Veyron Swift und die Allianz der Verlorenen. Tobias Fischer

Veyron Swift und die Allianz der Verlorenen - Tobias Fischer


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nicht«, sagte Uric.

      »Sie hat es getan«, wisperte Femoin und deutete vielsagend nach oben. »Sie gab uns vorhin dieses Wissen. Es schmerzt sehr«. Sie tippte sich mit zwei Fingern gegen die Schläfen.

      Jane verstand. Die Seelenkönigin und ihre telepathische Kontrolle. Sie hatte ihre Sprachkenntnisse auf die beiden jungen Leute übertragen. Offenbar war das kein sonderlicher Spaß und obendrein schmerzhaft.

      »Bitte, können wir sonst noch irgendetwas für Euch tun?«, fragte Uric erneut. Er wirkte fast flehend, als wollte er nicht weg von Jane.

      Zu gern hätte sie allerhand erfunden, das ihr Hierbleiben nötig machen würde, doch in diesem Augenblick packte Femoin Uric am Arm und schüttelte den Kopf.

      »Mach sie nicht wütend«, warnte sie ihn und deutete zur Decke. Mit Tränen in den Augen wandte sich Uric ab und trat in den Gang.

      Mit bedauernder Miene folgte ihm Femoin. »Schlaft gut«, raunte sie Jane zu, dann schloss sie die Tür.

      Kaum war sie allein, nahm Jane ihren Rucksack ab und stellte ihn neben das Bett. An Einschlafen war nicht zu denken. Das Schicksal der beiden Sklaven wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen. Lange saß sie ratlos auf dem Bett, bis die Einsamkeit sie übermannte. Veyrons Gesellschaft war besser als keine, entschied sie und machte sich auf den Weg zu seinem Gemach. Auf ihr Klopfen reagierte er nicht, und als sie die Tür öffnen wollte, fand sie diese abgesperrt. Enttäuscht und wütend kehrte sie in ihren eigenen Raum zurück und verbrachte die restlichen Stunden bis Sonnenuntergang damit, aus dem kleinen Fenster zu starren. Jane begann sich zu fragen, was Tom während ihrer Abwesenheit wohl anstellte. Sie zog ihr Handy aus der Tasche und studierte die letzten Nachrichten.

       - Bin unterwegs!

       - Bin bei Veyrons Bruder. Schwarzes Manifest! Veyron Bescheid geben!

       - DRINGEND!!!

       - ZTC-Alarm!

       - Wimille und ich schlagen zu. Wünscht uns Glück.

      Jane biss sich auf die Lippe. Die letzten Nachrichten hatte sie gar nicht an Veyron weitergegeben, zu aufregend war die ganze Reise mit der Seelenkönigin gewesen. Aber sicherlich hatte Tom die gleichen Nachrichten auch an seinen Patenonkel geschickt, und die Meldungen an Jane waren nur zur Absicherung, damit Veyron auch sicher über alles Bescheid wusste. Musste sie sich Sorgen machen? Gerade harmlos klang es nicht, was er schrieb. Aber Tom war ein kluger Junge, der schon zahlreiche Abenteuer bestritten hatte. Ihm würde schon nichts passieren. Bestimmt war er vernünftig genug, mit irgendwelchen gefährlichen Aktionen bis zu Veyrons Rückkehr zu warten.

      Mit einem unguten Gefühl im Magen steckte sie das Telefon wieder weg und legte sich aufs Bett. Seit ihrer Ankunft hatten sie die Seelenkönigin nicht mehr zu Gesicht bekommen, und auch sonst keinen Offiziellen von Ansmacht – sofern es die überhaupt gab und sie keine Zombies waren. Von Höflichkeit hielt die Dame nicht viel, aber was hatte sie erwartet? Durch die Schießscharte sah sie die letzten Strahlen Sonnenlicht ins Zimmer fallen, dann wurde es dunkel. Nach all der Aufregung setzte ihr die Müdigkeit überraschend schnell zu. Schließlich schlief sie ein.

      Doch die Träume brachten ihr keinen Frieden. Immer wieder erschien die monströse Fratze des Bestiengenerals in ihrem Traum, immer wieder verwandelte er sich vor ihren Augen in ein fliegendes Ungeheuer. Dunkelwölfe lauerten in den Schatten, ihre roten Augen starrten sie an, fletschten die Zähne. Dann war da Veyron, der sie ständig ignorierte, wenn sie etwas zu ihm sagte, bis sie schier verzweifelte, und die Seelenkönigin. In ihren Träumen kam sie mehr als einmal durch irgendeine Tür herein und begutachtete sie von oben bis unten, um auf geisterhafte Weise wieder zu verschwinden.

      Janes Träume liefen wie ein Film weiter. Einmal stand plötzlich ein Schatten mitten in ihrem Zimmer. Mannshoch überragte er ihr Bett. Jane wurde ganz mulmig, und sie rief um Hilfe, doch keine Silbe drang aus ihrem Mund. Der Schatten beugte sich über sie, das Mondlicht enthüllte ein teuflisches Grinsen in seinem Gesicht. Sie erkannte es wieder, dieses Gesicht: Dunkelgrau war es, uralt und ausgetrocknet wie bei einer Moorleiche, umrahmt von dünnem, schlohweißem Haar. Der Blick aus den tiefschwarzen Augen heftete sich auf Jane. Auf dem Haupt trug die Gestalt eine Krone aus acht Zacken. Der Schattenkönig! Der Dämon, der sie letztes Jahr fast getötet hatte.

      Mit einem Schrei sprang Jane in die Höhe, spürte einen stechenden Schmerz in der Hüftgegend, genau da, wo der Schattenkönig sie getroffen hatte. Instinktiv fasste sie sich an die Stelle. Augenblicklich verschwand die Pein. Panisch sah sie sich in ihrem Zimmer um.

      Es war noch immer dunkel, aber vom Schattenkönig fehlte jede Spur – es war nur ein Traum gewesen! Erleichtert sackte Jane zusammen. Sie brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Vom Schattenkönig hatte sie lange nicht mehr geträumt. Was das wohl zu bedeuten hatte? Es muss an der Finsternis liegen, die diese Gemäuer ausstrahlen, vermutete sie.

      Sie nahm ihren Rucksack zur Hand und kramte darin herum, bis sie ein Feuerzeug fand. Schnell entflammte sie die beiden Kerzen auf dem Nachttisch und legte sich dann wieder hin. Ohne Licht würde sie hier auf keinen Fall mehr ein Auge zu tun. Und morgen würde sie sich Veyron vorknöpfen. Wer, wenn nicht er, war an dieser misslichen Lage schuld …

      Am nächsten Morgen, die Sonne war gerade erst aufgegangen, suchte Jane nach Veyron. Diesmal fand sie seine Zimmertür offen vor, doch der Mann selbst war nicht anwesend. Auf dem kleinen Nachttisch hatte er eine Nachricht hinterlassen. Mache eine kleine Exkursion. Verärgert zerknüllte Jane den Zettel und warf ihn in die Ecke. Für ihren Geschmack zeigte Veyron bei der ganzen Sache viel zu viel Begeisterung, und es schien ihr offensichtlich, dass er ihr aus dem Weg ging, seit sie hier angekommen waren. Sie begann sich zu fragen, warum er sie überhaupt auf dieses Abenteuer mitgenommen hatte. Aber so leicht würde sie es ihm nicht machen, einfach nur still und stumm der Dinge zu harren, die da kommen würden.

      Entschlossen verließ sie sein Zimmer und marschierte schnurstracks den Korridor hinunter. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, die regungslosen Wachen nach Veyron zu fragen. Sie schienen sich seit gestern überhaupt nicht bewegt zu haben. Ihre trüben Augen starrten noch immer ins Nichts.

      »Ihr wisst auch nicht, wo sich Veyron befindet, oder?«, seufzte sie, wohl wissend, wie hoffnungslos es war, diese armen Teufel überhaupt anzusprechen. Umso erstaunter war sie, als einer der Männer plötzlich vortrat, herumwirbelte und ihr mit einem Handzeichen bedeutete, ihm zu folgen. Jane tat, wie ihr geheißen, erfüllt von einem überaus mulmigen Gefühl. Der Wächter führte sie den Gang entlang, an dessen Ende eine schwere Holztür lag, die von zwei weiteren Wachen flankiert wurde. Die Männer öffneten die Tür, als sich Jane mit ihrem Begleiter näherte, und traten zur Seite. Eine Wendeltreppe führte einen Turm hinauf, und die Kerle machte Gesten, dass sie diesem Weg folgen solle, offenbar allein, denn sie blieben stehen und rührten sich keinen weiteren Zentimeter. Jane schluckte, folgte aber widerwillig den wortlosen Anweisungen. Stufe für Stufe ging es nach oben, während sich hinter ihr die Tür schloss.

      Am Ende der Treppe gelangte sie in ein großes, geräumiges Zimmer, beinahe eine Halle, die wohl das ganze oberste Stockwerk des Turms einnahm. Ein Bett stand hier, groß genug, um mindestens sechs Personen aufzunehmen, mehrere schwarze Schränke und ein großer Tisch, der von zahlreichen Stühlen umstanden war. Dunkle Vorhänge verdeckten die kahlen Wände, abgesehen von einer einzigen Stelle. Dort durchbrach ein riesiges, kreisrundes Fenster die Wand, seine Verglasung war eine netzartige Metallverstrebung eingefasst. Davor stand die Seelenkönigin und blickte nach draußen. Wie eine überdimensionale Spinne schien sie in den Fäden zu hängen und ihre Beute zu belauern.

      Eben kam Jane in den Sinn, wie sehr sie Spinnen hasste. Die Dämonin trug wie gestern ihr gewaltiges, schwarzes Kleid. Mit Schaudern stellte sich Jane vor, dass darunter ganz leicht acht entsetzliche Spinnenbeine Platz fänden. Doch die Seelenkönigin schenkte ihr keinerlei Beachtung, ihr blasses Gesicht war auf die nebelverhangene Landschaft außerhalb der Burg gerichtet.

      »Ihr habt Euch wohl schon von Euren Verletzungen erholt«, stellte Jane nach einer ganzen Weile unangenehmen Schweigens fest.

      Ein arrogantes


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