Die Dubharan. Norbert Wibben

Die Dubharan - Norbert Wibben


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Zauberer haben in der Vergangenheit immer wieder versucht, die sieben Armreife in ihre Gewalt zu bekommen und für ihre Ziele einzusetzen. Dadurch wären wir ihnen gegenüber im Nachteil.

      In der letzten Zeit mehren sich die Zeichen, dass sie dies verstärkt versuchen. Erst in der letzten Woche gab es einen Angriff auf mich, bei dem versucht wurde, mich zu töten. Davon hat Brian zum Glück nichts mitbekommen. Auch wenn ich mich erfolgreich zur Wehr setzen konnte, lasse ich meinen Armreif lieber an meinem Handgelenk. Ich kann dann meine volle Kraft nutzen.

      Derzeit sind mit meinem Armreif insgesamt nur fünf von den sieben aktiv. Auch daran ist zu merken, dass die dunklen Zauberer mächtiger werden.

      Wir Zauberer der guten Seite nennen die bösen Zauberer »dunkle Zauberer« oder kurz »Dubharan«, weil diese auch dunkle Magie einsetzen, um ihre Ziele zu erreichen.

      Dunkle Magie ist die Anwendung verbotener Zauber. Mit diesen Zaubersprüchen wird der freie Wille anderer gebrochen, Handlungen erzwungen, die nie gemacht werden würde, gefoltert oder auch getötet. Dazu gehört ebenso die Nutzung verbotener Elixiere, dunkler Kreaturen oder künstlich erschaffener Wesen.

      Es ist möglich, dass zwei auserwählte Zauberer gestorben sind, ohne dass ihre Armreife einem Nachfolger übergeben werden konnten. Da der Nachfolger ja meist aus der gleichen Familie stammt, wissen deren Mitglieder auf jeden Fall, wie sie beim Tod des Trägers mit dessen Armreif verfahren müssen. Deshalb ist es seltsam, dass nicht bekannt ist, wo diese Reife sind, oder wem der jeweilige Armreif übertragen werden muss.

      Da sie aber unauffindbar sind, wurden dessen Besitzer vermutlich durch die Dubharan getötet. Somit können diese Armreife in der Hand böser Zauberer sein. Selbst wenn sie nicht für ihre Zwecke nutzbar sind — was hoffentlich auch so bleibt! — fehlen sie auf unserer Seite im Kampf gegen die Bösen.

      Ich will dir nicht vorenthalten, dass viele Mitglieder unserer Familie eines unglücklichen Todes gestorben sind, auf plötzliche und meistens geheimnisvolle Weise. Dafür sind oft die dunklen Zauberer oder deren Verbündete verantwortlich gewesen. Es ist unserer Familie aber bisher immer gelungen, den Armreif vor einem räuberischen Zugriff zu schützen.

      Auf der Reise zu Erdmuthe wirst du mit dem Zug fahren und du musst einen langen Weg zu Fuß zurücklegen. Bitte sieh dich auf der Reise vor.

      Du bist keinesfalls in der Lage, dich gegen einen magischen Angriff zu wehren.

      Du bist sozusagen noch ein Zauberer-Baby.

      Es könnte sein, dass versucht wird, dir den Armreif zu nehmen. Auch wenn nicht jeder Fremde gleich ein Feind ist, prüfe genau, ob jemand dich begleiten darf. Lass dich nicht in die Irre führen, auch wenn das Angebot als zu deinem Schutz erforderlich dargestellt wird. Vertraue auf dein Gefühl. Ohne Zweifel reist du mit einem von Brian ausgesuchten Begleiter sicherer!

      Du solltest auf der Reise unbedingt einen verlässlichen Begleiter mitnehmen, der dich nötigenfalls verteidigen kann. Auch wenn Brian diese Aufgabe sicher unbedingt übernehmen möchte, kann er das nicht. Ich weiß und sehe, dass er mit seinen fast 80 Jahren mittlerweile nicht mehr für derartige Abenteuer geeignet ist. Er ist körperlich nicht mehr sehr belastbar. Ich weiß, wie sehr er dich liebt und dass er versuchen würde, dich zu beschützen. Lass dich mir zu Liebe nicht darauf ein, auch wenn er sehr stark drängt.

      Aber bitte ihn, einen Begleiter für dich auszuwählen. Du kannst dich darauf verlassen, dass seine Wahl hervorragend sein wird.

      Deine Eltern untersuchen Orte der Geschichte. Sie interessieren sich besonders für vorzeitliche Kulturen, die durch Kriege untergegangen sind. Sie haben schon viele bekannte Plätze erforscht und befürchten, dass uns dies Schicksal ebenfalls droht. Sie gehen davon aus, dass einige Kriege durch die Dubharan geführt wurden. Ihre Forschungen könnten vielleicht wichtige Hinweise liefern, wie wir unseren Untergang verhindern können!

      Darum ist diese Arbeit so wichtig, dass sie sich völlig darauf konzentrieren. Die Eltern von deinem Vater führten die gleichen Forschungsarbeiten durch. Obwohl diese offiziell durch einen Erdrutsch ums Leben kamen, gehen deine Eltern und ich davon aus, dass die dunklen Zauberer Johns Eltern töteten. Der Erdrutsch war lediglich ein Ablenkungsmanöver von ihnen. Um dich keiner Gefahr auszusetzen, ließen Maggie und John dich behütet und relativ sicher bei Brian und mir aufwachsen.

      Du verstehst sicher, dass sie dich nicht in Zauberei ausbilden können. Daher gebe ich dich in den Schutz von Erdmuthe. Sie wird dir erste, notwendige und wichtige Schritte beibringen. Anschließend wirst du von ihr den möglichen nächsten Ausbildungsort und Lehrer erfahren.

      In Liebe und Godspeed!

      Mairead

      P.S.: Mit dem Kristall meines Ensiculus Chartorum kannst du magische Gegenstände erkennen und enttarnen. Benutze es!«

      Eila ist aufgewühlt.

      Die Worte ihrer Großmutter wirkten keinesfalls beruhigend. Die Vorstellung, dass böse Zauberer versuchten, ihre Großmutter zu töten, dringt nur langsam in ihr Bewusstsein. Es ist kaum zu glauben. Es gibt also wirklich Zauberer und vielleicht auch andere magische Wesen? Bisher hatte sie nur in Geschichten davon gelesen. Diese waren meistens sehr aufregend und spannend und hatten sie eigentlich immer schon fasziniert. Aber dass es das wirklich gibt? Auch eine für sie drohende Gefahr scheint nicht real zu sein.

      Doch ihre Großmutter erzählte in dem Brief nicht einfach eine Geschichte, das stand für sie außer Zweifel.

      »Großvater, du glaubst nicht, was ich gerade gelesen habe.« Eila blickt ihn an und gibt ihm den Brief: »Bitte lies das zuerst, dann müssen wir uns beraten!« Brian liest den Brief mit äußerster Aufmerksamkeit und lässt gelegentlich einen überraschten Ausruf hören.

      Als er fertig ist, blickt er sie stirnrunzelnd an.

      »Ich bin mir nicht ganz darüber im Klaren, ob dein Erlebnis vorhin im Keller auf eine direkte Gefahr für dich hinweist. Jedenfalls scheint die eine Person eine wohlwollende, die andere aber eine übelwollende gewesen zu sein. Zusammen mit dem Brief von Mairead meine ich, du solltest dich so schnell wie möglich auf den Weg zu Erdmuthe machen! Und ich möchte dich begleiten. Meine Erfahrung hebt meine körperlichen Schwächen doch mindestens auf.«

      Eila stimmt ihm nicht zu, sie zögert etwas: »Ich verstehe, dass du mich beschützen willst. Aber ich finde, Großmutter hat Recht. Ich glaube, eine Reise mit langen Fußmärschen ist viel zu anstrengend für dich. Wir müssten auch Gepäck und Proviant für uns beide mitnehmen, was uns zusätzlich Zeit kosten würde. Wir kämen nicht halb so schnell vorwärts wie ich alleine. Falls es eine Gefahr auf der Reise geben sollte, wäre ich ihr alleine somit nur für eine kürzere Zeit ausgesetzt.« Nach einer Pause fügt sie mit bittendem Blick zum Großvater hinzu: »Lassen wir es dabei, wenn du ehrlich bist, musst du Großmutter und mir zustimmen. Bitte erzähle mir von ihrem Tod. Sag mir, ob sich irgend etwas Unerklärliches ereignet hat, seit Großmutter starb. Ist Großmutter vielleicht durch einen Angriff gestorben und wurde seit ihrem Tod von den bösen Zauberern versucht, den Armreif zu bekommen?«

      »Soweit ich das beurteilen kann, ist Mairead eines natürlichen Todes gestorben. Sie war im Vorgarten und hat ein paar Rosen geschnitten. Die wollte sie in eine Vase im Wohnzimmer stellen. Da sie nach längerer Zeit nicht wieder kam, ging ich nachsehen. Ich habe sie im Blumenbeet gefunden. Der Arzt meinte, sie hatte einen Herzinfarkt. Es gab keine Hinweise auf einen Angriff gegen sie. Nichts deutete auf irgendeine, gegen sie gerichtete Gewalt.« Großvater überlegt. »Seit ihrem Tod ist nichts Ungewöhnliches geschehen. Es sind auch keine Versuche unternommen worden, den Armreif zu stehlen.«

      »Wir müssen herausfinden, warum das vorhin im Keller geschah. War das ein Versuch der Dubharan, den Armreif zu bekommen? Und wenn ja, warum geschah das jetzt und wodurch wurde es ausgelöst?«, fragt Eila.

      Nach längerem Überlegen kommen sie zu einer möglichen Erklärung. Da seit Großmutters Tod nichts Ungewöhnliches geschehen war, musste das Schließen des Armreifs das


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