Weihnachtsmärchen. Charles Dickens

Weihnachtsmärchen - Charles Dickens


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Frau.

      »Die Farbe tut mir weh bei Licht, und ich möchte nicht, daß

      Vater, wenn er heimkommt, meine roten Augen sieht. Es muß

      bald Zeit sein.«

      »Fast schon vorüber«, erwiderte Peter, das Buch schließend.

      »Aber ich glaube, Mutter, er geht jetzt etwas langsamer als

      früher.«

      Sie waren wieder sehr still. Endlich sagte sie mit einer ruhigen,

      heiteren Stimme, die nur ein einziges Mal zitterte:

      »Ich weiß, daß er mit - ich weiß, daß er mit Tiny Tim auf der

      Schulter sehr schnel ging.«

      »Ich auch«, rief Peter. »Oft.«

      »Ich auch«, rief Peter. »Oft.«

      »Ich auch«, stimmten die andern ein.

      »Aber er war sehr leicht zu tragen«, fing sie wieder an, den Blick

      fest auf ihre Arbeit gerichtet, »und der Vater liebte ihn so, daß es

      keine Last für ihn war -

      keine Last. Doch horch: da kommt der Vater.«

      Sie eilten ihm entgegen und Bob mit dem Schal - der arme Kerl

      hatte ihn nötig

      - trat herein. Sein Tee stand bereit, und sie drängten sich al e

      herbei, und jeder wol te ihn am meisten bedienen. Dann

      kletterten die beiden kleinen Cratchits auf seine Knie, und jedes

      Kind legte eine kleine Wange an die seine, als wol ten sie sagen:

      »Gräm dich nicht, lieber Vater, sei nicht traurig.«

      Bob war sehr heiter und sprach sehr munter mit der ganzen

      Familie. Er besah die Arbeit auf dem Tisch und lobte den Fleiß

      und den Eifer seiner Frau und Töchter. Sie würden lange vor

      Sonntag fertig sein, meinte er.

      »Sonntag!« wiederholte die Frau. »Du warst also heute dort,

      Robert?«

      »Ja, meine Liebe«, antwortete Bob. »Ich wol te, du hättest auch

      hingehen können. Es würde dein Herz erfreut haben, zu sehen,

      hingehen können. Es würde dein Herz erfreut haben, zu sehen,

      wie grün es dort ist. Aber 61

      du wirst es oft sehen. Ich versprach ihm, sonntags hinzugehen.

      Mein liebes, liebes Kind!«meinte Bob. »Mein liebes Kind!«

      Er brach auf einmal zusammen. Er konnte nicht anders. Hätte er

      anders gekonnt, so wären er und sein Kind einander wohl

      weniger nahe gewesen.

      Er verließ die Stube und ging die Treppe hinauf in ein Zimmer,

      das hel erleuchtet und weihnachtsmäßig aufgeputzt war. Ein Stuhl

      stand dicht neben dem Kind und man sah, daß vor kurzem

      jemand dagewesen war. Der arme Bob setzte sich nieder, und

      als er ein wenig nachgedacht und sich gefaßt hatte, küßte er das

      kleine kalte Gesicht. Er war versöhnt mit dem Geschehenen und

      ging wieder hinunter ganz heiter.

      Sie setzten sich um das Feuer und unterhielten s ich; die

      Mädchen und Mutter arbeiteten fort. Bob erzählte ihnen von

      Scrooges Neffen und seiner außerordentlichen Freundlichkeit,

      obwohl er ihn kaum ein einziges Mal gesehen habe. Er habe ihn

      heute auf der Straße getroffen, und als er bemerkt, daß er ein

      wenig niedergeschlagen aussähe, habe er ihn gefragt, was ihn

      bekümmere.

      »Hierauf«, sagte Bob, »erzählte ich es ihm, denn er ist der

      freundlichste junge Herr, den ich kenne. ›Ich bedaure Sie

      herzlich, Mr. Cratchit,‹ sagte er, ›und auch Ihre gute Frau.‹ -

      herzlich, Mr. Cratchit,‹ sagte er, ›und auch Ihre gute Frau.‹ -

      Übrigens, wie er das wissen kann, möchte ich wissen.«

      »Was sol er wissen, mein Lieber.«

      »Nun, daß du eine gute Frau bist«, antwortete Bob.

      »Jedermann weiß das«, meinte Peter.

      »Sehr gut bemerkt, mein Junge«, rief Bob. »Ich hoffe, es ist so.

      ›Herzlich bedaure ich Ihre gute Frau‹, sagte er. ›Wenn ich Ihnen

      auf irgendeine Weise behilflich sein kann‹, setzte er hinzu, indem

      er mir seine Karte gab, ›hier ist meine Adresse. Kommen Sie nur

      zu mir.‹ Nun ist es nicht gerade darum«, sprach Bob, »weil er

      etwas für uns tun könnte, sondern mehr wegen seiner herzlichen

      Weise, daß ich mich darüber so freute. Es schien wirklich, als

      habe er unsern Tiny Tim gekannt und fühle mit uns.«

      »Er ist gewiß eine gute Seele«, sagte Mrs. Cratchit.

      »Du würdest das noch eher erkennen, meine Liebe«, antwortete

      Bob, »wenn du ihn sähest und mit ihm sprächest. Es sol te mich

      nicht wundern, wenn er Peter eine bessere Stelle verschaffte.

      Denkt an meine Worte.«

      »Nun höre nur, Peter«, sagte Mrs. Cratchit.

      »Und dann«, rief eines der Mädchen, »wird sich Peter nach einer

      Frau umsehen.«

      Frau umsehen.«

      »Ach, sei still«, antwortete Peter lachend.

      »Nun, das kann schon kommen«, sagte Bob, »doch bis dahin hat

      er noch eine Menge Zeit. Aber wie und wann wir uns auch

      voneinander trennen sollten, so bin ich doch überzeugt, daß

      keiner von uns den armen Tiny Tim vergessen wird oder diese

      erste Trennung, die wir erfuhren.«

      »Niemals, Vater«, riefen alle.

      »Und ich weiß«, sagte Bob, »ich weiß, meine Lieben, wenn wir

      daran denken, wie geduldig und wie sanft er war, obgleich er nur

      ein kleines Kind war, werden 62

      wir uns nicht so leicht zanken und den guten Tiny Tim vergessen,

      indem wir's tun.«

      »Nein, niemals, Vater«, riefen wieder alle.

      »Ich bin sehr glücklich«, sagte Bob, »sehr glücklich.«

      Mrs. Cratchit küßte ihn, seine Töchter küßten ihn, die beiden

      kleinen Cratchits küßten ihn, und Peter und er drückten sich die

      Hand. Seele Tiny Tims, du warst ein Hauch von Gott.

      »Geist«, sprach Scrooge, »etwas sagt mir, daß wir uns bald

      trennen werden.

      Ich weiß es, aber ich weiß nicht wie. Sag mir, wer


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