Weihnachtsmärchen. Charles Dickens
Zeig
mir nichts mehr.«
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Aber der erbarmungslose Geist hielt ihn mit beiden Händen fest
und zwang ihn, zu betrachten, was als nächstes geschah.
Sie befanden sich an einem andern Ort, in einem Zimmer, nicht
sehr groß oder schön, aber voller Behaglichkeit. Neben dem
Kamin saß ein schönes junges Mädchen, das der, die Scrooge
soeben gesehen hatte, so ähnlich war, daß er glaubte, es sei
dieselbe, bis er diese, jetzt eine stattliche Matrone, der Tochter
gegenüber sitzen sah. In dem Zimmer war ein wahrer Aufruhr,
denn es befanden sich mehr Kinder darin, als Scrooge in seiner
Aufregung zählen konnte; und hier betrugen sich nicht vierzig
Kinder wie eins, sondern jedes Kind wie vierzig. Die Folge
davon war ein Lärm sondergleichen; aber niemand schien sich
darüber aufzuregen. im Gegenteil, Mutter und Tochter lachten
herzlich und freuten sich darüber, und die letztere, die sich bald in
die Spiele mischte, wurde von den kleinen Schelmen gar
grausam mitgenommen. Was hätte ich darum gegeben, eines
grausam mitgenommen. Was hätte ich darum gegeben, eines
dieser Kinder zu sein, obgleich ich nie so ungezogen gewesen
wäre! Nein, nein! Für al e Schätze der Welt hätte ich nicht diese
Locken zerdrückt und zerwühlt; und diesen lieben, kleinen Schuh
hätte ich nicht entwendet, selbst um mein Leben zu retten. Im
Scherz ihre Taille zu messen, wie die dreiste junge Brut tat, hätte
ich nicht gewagt aus Furcht, mein Arm würde zur Strafe krumm
und nie wieder gerade wachsen. Und doch, wie gern, ich gestehe
es, hätte ich ihre Lippen berührt; wie gern sie ausgefragt, damit
sie s ich geöffnet hätten; wie gern hätte ich die Wimpern dieser
niedergeschlagenen Augen betrachtet, ohne ein Erröten
hervorzurufen; wie gern dieses wogende Haar gelöst, von dem
eine einzige Locke ein unschätzbares Andenken gewesen wäre:
kurz, wie gern hätte ich das kleinste Vorrecht eines dieser
Kinder gehabt, mit der Bedingung, Manns genug zu bleiben, um
seinen Wert zu fühlen.
Aber jetzt wurde ein Klopfen an der Tür laut, was einen so
allgemeinen Ansturm hervorrief, daß sie mit lachendem Gesicht
und zerknülltem Kleid in der Mitte eines lärmenden Haufens nach
der Tür gedrängt wurde, dem Vater entgegen, der nach Hause
kam in Begleitung eines mit Weihnachtsgeschenken beladenen
Mannes. Aber nun das Geschrei und das Gedränge und der
Sturm auf den verteidigungslosen Träger! Wie sie an ihm auf
Stühlen hinaufstiegen, in seine Taschen guckten, die
Papierpäckchen raubten, an seiner Halsbinde zupften, an seinem
Halse hingen, ihm auf den Rücken trommelten oder an die Beine
stießen - alles in unwiderstehlicher Freude! Dann die Ausrufe der
stießen - alles in unwiderstehlicher Freude! Dann die Ausrufe der
Verwunderung und des Frohlockens, mit denen der Inhalt jedes
Päckchens begrüßt wurde! Die schreckliche Kunde, daß das
Kleinste ertappt worden sei, wie es die Puppenbratpfanne in den
Mund gesteckt und wohl gar das hölzerne Huhn samt der
Schüssel hinuntergeschluckt habe! Die große Beruhigung, als
man entdeckte, daß es falscher Alarm gewesen war! Die Freude
und die Dankbarkeit und das Entzücken! Dies alles übertrifft alle
Beschreibung. Es muß genügen, zu wissen, daß die Kinder und
ihre Freunde endlich aus dem Zimmer kamen und über eine
Treppe in den obersten Stock hinaufgingen, wo sie zu Bett
gebracht wurden und blieben.
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Und als Scrooge jetzt sah, wie sich der Herr des Hauses, die
Tochter zärtlich an seine Seite geschmiegt, mit ihr und ihrer
Mutter an seinem eigenen Herd niedersetzte; und wie er dachte,
daß ihn ein solches Wesen ebenso lieblich und hoffnungsfroh
hätte Vater nennen und wie der Frühling im öden Winter seines
Lebens hätte sein können, da wurden seine Augen wirklich
trübe.
»Belle«, sagte der Mann, sich lächelnd zu seiner Gattin wendend,
»ich sah heut nachmittag einen alten Freund von dir.«
»Wer war es?«
»Rate mal.«
»Wie kann ich das? Ach, jetzt weiß ich schon«, fügte sie sogleich
hinzu, lachend, und auch er lachte. »Mr. Scrooge.«
»Ja, Mr. Scrooge. Ich ging an seinem Kontorfenster vorüber;
und da kein Laden davor war und Licht brannte, mußte ich ihn
sehen. Sein Kompagnon liegt im Sterben, hörte ich, und er war
sehen. Sein Kompagnon liegt im Sterben, hörte ich, und er war
allein. Ganz allein in der weiten Welt, glaube ich.«
»Geist«, rief Scrooge mit bebender Stimme, »führe mich weg
von diesem Ort.«
»Ich sagte dir, daß dies Schatten gewesener Dinge sind«, sagte
der Geist. »Gib nicht mir die Schuld, daß sie sind, wie sie sind.«
»Führe mich weg«, rief Scrooge aus. »Ich kann es nicht
ertragen.«
Er wandte sich dem Geist zu, und wie er sah, daß er ihn mit
einem Gesicht anblickte, in dem sich auf eine seltsame Weise all
die Gesichter zeigten, die er bisher gesehen hatte, rang er mit
ihm.
»Verlaß mich, führ mich weg. Verfolge mich nicht länger.«
In dem Kampf, wenn es ein Kampf genannt werden kann, wie
der Geist, ohne sichtbaren Widerstand seinerseits, von den
Angriffen seines Gegners unberührt blieb, bemerkte Scrooge,
daß das Licht auf seinem Haupt hoch und hel brannte, und in
einem dunklen instinktiven Gefühl jenes Licht sei mit des Geistes
Einfluß auf ihn verbunden, ergriff er den Löschhut und stülpte ihn
auf des Geistes Haupt.
Der Geist sank zusammen, so daß der Löschhut seine ganze
Gestalt bedeckte; aber obgleich