Veyron Swift und die Allianz der Verlorenen. Tobias Fischer

Veyron Swift und die Allianz der Verlorenen - Tobias Fischer


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ein paar Bäche später hielten sie abermals, um zu saufen.

      Stunden später kamen sie an einem See vorbei, dessen Oberfläche aus Spiegelglas gemacht zu sein schien. An seinem Ufer fanden sich Flamingo- und Gänseschwärme, deren tausendfaches Geschnatter und Krakeel als unglaublicher Lärm zu ihnen herüber wogte. Jane musste lachen, denn sie kam sich jetzt beinahe wie auf Safari vor. Neugierig streckte sie den Kopf aus dem Fenster und sah sich um. Südlich des Spiegelsees, also in ihrer direkten Marschrichtung, konnte sie nun die Himmelmauerberge erkennen, das gewaltigste Gebirge Elderwelts. Hinter grünen Vorbergen türmten sich die felsigen Giganten auf, stachen durch die Wolken, höher und immer höher. Mächtige Gletscher bedeckten ihre steilen Hänge. Jane atmete tief ein. Schon einmal hatte sie die größten aller Berge gesehen, sogar aus nächster Nähe. Eine tiefe Sehnsucht nach neuen Abenteuern ergriff sie.

      Mit jedem Meter Reise wurden die Grasflächen spärlicher, vermengten sich mit Heidekraut und vereinzelten Sträuchern. Der Sandboden wurde weicher und lehmiger, sodass die Gespanne immer langsamer vorankamen. Kleine Wäldchen bedeckten die Hügelkuppen, und Schilfkränze kennzeichneten die Lage von Teichen und Tümpeln.

      Schließlich hielt das gewaltige Nashorngespann der Seelenkönigin an und die Dämonin stieg aus ihrer hausgroßen Kutsche. »Weiter geht es nicht«, rief sie Veyron und Jane zu.

      Veyron schnappte sich wortlos seinen Rucksack und stieg aus, Jane tat es ihm gleich.

      »Unsere Wagen würden einsinken. Wir sind jetzt im Grenzgebiet zu Teyrnas Annoth, einem weiten Moor, welches sich bis zum Rand der Himmelmauerberge erstreckt. Hier gibt es keinen festen Boden, alles ist ständiger Veränderung unterworfen. Was heute begehbar ist, kann morgen schon verschlingender Morast sein. Ganze Armeen sind bereits in diesen Sümpfen untergegangen. Menschen und Schrate, die Heerscharen des Dunklen Meisters. Allein das Volk der Moorelben kennt die geheimen Pfade durch diese Sümpfe«, erklärte die Seelenkönigin, während ihr gepanzerter Arm auf die Gegend zeigte.

      »Wie finden wir dann den Weg?«, fragte Jane misstrauisch.

      Die Seelenkönigin reagierte gar nicht darauf, streckte nur die Hand in Richtung des Gespanns aus. Sofort lösten sich Haken und Ösen des Geschirrs von ganz allein, brachen auseinander und befreiten die Nashörner und auch den Fenriswolf. Zunächst unschlüssig, was sie mit der neuen Freiheit anfangen sollten, standen die Tiere einen Moment orientierungslos herum.

      Der Fenris begriff als Erster, dass er tun und lassen konnte, was er wollte. Gierig stierte er in Janes Richtung und fletschte die Zähne. Vier Tage ohne Nahrung … ganz klar: Die Bestie hatte jetzt Hunger.

      »Scheiße«, keuchte Jane, als ihr klar wurde, dass die Seelenkönigin nichts dagegen zu haben schien, sie zu opfern. Der Fenris stürmte los, seine Raubtieraugen fest auf Jane fixiert, Geifer rann ihm aus dem Maul.

      Sofort war Veyron zur Stelle, packte Jane und schob sie hinter sich. Ein nutzloser Versuch, sie zu schützen! Ein ausgewachsener Fenris wog über eine Tonne. Im Nu hätte er Veyron niedergemacht und schnappte nach Jane.

      »Dieses Miststück hat uns verraten!«, rief Jane, während sie flüchtete. All ihre Befürchtungen, in eine Falle zu tappen, hatten sich als wahr erwiesen – und Veyron hatte es nicht kommen sehen. Stand er am Ende doch unter dem Einfluss der Seelenkönigin? Sie schlug Haken, wusste aber, dass der Wolf sie schon bald erwischen würde.

      Plötzlich sprang eine kleine Gestalt durch die Luft, landete in hohem Bogen auf dem Rücken des Fenris und rammte ihm einen langen Speer zwischen die Schulterblätter. Keuchend brach die Bestie zusammen, strauchelte und stürzte, warf dabei den mörderischen Reiter ab. Jane erkannte einen Krieger der Elben, schlank und schön, das Haar rotbraun und lang, die Ohren spitz zulaufend. Aber anders als die hochgewachsenen Elben, die sie kannte, war dieser Krieger um gut einen Kopf kleiner als sie selbst.

      Aus dem Dickicht der Umgebung tauchten noch mehr Elben auf, allesamt trugen sie braune oder dunkelgrüne Mäntel und waren mit Speeren oder Pfeil und Bogen bewaffnet. Jane lächelte. Die Seelenkönigin hatte mit ihrem Verrat zu lange gewartet! Jetzt war die Unterstützung hier.

      Umso überraschter war sie, als die Elben ihre Waffen nicht auf die Seelenkönigin richteten, sondern auf Veyron und sie. Die kleinen Moorelben kreisten sie ein, drängten sie zusammen, und blitzschnell banden sie ihnen die Hände, wobei sie fortwährend auf Elbisch schimpften, als wollten sie ihnen Vorhaltungen machen. Sie stießen sie sogar von der Seelenkönigin fort. Jane verstand die Welt nicht mehr. Was ging denn hier vor? Warum griffen die Elben nicht die Seelenkönigin an? Steckten sie mit dieser Dämonin etwa unter einer Decke?

      Schon im nächsten Moment schien sich Janes furchtbarer Verdacht zu bestätigen. Blitzschnell legten die Moorelben Veyron und ihr Binden über die Augen und zurrten sie fest. Jane konnte nichts mehr sehen. Die Moorelben bellten Befehle in ihrer Sprache und stießen Veyron und Jane vorwärts, in welche Richtung, konnte sie nicht ausmachen. Jane verlor vollkommen die Orientierung. Vielleicht versenken sie uns irgendwo im Sumpf, dachte sie verzweifelt.

      Hinter ihr erklang das höhnische Auflachen der Seelenkönigin.

       Voll in die Falle getappt.

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