IM ANFANG WAR DER TOD. Eberhard Weidner
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INHALTSVERZEICHNIS
1. TEIL
Im Anfang war der Tod …
KAPITEL 1
Der erste Messerstich kam wie aus dem Nichts. Er traf den alten Mann in die linke Schulter.
Die Klinge bohrte sich nur ein, höchstens zwei Zentimeter tief in den Körper. Beinahe so, als steckte zu wenig Kraft hinter dem Stoß; oder als wäre er nur halbherzig ausgeführt worden. Dennoch floss augenblicklich Blut, sobald das lange Messer zurückgezogen wurde. Der dunkle Lebenssaft wurde gierig von der Kleidung des Mannes aufgesaugt. Das schwarze Kollarhemd färbte sich rund um die Einstichstelle rasch noch dunkler. Der kreisrunde Fleck vergrößerte sich stetig. Er glänzte feucht und sah im Licht der Kerzen wie flüssiges Öl aus.
Auf dem Gesicht des Priesters erschien ein fragender, geradezu verblüffter Ausdruck. Noch schien er den Schmerz überhaupt nicht wahrzunehmen. Aus weit aufgerissenen Augen starrte er auf die Klinge des Fleischmessers, das wie durch Zauberei in der Hand seines Gegenübers aufgetaucht war. Sie blitzte einmal kurz auf, als sie das Kerzenlicht reflektierte. An ihrer Spitze hing ein einsamer Tropfen Blut.
Zweifellos war der alte Mann durch die plötzliche Attacke überrumpelt worden, nachdem sie sich bis zu diesem Zeitpunkt vollkommen zivilisiert unterhalten hatten. Obwohl es beileibe keine nette Plauderei, sondern am Ende ein Streitgespräch gewesen war, war der heimtückische Angriff für ihn gleichwohl aus dem Nichts gekommen.
Erst ganz allmählich dämmerte in seinen dunkelbraunen Augen die Erkenntnis herauf, dass das Blut an der Klinge von ihm stammen musste und er verletzt worden war. Sein Gesicht verzerrte sich, als er nach dieser Erkenntnis nun auch den stechenden Wundschmerz spürte. Es war, als durchbohrte ihn das Messer in diesem Moment erneut. Seine rechte Hand zuckte unwillkürlich nach oben zur Schulter. Sie legte sich auf die Stichwunde, als könnte er dadurch den schwachen, aber dennoch stetigen Blutfluss eindämmen.
Schließlich hob er den Blick von dem Messer, das diesen bislang gefangen gehalten hatte, und sah seinem Angreifer in die Augen.
»Was soll das?«
Seine Stimme, die sonst stets tief und wohlklingend durch das Gotteshaus schallte, klang jetzt unnatürlich hoch und schrill. Sie verriet die Angst und das Unverständnis des Mannes und durchschnitt die nächtliche Stille in der Kirche ebenso mühelos, wie zuvor die Messerklinge seine Kleidung und Haut durchbohrt hatte.
Er bekam allerdings keine Antwort. Zumindest nicht in verbaler Form. Doch was er stattdessen in den Augen seines Gegenübers entdeckte, ließ ihn gleichwohl erschaudern.
Den zweiten Stich sah er daher ebenfalls