Weihnachtsmärchen. Charles Dickens

Weihnachtsmärchen - Charles Dickens


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Freude oder zu einer Qual zu machen. Du magst sagen,

      seine Macht liege in Worten und Blicken, in so unbedeutenden

      und kleinen Dingen, daß es unmöglich ist, sie herzuzählen: was

      schadet das? Das Glück, das er bereitet, ist so groß, als wenn es

      sein ganzes Vermögen kostete.«

      Er fühlte des Geistes Blick und schwieg.

      »Was gibt's?« fragte der Geist.

      »Nichts, nichts«, sagte Scrooge.

      »Aber doch etwas, wie?« drängte der Geist.

      »Nein«, sagte Scrooge, »nein. Ich möchte nur eben jetzt ein paar

      Worte mit meinem Kommis sprechen. Das ist al es.«

      Sein früheres Selbst löschte gerade die Lampen aus, als er

      diesen Wunsch aussprach, und Scrooge und der Geist standen

      wieder im Freien.

      »Meine Zeit geht zu Ende«, sagte der Geist. »Schnel !«

      Dieses letzte Wort war nicht zu Scrooge oder zu jemand, den er

      sehen konnte, gesprochen, aber es wirkte sofort. Denn wieder

      sah Scrooge sich selbst. Er war jetzt älter geworden -. ein Mann

      in der Blüte seiner Jahre. Sein Ges icht hatte noch nicht die

      schroffen, rauhen Züge seiner späteren Jahre, aber schon begann

      es Anzeichen der Sorge und des Geizes anzunehmen. In seinem

      Auge brannte ein ruheloses, habsüchtiges Feuer, das Zeugnis gab

      von der Leidenschaft, die dort Wurzeln geschlagen hatte, und

      zeigte, wohin der Schatten des wachsenden Baumes fal en

      würde.

      Er war nicht allein, sondern saß neben einem schönen jungen

      Mädchen in Trauerkleidern. In ihren Augen standen Tränen, die

      in dem Licht glänzten, das von dem Geist vergangener

      Weihnachten ausströmte.

      »Es ist ohne Bedeutung«, sagte sie sanft, »und für Sie von gar

      »Es ist ohne Bedeutung«, sagte sie sanft, »und für Sie von gar

      keiner. Ein anderes Götzenbild hat mich verdrängt; und wenn es

      Sie in späterer Zeit trösten und aufrecht erhalten kann, wie ich es

      versucht hätte, so habe ich keine Ursache zu klagen.«

      »Welches Götzenbild hätte Sie verdrängt?« erwiderte er.

      »Ein goldenes.«

      »Dies ist die Gerechtigkeit der Welt!« sagte er. »Gegen nichts ist

      sie so hart als gegen die Armut; und nichts tadelt s ie

      unnachsichtiger als das Streben nach Reichtum.«

      »Sie fürchten das Urteil der Welt zu sehr«, antwortete sie sanft.

      »Al e Ihre andern Hoffnungen sind in der einen aufgegangen, vor

      diesem engherzigen Vorwurf gesichert zu sein. Ich habe Ihre

      edleren Bestrebungen eine nach der andern verschwinden sehen,

      bis Sie ganz die eine Leidenschaft, die Gier nach Gold, erfül te.

      Ist es nicht so?«

      »Und wenn es so wäre?« antwortete er. »Wenn ich soviel klüger

      geworden wäre, was dann? Gegen Sie bin ich nie anders

      geworden.«

      Sie schüttelte den Kopf.

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      »Bin ich anders?«

      »Unser Bund ist alt. Er wurde geschlossen, als wir beide arm und

      zufrieden waren, unser Los durch ausdauernden Fleiß verbessern

      zu können. Sie haben sich aber verändert! Damals, als er

      geschlossen wurde, waren Sie ein anderer Mensch.«

      »Ich war ein Knabe«, sagte er ungeduldig.

      »Ihr eigenes Gefühl sagt Ihnen, daß Sie nicht so waren, wie Sie

      jetzt s ind«, antwortete sie. »Ich bin noch dieselbe. Das, was uns

      Glück versprach, als wir noch ein Herz und eine Seele waren,

      muß uns Unglück bringen, da wir im Geiste nicht mehr eins sind.

      Wie oft ich und wie bitter dies gefühlt habe, will ich nicht sagen;

      es ist genug, daß ich es gefühlt habe und daß ich Ihnen Ihr Wort

      zurückgeben kann.«

      »Habe ich dies jemals verlangt?«

      »In Worten? Nein. Niemals.«

      »Wie dann?«

      »Durch ein verändertes Wesen, durch einen andern Sinn, durch

      andere Bestrebungen im Leben und durch andere Hoffnungen -

      in allem, was meiner Liebe in Ihren Augen Wert gab. Wenn alles

      Frühere nicht zwischen uns geschehen wäre«, sagte das

      Mädchen, ihn mit sanftem, aber festem Blicke ansehend,

      »würden Sie mich jetzt aufsuchen und um mich werben? Gewiß

      nicht!«

      nicht!«

      Er schien die Wahrheit ihrer Worte wider seinen Wil en

      zuzugeben. Aber er tat seinen Gefühlen Gewalt an und sagte:

      »Sie glauben nicht?«

      »Gern glaubte ich es, wenn ich könnte«, sagte sie, »Gott weiß es.

      Wenn ich eine Wahrheit wie diese erkannt habe, weiß ich, wie

      unwiderstehlich sie sein muß. Aber sol ich glauben, daß Sie ein

      armes Mädchen wählen würden, wenn Sie heute oder morgen

      oder gestern frei wären, Sie, der selbst in den vertrautesten

      Stunden al es nach dem Gewinn mißt? Oder sol ich mir

      verhehlen, daß Sie gewiß einst sich getäuscht und bittere Reue

      fühlen würden, weil Sie für einen Augenblick Ihrem einzigen

      leitenden Grundsatz untreu werden? Nein, und deswegen gebe

      ich Ihnen Ihr Wort zurück: wil ig und um der Liebe dessentwillen

      der Sie einst waren.«

      Er wol te sprechen, aber mit abgewendetem Gesicht fuhr sie fort:

      »Vielleicht - der Gedanke an die Vergangenheit läßt es mich fast

      hoffen - wird es Sie schmerzen. Eine kurze, sehr kurze Zeit, und

      Sie werden dann die Erinnerung daran fallenlassen, wie die

      Gedanken an einen nichtigen Traum, aus dem zu erwachen ein

      Glück für Sie war. Möge Sie alles Glück auf dem gewählten

      Lebensweg begleiten!«

      Sie schieden.

      Sie schieden.

      »Geist«, sagte Scrooge, »zeig mir nichts mehr, führ mich nach

      Hause. Warum erfreust du dich daran, mich zu quälen?«

      »Noch einen Schatten«,


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