch ein paar Fragen beantworten, sind wir auch schon wieder weg.“
„Sie sind nicht von der Kripo in Frankfurt, oder?“
„Nein, wir sind aus Eltville, aber Ihr Name ist in Zusammenhang mit einem Mordfall erwähnt worden.“
„Was? Ein Mord? Das tut mir sehr leid, aber mit Mord habe ich nichts zu tun. Ich bin ein sanftmütiger Mensch und verabscheue Gewalt. Es kann sich hier nur um einem Irrtum handeln.“
Ferdinand übernahm jetzt das Gespräch.
„Was hat es mit den Schreiben an die Bewohner der Felsstraße in Eltville auf sich?“
„Das sind Angebote, die niemand ausschlagen kann. Ich habe hier im Rhein-Main-Gebiet sehr gute Kunden, die gerne ihre wenige Freizeit in einem kleinen Weinbau-Ort genießen wollen und es gibt doch viele Kleinstädter, die aus der Provinz in die Stadt wollen. Nehmen wir mal an, man ist alt und nicht mehr so gut zu Fuß, dann ist die Infrastruktur in der Großstadt wesentlich seniorenfreundlicher. Hier kann man einkaufen gehen, ohne große Wege auf sich nehmen zu müssen, es gibt mehr Restaurants und auch viel mehr Ärzte, die sich um die kleinen Wehwehchen kümmern können. Und ein altes Haus macht viel Arbeit. Also ich finde mein Angebot unendlich großzügig.“
„Ich finde dieses Angebot eher übertrieben. Sie kaufen doch eigentlich die Katze im Sack und zahlen blanko viel Geld, oder? Das wirkt nicht gerade seriös.“
„Was würden Sie sich kaufen, wenn Sie eine halbe Million hätten?“
„Das spielt hier keine Rolle, Herr Etzelsbach. Also?“
„Von Etzelsbach, wenn ich bitten dürfte. Nun gut, es ist ein wenig ungewöhnlich, aber glauben Sie mir: Das Konzept geht auf. Die Menschen verkaufen.“
„Bernd Fregge wollte nicht verkaufen.“
„Der Tote, ach ja, der hat mir sein Haus bereits verkauft. Lange vor seinem Ableben. Es tut mir sehr leid, dass er von seinem Geld nichts mehr hat.“
„Er hat sein Haus an Sie verkauft?“, fragte Bianca ungläubig, denn das, was der Mann am Schreibtisch sagte, stimmte in keiner Weise mit der Aussage von Peter Jischeck zusammen.
„Herr Fregge hat einen Vertrag unterschrieben, das Geld bekommen, aber leider ist er jetzt tot. Vielleicht hat er es nicht verkraftet und seine Entscheidung im Nachhinein bereut. Oder jemand wollte ihm das Geld stehlen und hat ihn deswegen umgebracht. Sie sagten ja, dass es Mord war. Ist das denn sicher?“
„Nein, natürlich nicht“, sagte Bianca, die das in diesem Moment für eine gute Idee hielt, weil sie das Gefühl hatte, den Mann in Sicherheit wiegen zu müssen.
„Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann. Wenn Sie uns dann jetzt bitte entschuldigen möchten. Mein Schatz und ich sind zu einem Ausflug in den Rheingau verabredet.“
Ludger hatte sich erhoben und zeigte mit ausgestrecktem Arm in Richtung Tür. Die Kommissare verabschiedeten sich. Vor dem Büro wurden sie wieder von der Hausdame in Empfang genommen und hinausbegleitet. Sie grüßte nicht, sondern drückte einfach die Tür zu.
„Puh!“, rief Ferdinand vor dem großen Tor. „Dieser Lackaffe ist aalglatt. Ich habe dem kein einziges Wort geglaubt. Du?“
„Nein, das ist ein ganz linker Hund. Ich bin froh, dass du nicht gefragt hast, ob er uns den Vertrag zeigen kann. Der hätte uns ausgelacht. Dieser Typ ist mit allen Wassern gewaschen und ich bin der festen Überzeugung, dass der Täter oder zumindest der Auftraggeber der Tat vor uns gesessen hat. Dann mal los, auf zu deinem großartigen Hannes. Ich bin gespannt, was der uns zu erzählen hat.“
6
Hannes Britsche war groß, schlank, braungebrannt und lächelte aus graublauen Augen die Kommissarin an, die ihm die Hand entgegenstreckte. Ferdinand und er begrüßten sich wie alte Bekannte.
„Sie sind also die berühmte Bianca Verskoff, herzlich willkommen. Kaffee?“
„Gerne“, sagte Ferdinand, der gesehen hatte, dass Bianca die Augen zusammengekniffen