Die Spur führt nach Altötting.... Irene Dorfner

Die Spur führt nach Altötting... - Irene Dorfner


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sie wurden bereits am Empfang abgewiesen. „Über ehemalige Mitarbeiter geben wir keine Auskunft,“ war die knappe Antwort des Pförtners.

      „Das hätte ich mir ja denken können, dass Sie uns keine große Hilfe sind. Aber unser Geld nehmen Sie natürlich. Wenn man aber mal eine kleine Frage hat, wird man abgewimmelt.“ Frieda war außer sich von der rohen Art des Mannes, der sich aber durch Friedas Schimpftirade nicht aus der Ruhe bringen ließ. Er bat sie, das Gelände zu verlassen und bezüglich dieses Anliegens nicht mehr vorstellig zu werden.

      Natürlich wusste Frieda, welche Schule die beiden Mädchen besuchten, denn stolz sagte sie: „Die beiden gehen auf das Albert-Einstein-Gymnasium in Reutlingen.“

      Mario musste schmunzeln, da er früher die gleiche Schule besuchte.

      Sie nahmen den Bus nach Reutlingen und Mario beschloss, dass er sich dringend einen Wagen besorgen musste, um flexibler und mobiler zu sein.

      Im Gebäude des Gymnasiums, das sie kurz vor halb zehn betraten, nahm Mario sofort diesen typischen Geruch der Schule wahr. Er wurde fast etwas wehmütig, denn er hatte seine Schulzeit in sehr guter Erinnerung. Er war beileibe nicht der beste Schüler, aber bis auf wenige Ausnahmen hatte er riesiges Glück mit den Lehrern und Klassenkameraden. Vor allem Mathematik, Geschichte und Deutsch waren seine Lieblingsfächer, während er auf Englisch, Physik, Chemie und vor allem auf Sport gerne verzichten konnte. Mario sah sich um. Es hatte sich in den Jahren sehr viel verändert, trotzdem erkannte er das eine oder andere Detail.

      Frieda war fasziniert von dem hellen, sauberen Gebäude und kam aus dem Schwärmen nicht mehr raus. Sie erzählte Mario in allen Einzelheiten, bei welchen Gelegenheiten sie bereits hier gewesen war. Sie wurde von der Familie Pini zu Schulfesten, Theateraufführungen und auch zu Konzerten eingeladen, was sie immer gerne annahm. Sie hatte keine Familie und somit keine Enkel. Die Mädchen waren ihr sehr ans Herz gewachsen und sie fühlte sich in den letzten Jahren wie deren Großmutter.

      Das Sekretariat fanden sie ohne Probleme, denn das kannte Mario noch von früher. Mittlerweile war es viel größer und natürlich moderner. Auch die Sekretärinnen waren hübscher.

      „Mein Name ist Mario Pini und ich bin auf der Suche nach meinen Cousinen Laura und Maria Pini, die bis vor Kurzem hier zur Schule gingen. Ich war viele Jahre im Ausland und bin auf der Suche nach meiner Familie. Wäre es möglich, in Ihren Schulakten nachzusehen, ob irgendetwas über den neuen Wohnort zu erfahren ist?“ Mario setzte sein charmantestes Lächeln auf und die Sekretärin war seinem Charme nicht abgeneigt. Sie lächelte ebenfalls und setzte sich sofort an ihren Computer. Ihre Miene versteinerte sich, sie sah verstohlen zu Mario, murmelte ein kurzes Moment bitte und kam dann mit dem Rektor zurück. Der warf einen Blick auf ihren Bildschirm und wandte sich dann an Mario.

      „Leider können wir zu den beiden Schülerinnen nichts sagen. Tut mir leid, wir haben keinen Vermerk darüber, dass wir Ihnen gegenüber Auskunft geben dürfen.“

      Mario und Frieda starrten den Mann an.

      „Wie sollen wir das verstehen? Heißt das, Sie wissen etwas und können uns nichts sagen? Oder dürfen Sie nichts sagen?“ Mario verstand die Welt nicht mehr. Was war hier los?

      „Wie gesagt, von uns bekommen Sie keine Auskunft, es tut mir leid. Bitte verlassen Sie das Schulgelände.“

      „Sie werfen uns raus?“

      „Bitte verlassen Sie das Schulgelände,“ wiederholte der Rektor, dem das alles hier sichtlich unangenehm war, zumal fünf weitere Personen anwesend waren, die jetzt mucksmäuschenstill dem Geschehen lauschten. Frieda startete abermals eine Schimpftirade, die aber nichts brachte.

      „Wenn Sie sich weigern, das Schulgelände zu verlassen, müssen wir die Polizei rufen.“ Das war deutlich. Mario nahm Frieda an die Hand und zog sie, immer noch schimpfend, aus dem Gebäude. Sie gingen drei Straßen weiter Richtung Marktplatz und setzten sich auf eine Bank, Frieda hatte sich etwas beruhigt.

      „Was nun?“ Frieda hatte einen hochroten Kopf und war sehr erschöpft.

      „Wie sieht es aus mit Freunden oder Melanies Familie?“

      „Die habe ich alle schon angerufen oder angesprochen. Die wissen genauso viel wie wir, glaub mir.“

      „Dann gehen wir jetzt zur Polizei.“

      „Zu diesen Pfeifen?“ Frieda schrie so laut, dass einige Passanten verstohlen zu den beiden rüber sahen. „Das hab ich doch versucht, die machen doch nichts, denen ist das ziemlich egal.“

      „Vielleicht nicht, wenn ich als Verwandter nachfrage. Einen Versuch ist es wert. Kommst du trotzdem mit?“

      „Darauf kannst du Gift nehmen.“

      Schweigend gingen die beiden zur Polizei, die nur wenige Straßen entfernt war. Man konnte Frieda Votteler die Anspannung ansehen, denn ihr Atem wurde schneller und ihr Gesicht war immer noch knallrot. Sie hatte die Polizei noch nie gemocht und hatte, seit sie denken konnte, nur schlechte Erfahrungen gemacht. Einige Male hätte sie deren Hilfe brauchen können, aber die hatte man ihr verweigert. Damals war sie noch jung gewesen und wurde von ihrem damaligen Freund mehrmals misshandelt. Als sie Hilfe bei der Polizei suchte, wimmelte man sie ab. Man wollte sich nicht in Privatangelegenheiten einmischen. Seit damals hatte sie die Polizei gemieden. Erst vor wenigen Wochen nahm sie all ihren Mut zusammen und ging zur Polizei. Aber wieder wurde sie abgewimmelt. Man spürte Friedas Anspannung, als sie das Gebäude betraten. Sie war jetzt nicht mehr so vorlaut und forsch, sondern hielt sich zurück.

      Wider Erwarten wurden sie freundlich begrüßt, doch Frieda blieb angespannt.

      „Mein Name ist Mario Pini,“ sagte er und legte seinen Personalausweis auf den Tresen. „Ich bin auf der Suche nach meinen Verwandten Giuseppe und Melanie Pini, sowie deren Kinder Laura und Maria. Sie haben bis vor Kurzem in Pfullingen gewohnt.“ Mario beschloss, keine weiteren Details zu nennen und erst einmal abzuwarten, wie der Polizist reagieren würde.

      „Und was können wir da tun? Wir sind die Polizei und nicht das Einwohnermeldeamt. Wenden Sie sich bitte an die Stadt Pfullingen, denn solange gegen Ihre Familie nichts vorliegt, sind wir nicht zuständig.“

      „Das Problem ist, dass meine Familie offensichtlich über Nacht weggezogen ist, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Ich bin davon überzeugt, dass hier etwas nicht stimmt.“

      „Setzten Sie sich an Ihren Computer und sehen Sie nach.“ Frieda war sehr ungehalten und konnte sich nicht mehr beherrschen. „Ich war wegen der Familie Pini bereits hier und Sie haben mich weggeschickt, ja das waren genau Sie, junger Mann. Hier ist ein Familienmitglied, das nach seiner Familie sucht und jetzt unternehmen Sie sofort etwas.“

      Mario konnte Frieda kaum bremsen und ihm wurde flau im Magen. Wenn man so pampig der Polizei gegenüber war, zog das meist nichts Gutes nach sich. Zu seiner Überraschung ging der Polizist tatsächlich zu seinem Bildschirm, tippte in die Tastatur. Offensichtlich hatte er etwas entdeckt, denn er las interessiert. Er sah zu den beiden hinüber und ging dann auf sie zu.

      „Tut mir leid, da können wir nicht helfen, gegen Ihre Familie liegt nichts vor. Auf Wiedersehen.“

      „Aber Sie haben doch gerade etwas gefunden und wissen etwas. Was haben Sie auf Ihrem Bildschirm gelesen?“ Frieda hatte den Polizeibeamten genau beobachtet und war sich sicher, dass er Informationen über die Familie Pini hatte, die er nicht weitergeben wollte.

      „Nichts, was Sie interessieren dürfte. Und jetzt möchte ich Sie bitten zu gehen, wir können nichts für Sie tun. Ich wiederhole mich zwar, aber gegen die Familie Pini liegt nichts vor und es ist kein Verbrechen, umzuziehen, das steht jedem Bürger frei. Hier ist Ihr Personalausweis. Einen schönen Tag noch, auf Wiedersehen.“

      Mario und Frieda standen verstört auf der Straße.

      „Ich habe gewusst, dass man uns nicht helfen möchte. Es ist immer dasselbe!“, machte sich Frieda Luft.

      „Was machen wir jetzt?“ Mario sah die Verzweiflung in Friedas Augen, die sich nun noch mehr Sorgen machte.

      „Ich


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