Right in your heart. Isabella Kniest

Right in your heart - Isabella Kniest


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Hitze jagte mir durchs Gedärm.

      Zwar war ich mir über meine schlanke Gestalt im Klaren, jedoch hübsch gefühlt – das hatte ich mich nie. Fernerhin hatten mir äußerst wenige Menschen Komplimente gemacht.

      »Nein … das passiert sehr selten«, gab ich nach einigem Zögern zu. »… Mein Ex war einer der wenigen, der mir Komplimente gemacht hat. Und der hat mich letzten Endes betrogen.«

      Gerne hätte ich meinen Hinterkopf gegen den Poolrand geschlagen.

      Wie kam ich auf die Idee, Theo dieses intime Detail aus meinem Leben zu verraten? Wieso erzählte ich derlei Dinge? War ich nicht mehr ganz bei Trost? War irgendeine Krankheit dabei auszubrechen? Eine Psychose? Ein Burn-out? Eine Depression? Schizophrenie?

      Theo wirkte ernsthaft betroffen. »Wie kann dich ein Mann betrügen? Spinnt der denn?«

      Ich rang um Fassung. »Nun … ich glaube –«

      »Dieses Arschloch gehört niedergedroschen und abgestochen!« Sein intensiver Blick drang mir bis in die Seele vor. »Hast du ihm wohl eine verpasst?«

      »Was … wie? … Nein.« Hilflos gestikulierte ich mit den Händen. »Ich war geschockt gewesen. Schließlich waren wir erst fünf Monate zusammen. Ich habe nicht damit gerechnet. Überhaupt nicht.«

      Seine Augen wuchsen an. »Und danach. Hast du ihn wenigstens danach geschlagen?«

      Seine Äußerung raubte mir die Sprache.

      Kein Mann zuvor hatte auf eine solche Weise reagiert. Keiner. Kein Einziger!

      »Ich bin Polizist«, presste ich irgendwann mit größter Mühe hervor. »Ich kann nicht einfach irgendwelche Leute niederschlagen! Schließlich sind wir nicht in einem Achtziger-Jahre-Film mit Robert De Niro oder Sylvester Stallone.«

      Ein niedliches Grinsen stahl sich auf seine Lippen. »Ja, stimmt natürlich. Dennoch. Dem Typen würde ich eine Lektion erteilen, die er im Leben nicht mehr vergisst.«

      »Dann wärst du der Erste, der das für mich tun würde.«

      »Bitte was?!« Geschockt, fassungslos, ungläubig suchte er nach einer Erwiderung, hielt dann aber inne.

      Und mich überkamen neue Zweifel.

      Sollte ich weitersprechen? Sollte ich ihm noch mehr verraten? Konnte ich ihm tatsächlich trauen? Immerhin kannte ich ihn kaum.

      Von einer Sekunde auf die andere legte sich meine Angst, und Ruhe breitete sich aus.

      Weswegen zweifelte ich?

      Eigentlich war es komplett egal! Denn einmal ernsthaft: Was konnte Theo mir antun? Neben blöde Bemerkungen schieben … gar nichts!

      Außerdem: Ich hatte ihm ohnehin längst Erlebnisse anvertraut, über die alleine Dan Bescheid wusste.

      Ich sammelte Mut und schob sämtlichen Stolz zur Seite. »Ich habe, wie du, keine Kumpel, okay? … Und ich habe keine Verehrer. Da hast du etwas missverstanden. Genauso wenig sieht es mit richtig guten Freunden aus. Ein paar nette Kollegen, ja, aber das war’s schon.«

      »Aber … aber … deine Verehrer …« Theo erweckte den Eindruck, unmittelbar vor einem Hirnschlag zu stehen. »Die … die dir Rosen schenken.« Er schluckte. »Männer, die dir den letzten Nerv rauben, weil sie dir ständig nachsteigen …«

      Was faselte der Typ da?

      »Äh, sorry, aber ich verstehe jetzt gar nichts mehr.«

      Er befeuchtete die Lippen, fuhr sich über den Bart und richtete seine Aufmerksamkeit zum Horizont. »Ich dachte die gesamte Zeit, du wärst frustriert, weil du dich andauernd mit Verehrern herumplagen müsstest.«

      Hä?!

      »Du warst es doch, der zu Beginn meinte, ich würde an Sexfrust leiden! Oder habe ich da etwas falsch aufgefasst?«

      »Nein, das stimmt wohl.« Er wandte sich wieder mir zu. »Ich dachte, du wärst sexuell frustriert. Dann allerdings habe ich mir deinen Körper genau angesehen – und erst deine Kampftechnik! Da wurde mir klar, das kann unmöglich der Fall sein. Du bist eine Spitzenfrau. Ein jeder Mann muss sich um dich reißen.«

      Eine Gänsehaut jagte mir über den Körper.

      »Ist das dein Ernst? Denkst du das wirklich? Oder willst du mich damit rumkriegen?«

      Kopfschüttelnd lehnte er sich zurück und legte die muskulösen Oberarme auf den Poolrand. »Ich schwöre es dir – hoch und heilig. Ich will mich nicht einschleimen oder dir etwas vorspielen. Absolut nicht! Allerdings hätte ich nichts gegen einen One-Night-Stand einzuwenden.« Er zwinkerte mir zu. »Wie vorhin erwähnt.«

      Gefühlswellen jagten mir durch den Körper, denen ich nicht mehr lange Herr bleiben würde. Gefühlswellen, entstanden durch Vermutungen und Hoffnungen.

      Lag es im Bereich des Möglichen, dass Theo diese Nummer ausschließlich abzog, um von einer überdurchschnittlichen Empfindsamkeit abzulenken?

      Ängstigte er sich vor Verletzungen, Kummer und Betrug?

      Spielte er den harten, sexsüchtigen Macker, um sich vor Enttäuschungen zu schützen?

      »Du bist kein Macho«, stellte ich mit erzwungener Ruhe fest.

      Erst wirkte er betroffen, dann hellte sich seine Miene auf. »Tja, manchmal bin ich ein softer Macho.«

      Ein softer Macho? Was sollte das bitte schön sein?

      Ich kicherte meine auftretende Unsicherheit weg. »Du spinnst.«

      »Nein, ich bin einfach ehrlich zu dir. Ich will nämlich wissen, warum du derart griesgrämig reagierst. Ist es deines Ex wegen?«

      Ich zögerte.

      Äußerst lange.

      »Sag schon. Ich lache dich nicht aus.«

      »Wurdest du ebenfalls betrogen?«, warf ich ein, um einer Antwort auszuweichen.

      In seinen Augen blitzte etwas auf. »Wenn du mir verrätst, ob dein Ex Schuld an deinem Frust hat, gebe ich dir eine Antwort.«

      Grübelnd blickte ich auf das glitzernde Salzwasser.

      Sollte ich …? Sollte ich nicht …?

      Ach, drauf geschissen!

      »Nun … ja. Er hat mich tief verletzt. Dabei war ich kein junger Hüpfer mehr. Ich habe lange darauf gewartet, eine Beziehung einzugehen … und dann geht mir sofort der erste Freund fremd.«

      Theo sprang regelrecht in die Höhe. »Was?! Er war dein Erster?«

      Wasser schwappte über den Poolrand, mein Herz setzte kurzfristig aus.

      Er lehnte sich zu mir. »Wann ist das gewesen?«

      »Mit achtundzwanzig.«

      Sein Gesichtsausdruck nahm beträchtlich verstörtere Ausmaße an. »Wie alt bist du dann?«

      »Zweiunddreißig.«

      »Halleluja!« Sein Ausruf ließ mich unwillkürlich zusammenzucken. »Du bist schon so alt!«

      »Hey! Ich bin nicht alt!«

      Seine Aussage schmerzte.

      Außerordentlich.

      Sah ich etwa derart alt … verbraucht aus?

      O Scheiße!

      Meinten deshalb alle, ich müsse sesshaft werden, da ich auf dem Singlemarkt in wenigen Jahren keine Chancen mehr hatte?

      »Ich dachte, du wärst vielleicht fünfundzwanzig, oder –« Perplex hielt er ein. »Steh auf! Ich muss dich noch mal komplett sehen … Das kann einfach nicht sein.«

      Meine Wangen erhitzten.

      Theo schätzte mich so viel jünger?

      Das war unwahrscheinlich beruhigend. Und es schmeichelte mir


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