Wenn die Seele "S.O.S." funkt. Dr. med. Hanspeter Hemgesberg
mit einer Angststörung leiden oft an einer starken Einschränkung ihrer Lebensqualität - nicht nur durch ihre Angst- bzw. Panikattacken, sondern auch durch den Versuch, Situationen zu meiden, die Angstzustände auslösen -.
Diese Vermeidungsstrategie gegen Angst-/Panikattacken führt zu weiteren emotionalen Belastungen wie etwa:
- hoher Erwartungsangst, d.h. der ständige Gedanke an das mögliche
Auftreten neuen Angst- bzw. Panikattacken
- Gefühle der Abschottung und Einengung bis hin zur Depression
- Verlust des Selbstvertrauens aufgrund der permanenten Angstzustände
- Abhängigkeiten von anderen Menschen oder Medikamenten, auch von
Hilfsmitteln oder Mechanismen als Schutz vor Panikattacken
- Vermeidung ungewohnter Aktivitäten und Abschottung im gewohnten
Umfeld
- Beeinträchtigung der Beziehung zur Familie, zum Partner, zu Freunden
und zur Arbeitswelt.
Dazu und daneben können noch folgende weiteren Auswirkungen auftreten/vorkommen:
1. Beeinträchtigung bis einschneidende Veränderungen im sozialen
Umfeld – bis hin zum Jobverlust, Arbeitslosigkeit, Frühverrentung usw. –
2. Beeinträchtigung des subjektiven Wohlbefindens
3. Einschränkung der Selbständigkeit (Autonomie)
4. Eingeschränkte/verminderte Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit –
physisch, psychisch, kognitiv/geistig –
5. Störung bis Beendigung der Karriere(-entwicklung)
6. Abhängigkeit/Sucht gegenüber Schmerz- und Beruhigungsmitteln und/
oder Alkohol und/oder sonstigen Drogen
7. Depression und sonst. Psychische Dekompensationen – u.a. auch mit
suizidalen Gedanken, Absichten und Vorhaben bis hin zur Ausführung –
8. Beziehungsprobleme – bis hin zum Partnerverlust –
9. Sexuelle Störungen - bis hin zu Libido-Verlust, Frigidität (Frauen) bzw.
Impotenz (Männer).
Therapie
Ein wichtiger erster Hinweis/Rat meinerseits vorweg:
Sofortige Zuweisung zur stationären Behandlung – optimal in eine Akutklinik mit psychiatrischer oder psychosomatischer Abteilung – ist erforderlich, wenn beim „Angst-/Panik-Patient“ bestehen/vorliegen:
a) schwerster Leidendruck und
b) Unfähigkeit, gewöhnliche/übliche berufliche und soziale
Anforderungen im Lebensalltag zu bewältigen!
Ein zweiter und bewährter Rat:
Die Therapie einer „neurotischen Störung“ wie z.B. einer Angststörung muss in jedem Falle eine individuelle sein i.S.e. „Maßanfertigung“; keinesfalls also eine „Therapie von der Stange“, quasi nach „Schema F“!
Stets sollte es sich dabei um eine „Mehr-Säulen-Therapie“ (multi-modal) handeln.
Ein 3. Ratschlag:
In vielen Fällen von Angststörungen ist es für den Betroffenen hilfreich, wenn eine „Vertrauensperson“ in den Behandlungsverlauf eingebunden ist/wird.
Nun endlich zum „Ganzheitlichen Behandlungskonzept bei Angst-Störungen“:
Im Vorab will ich nochmals klar festhalten, dass das nachstehende Konzept kein starr-rigides Procedere ist, sondern, dass vielmehr aus den vorgeschlagenen Optionen entsprechend der vorliegenden Klinik (Beschwerden) individuell, variabel und selektiv zu verfahren ist.
Ebenfalls sehr wichtig, dass sofort – d.h. unmittelbar nach Diagnose-Stellung – mit der Therapie begonnen wird!
D.h., auch wenn die Differential-Diagnostik noch nicht abgeschlossen ist.
I.S.e. „Start-Therapie“ sollte unbedingt mehrgleisig vorgegangen werden:
1. Nicht-arzneiliche Therapie-Optionen
a) Entspannungsverfahren ()
[hier eignen sich bestens: Autogenes Training (AT) (), Progressive Muskel-Relaxation nach Jacobson (PMR) () und/oder Yoga ()]
wenn vor Ort die Möglichkeit besteht, dann evtl. zusätzlich:
b) Respiratorisches Biofeedback nach Prof. HansCarl Leuner ()
(„Atembiofeedback“)
c) Farb-Therapie nach Prof. Dr. Max Lüscher ()
d) Atemtherapie nach Prof. Ilse Middendorf („Erfahrbarer Atem“)
2. Fachtherapien durch Arzt für Psychiatrie, Psychosomatische Medizin, Psychologen
[entsprechend bestehenden Beschwerden]
a. Verhaltenstherapie
b. Anti-Stress-Coaching
c. Gesprächstherapie
d. Psychoanalyse
e. Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
f. Familien-/Paar-Therapie
g. Gestalttherapie
h. DeHypno-Therapie
i. Hypnose
3. Medikamentöse Therpie
[mit z.B. einem, niedrig-dosierten chemischen Anxiolytikum (Angstlöser) (s. Kasten untenstehend), alternativ mit einem biologischen Medikament – z.B. Laresa® (s. untenstehend) -]
Zwischennotizen:
1. Chemisch-synthetische (chemisch definierte) Anxiolytika
Sie besitzen eine speziell angstlösende Wirkung, wobei im Gegensatz zur ebenfalls Angst-bekämpfenden Medikamenten aus der Gruppe der SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) – wie z.B. Citalopram (Cipramil®) – weniger die depressiv motivierten Ängste, als vielmehr allgemeine und phobische Ängste und auch Angst- bzw. Panikattacken therapiert werden können. Einen den spezifischen Antidepressiva vergleichbaren „stimmungs-aufhellenden“ Effekt besitzen die Anxiolytika nicht.
Zahlreiche Anxiolytika besitzen von der Wirkung her starke Ähnlichkeit mit Sedativa (Beruhigungsmittel); daher ist Vorsicht geboten im Straßenverkehr und beim Bedienen von Maschinen.
Nach wie vor sind Benzodiazepine – Diazepam (Valium®), Alprozalam (Tafil®), Bromazepam (Lexotanil®), Lorazepam (Tavor®), Oxazepam (Praxiten®) – mit die effektivsten angstlösenden Wirkstoffe.
Aber nun zum großen Nachteil und gesundheitlichem Risiko:
Sie besitzen allesamt ein hohes bis sehr hohes
„Sucht- & Abhängigkeits-Potenzial“!
Missbrauchsfälle sind damit keine Seltenheit.
Meine Meinung:
Wenn Benzos eingesetzt werden sollten, dann einzig unter Kontrolle und nur für einen möglichst kurzen Zeitraum!
Weitere angstlösende Wirkstoffe sind Trizyklische Psychopharmaka – Trimipramin (Stangyl®) – sogen. NaSSA (auch NSSA = Noradrenerge und spezifisch serotonerge Antidepressiva – Mirtazapin (Remergil®) – und Anti-Epileptika – Pregabalin (Lyrica®) –