Right in your heart. Isabella Kniest
Ich genieße die kurzen Affären, die One-Night-Stands, das Partymachen. Doch, es stimmt.« Er zögerte. Sehr lange. Unwahrscheinlich lange. »Es ist, wie du sagst: zum Kotzen.« Ein Räuspern unterbrach ihn. »Wenn man mit siebenunddreißig nach wie vor alleine um die Häuser zieht, wenn ich mir anhören muss, wie meine Kollegen über ihre Familien schwärmen, über tolle Urlaube und schöne Nächte mit ihren Frauen prahlen – es tut weh. Das hätte ich ebenfalls gerne. Andererseits vermute ich, dass viele meiner Kollegen immens übertreiben. Meine Ehe beispielsweise war nicht eben der Oberburner gewesen. Klar, manche Pärchen sind bestimmt glücklich. Aber ein jedes Einzelne? Ich denke nicht. Sonst wäre die Scheidungsrate nicht dermaßen hoch … Und ich habe keinen Bock auf eine zweite Scheidung.«
»Ich habe genauso wenig Bock, abermals belogen und betrogen zu werden. Deshalb halte ich großen Abstand. Besonders bei maulenden Männern.« Ich schluckte. »Wie du dich bis eben verhalten hast, war nämlich mein Ex gewesen.«
»Ach du Scheiße! Deshalb hatte ich keine Chance!«
»Genau. Selbst wenn ich One-Night-Stands nicht abgeneigt wäre – mit dir hätte ich mich nicht abgegeben.«
»Jetzt verstehe ich dich.«
»Wie auch immer.« Ich strich mir eine feuchte Strähne meines Haars zurück. »Begehen wir eine Dummheit und schauen wir, wie es weitergeht … oder bleiben wir erst einmal Freunde und springen letztlich erst in die Kiste?«
Er fing zu lachen an.
Es ging mir durch und durch.
Sein Lachen klang voll und warm, ehrlich und herzlich – und wie seine Augen dabei funkelten …
Es dauerte etwas, bis er sich beruhigt hatte.
»Gut.«
Diese Stellungnahme war natürlich äußerst aufschlussreich.
»Was heißt das?«
Er warf mir ein verschmitztes Grinsen zu. »Gut, dass ich ein Candle-Light-Dinner gebucht habe – auf deinen Namen.«
Ich stemmte die Fäuste gegen meine Hüften. »Du hast was gemacht?!«
»Willst du mir deshalb eine Szene machen?« Seine Fröhlichkeit verschwand zur Gänze. Dafür härtete Skepsis seine Züge. »Dann möchte ich erst gar nicht wissen, was du tust, wenn wir es wild miteinander treiben und ich daraufhin verschwinde.«
Ich konnte ein Kichern nicht verdrücken. »Du hast echt Panik, ich könnte eine Vorzimmerdrachenseite an mir haben, stimmt’s?«
Nach einigen Sekunden stillen Schweigens bejahte er. »Irgendwie schon … dennoch.« Sein Blick nahm einen flehenden Ausdruck an. »Du hast mir die Visage in den Sand gedrückt, schon vergessen?«
»Und du hast mich beleidigt und mich angefasst.«
»Und wenn ich dich jetzt anfasse?«
»Dann würde ich es zulassen.«
Er trat einen Schritt näher. »Im Ernst? Du willst jetzt Sex mit mir?«
Ich zögerte, doch letztlich gab ich das Offensichtliche zu: »Ja, das will ich.«
»Ernsthaft? Jetzt, hier?« Er zeigte auf den Holzboden. »Da, auf dem Boden vor dem Tisch?«
Mit heißen Wangen bejahte ich.
Theo legte seine Hände auf meine Schultern, zog mich zu sich – und mein Körper reagierte sofort, indem frische gigantische Hitze in meinem Unterleib einschlug.
Was würde Theo mit mir anstellen? Was würde folgen?
Eben war er dabei, seine Lippen auf meine zu legen – da tätigte er einen brutalen Rückzieher.
»Nein«, flüsterte er und besah mich dabei auf eine mich schier wahnsinnig machende Weise. »Nein. Jetzt gehen wir es einen Schritt langsamer an.«
Ich rang nach Atem. »Das bedeutet?«
»Ich habe dir in nicht einmal einer halben Stunde mein halbes Leben erzählt. Dabei habe ich nicht einmal einen Tropfen Alkohol intus. Das ist komplett wahnsinnig!« Er atmete tief ein, blickte zur Seite, schüttelte den Kopf, schnitt eine Grimasse und ließ die Luft hörbar entweichen. »Ursprünglich kam ich zu dir, um dich ein letztes Mal zu einem kleinen sexuellen Abenteuer zu überreden.« Damit wandte er sich wieder mir zu, furchte die Stirn. »Und jetzt sieh an, was ich mache! Ich versuche das exakte Gegenteil. Was hast du mit mir angestellt?«
»Das Gleiche frage ich mich. Vor dir hätte ich mir niemals eine einmalige Sache vorstellen können – und jetzt? Jetzt will ich es unbedingt.«
Ein sanftes Lächeln trat in Erscheinung. »Das muss wohl etwas bedeuten, wenn es uns beiden gleich ergeht.«
Ich nickte stumm.
»Dann machen wir es jetzt auf meine Art.«
»Und wie sieht die aus?«
»Ich will mehr über dich erfahren.« Seine Hände glitten über meine Oberarme nach unten und zurück.
Diese unbedeutende Berührung reichte aus, damit es mir die Haare aufstellte.
»Wie wäre es mit einem richtigen Strandspaziergang? Im Anschluss daran ein wenig Schwimmen … und darauf ein Dinner.«
»Sprich: total unmachomäßig?«
Er zog eine Augenbraue hoch. »Solltest du damit spießermäßig meinen … muss ich dir fürchterlicherweise recht geben.«
Ich kicherte. »Okay, damit bin ich einverstanden … sehr sogar.«
Obwohl ich nach wie vor gerne eine Dummheit begangen hätte …
Er nahm meine Hand in seine. »Dann los.«
Es wurde unheimlich, um Evinas vorhin verwendeten Begriff aufzufassen. Ja, selbstverständlich hatte er ihr näherkommen wollen. Er hatte sie flachlegen wollen – im Pool, im Wohnzimmer, auf der Terrasse … Herrgott! Wäre es ihm erlaubt gewesen, hätte er es sogar zwischen Eingangstür und Angel getrieben. Dieser Körper, diese Eleganz, diese gefühlvolle Seite … vier Jahre Abstinenz!
Meine Fresse!
Damit erklärten sich sämtliche ihrer Launen …
Sanfte Erregung huschte ihm durch den Leib.
Bestimmt war Evina längst klitschnass da zwischen den Beinen.
O ja, es war gut gewesen, es nicht zu überstürzen. Zum Einen, um sie besser kennenzulernen, zum Anderen, um ihr Verlangen weiter anzufachen.
Eine notgeile Frau – was gab es Besseres auf dieser Welt?
Er musste schmunzeln.
Ursprünglich hatte er vermutet, Evina würde ihn aus dem Bungalow werfen oder ihm den Kopf abreißen …
Stattdessen hatte sich dieses Treffen in eine Kummerkatenonkel-Sitzung verwandelt!
Was war in ihn gefahren, sodass er ihr all diese intimen Details verraten hatte?
Zuerst seine Ex.
Gut, diese Information hätte er ihr früher oder später bestimmt enthüllt.
Dann allerdings folgte die Sache mit Sandra – das Mädchen, das er beinahe in den Selbstmord getrieben hätte!
Er konnte sich nicht erinnern, dieses Erlebnis jemals irgendjemandem zuvor anvertraut zu haben – weder Mara noch irgendwelchen Verehrerinnen. Darüber hinaus hatte er Ewigkeiten nicht mehr daran gedacht.
Zu sehr erfüllte ihn Reue …
Verdrängung war da die einzige Option gewesen.
Wie auch immer …
Durch diese plötzliche Gesprächigkeit seinerseits hatte er kurzzeitig befürchtet, durch den kleinen Mückenstich auf seiner Wade irgendeinen Erreger aufgefangen