TODESSPIEL. Eberhard Weidner

TODESSPIEL - Eberhard Weidner


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etwas länger dauern, bis Zoe nach Hause kommt.«

      Antonia zuckte mit den Schultern. »Wie ich schon sagte: Wenn sie einen Verkehrsunfall gehabt hätte, hätte man uns bestimmt benachrichtigt.«

      »Um ein Uhr nachts hielt ich es dann nicht länger aus. Ich sagte, dass ich Zoes Eltern anrufen wolle. Antonia riet mir allerdings davon ab. Vermutlich schliefen die Bergmanns schon, sagte sie. Ich würde sie aufwecken und wahrscheinlich völlig grundlos in Unruhe versetzen.«

      »Ich ging noch immer davon aus, dass Zoe jeden Moment zur Tür hereinspaziert käme. Und sie würde bestimmt nicht wollen, dass wir ihre Eltern wegen nichts in Panik versetzen.«

      »Sie kam aber nicht zur Tür hereinspaziert«, sagte Kati. »Und um halb zwei habe ich dann ihre Eltern angerufen. Sie schliefen tatsächlich schon. Doch nachdem ich ihnen mitgeteilt hatte, dass Zoe noch nicht zurückgekommen wäre, bedankte sich Herr Bergmann bei mir und sagte, sie seien froh, dass ich ihnen Bescheid gegeben hatte.«

      »Wissen Sie, was Zoes Eltern daraufhin unternommen haben?«

      Kati nickte. »Wir haben seitdem noch ein paar Mal miteinander telefoniert, deshalb weiß ich es. Frau Bergmann erzählte mir, dass sie noch in der Nacht die Polizei angerufen hätten. Doch dort sagte man ihnen, man könne momentan noch nichts tun. Schließlich sei Zoe volljährig und könne tun und lassen, was sie wolle. Doch wenn sie am Morgen noch immer nicht zu Hause angekommen wäre, sollten die Eltern eine Vermisstenanzeige aufgeben.«

      »Am nächsten Morgen rief Frau Bergmann schon um sieben Uhr an«, berichtete Antonia. »Kati schlief noch, aber ich war schon wach, weil ich eine Vorlesung hatte. Frau Bergmann fragte, ob Zoe doch noch gekommen sei. Sie klang sehr hoffnungsvoll. Ich hatte nach dem Aufstehen sofort in Zoes Zimmer nachgesehen; aber sie war noch immer nicht da und ihr Bett war unberührt. Das sagte ich auch ihrer Mutter. Sie seufzte traurig, bedankte sich und legte auf.«

      »Nach dem Telefonat haben die Bergmanns dann unverzüglich eine Vermisstenanzeige aufgegeben«, übernahm wieder Kati. »Nachdem ich aufgewacht war, rief ich ein paar Bekannte und Kommilitonen von Zoe an und fragte, ob sie von Zoe gehört hätten. Ich dachte mir, dass es ihr vielleicht unangenehm gewesen sein könnte, dass sie bei dem Regen und der Dunkelheit so lange für die Fahrt gebraucht hatte und deshalb unser Filmabend buchstäblich ins Wasser gefallen war. Und dass sie deshalb bei jemand anderem Unterschlupf gesucht hatte. Ich weiß selbst, wie unwahrscheinlich sich das anhört. Aber ich klammerte mich an jeden Strohhalm. Doch niemand hatte Zoe gesehen oder von ihr gehört. Den ganzen gestrigen Tag hoffte ich, sie würde doch noch nach Hause kommen.« Sie seufzte und zuckte mit den Schultern, wobei ihre Augen erneut feucht wurden. »Aber sie kam einfach nicht.«

      »Und dann?«, fragte Anja.

      »Dann riefen Sie vor einer halben Stunde an und sagten mir, wer Sie sind und dass Sie mit Antonia und mir über Zoe sprechen müssten. Mehr wissen wir auch nicht.«

      »Gibt es außer den Bekannten und Kommilitonen, die Sie bereits anriefen, sonst noch Personen, bei denen Zoe aufgetaucht sein könnte?«

      Kati sah Antonia fragend an, doch die erwiderte den Blick ebenso ratlos.

      »Nicht dass wir wüssten«, sagte Antonia. »Sie hat natürlich noch eine Menge Freunde in Nürnberg. Aber soweit ich weiß, haben ihre Eltern alle angerufen. Doch auch von denen hat sie seit Sonntagnacht niemand gesehen.«

      »Hatte Zoe einen festen Freund, seit sie hier wohnte und studierte?«

      Beide Studentinnen schüttelten erneut synchron den Kopf.

      »Sie konzentrierte sich vollständig auf ihr Studium«, sagte Kati.

      Und Antonia fügte hinzu: »Außerdem war sie ein gebranntes Kind.«

      Anja sah sie fragend an.

      »Sie hatte in Nürnberg für ein paar Jahre einen festen Freund. Doch der machte kurz nach dem Abitur Schluss mit ihr. So ein Arschloch!«

      »Das hat sie damals anscheinend ziemlich mitgenommen«, sagte Kati. »Ich glaube, auch deshalb wollte sie weg von zu Hause und nicht in Nürnberg, sondern hier in München studieren. Um Abstand zu gewinnen.«

      »Sie war also gewissermaßen von den Männern enttäuscht?«

      Kati nickte. »Sozusagen. Sie meinte, dafür hätte sie auch später noch genügend Zeit, nach dem Studium. Bis dahin wollte sie sich stattdessen voll aufs Studieren konzentrieren.«

      »Ich hab trotzdem versucht, ihr ab und zu mal einen heißen Typen vorzustellen«, sagte Antonia. »Aber sie hat überhaupt nicht darauf reagiert und alle Kerle abblitzen lassen.«

      »Du wolltest sie ständig mit deinen abgelegten Liebhabern verkuppeln«, warf Kati ihrer Mitbewohnerin entrüstet vor. »Als wäre sie ein Trostpreis für all die Herzen, die du gebrochen hast.«

      »Der Spruch gefällt mir. Darf ich ihn benutzen, Kati?«

      Die Angesprochene schüttelte genervt den Kopf, erwiderte aber nichts mehr darauf.

      »Wissen Sie zufällig, ob Zoe ihren Ex-Freund getroffen hat, als sie übers Wochenende bei ihren Eltern war?«

      »Meinen Sie etwa, dass der Kerl etwas mit Zoes Verschwinden zu tun hat?«, fragte Antonia aufgeregt. »So schäbig, wie der sich verhalten hat, würde ich es ihm durchaus zutrauen.«

      »Im Augenblick habe ich über den Grund für Zoes Verschwinden noch überhaupt keine Meinung«, erklärte die Polizistin. »Ich befinde mich momentan noch ganz am Beginn meiner Ermittlungen, in einem Stadium also, in dem ich möglichst viele Informationen über die vermisste Person sammle. Erst wenn ich diese Informationsfindung abgeschlossen habe, kann ich, darauf aufbauend, darüber nachdenken, welches Motiv diesem Vermisstenfall möglicherweise zugrunde liegt.«

      »Aber er ist doch bestimmt einer Ihrer Hauptverdächtigen, oder etwa nicht?«, fragte Antonia. »So nennt man das doch bei der Kriminalpolizei.«

      »Bei der Mordkommission vielleicht«, schränkte Anja lächelnd ein. »Aber hier haben wir es zunächst einmal nur …« Sie malte Anführungszeichen in die Luft. »… mit einem Vermisstenfall zu tun. Dass Zoe das Opfer einer Straftat wurde, ist nur eins der gängigen Standardszenarien. Momentan deutet aber noch absolut gar nichts auf diese Möglichkeit hin. Außerdem ermittle ich in diesem frühen Stadium noch in sämtliche Richtungen. Aus diesem Grund werde ich diesen Gesichtspunkt auch nicht außer Acht lassen. Wissen Sie sonst noch etwas über den Ex-Freund.«

      »Nur dass er ein ausgemachter Arsch ist!«, sagte Antonia.

      »Zoe hat logischerweise nicht viel über ihn gesprochen«, meinte Kati. »Er soll aber sehr groß und gutaussehend sein. Ein Fußballspieler.«

      »Quatsch«, widersprach Antonia und schüttelte den Kopf. »Er hat kein Fußball, sondern Football gespielt.«

      »Fußball oder Football, wo ist denn da der Unterschied?«, fragte Kati.

      »Mit Football ist American Football gemeint«, erläuterte Antonia. »Das ist was ganz anderes als Fußball. Hast du’s jetzt endlich geschnallt, Kati?«

      »Ist ja schon gut, Antonia. Du musst nicht auch noch darauf herumreiten, dass ich nicht gleich darauf gekommen bin.«

      »Die angehende Frau Gymnasiallehrerin mag es gar nicht, wenn sie mal etwas nicht weiß«, sagte Antonia zu Anja.

      »Stimmt doch gar nicht!«

      Anja seufzte innerlich. »Gibt es sonst noch etwas, das Sie mir über Zoes Exfreund erzählen können?«

      Beide Studentinnen schüttelten die Köpfe.

      »Wahrscheinlich können Zoes Eltern Ihnen mehr über ihn sagen«, meinte Kati.« Vielleicht ja auch, ob Zoe ihn während ihres Aufenthalts in Nürnberg getroffen hat.«

      »Hatte Zoe wegen der Trennung Depressionen?«

      »Auf gar keinen Fall«, sagte Antonia entschieden.

      Kati ergänzte: »Sie war am Anfang eine Zeitlang traurig. Ich


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