Georg Schweinfurth: Afrikanisches Skizzenbuch. Georg Schweinfurth
in großer Anzahl vor. Das Verlangen, solche der Vergessenheit zu entreißen, belebte meine Erinnerung mit neuem Reiz. Das Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können, beglückt uns immer mit dem Zauber seiner ewigen Frische.
Mein Buch „Auf unbetretenen Wegen in Ägypten“ bot mir zuerst erwünschte Gelegenheit, von meinen alten Schriften einige in geprüfter Fassung dem Leserkreis der Gegenwart vorzuführen. Ihr Inhalt fand Interesse, er war, weil nur wenigen Kennern zugänglich, im Allgemeinen so gut wie unbekannt geblieben. Jetzt bringe ich eine Auswahl aus dem genannten Werke, vermehrt um dort noch nicht veröffentlichte Artikel, von denen etliche über den Bereich von Ägypten hinausreichen. Das gab den Anlass zu einer entsprechenden Änderung des Titels.
Meine ersten Stichproben ins Unbekannte von Afrika betrafen vor vielen Jahren die Küstenstriche auf der Westseite des Roten Meeres. Diese sind, soweit sie Ägypten und Nubien angehören, noch bis auf den heutigen Tag von europäischen Reisenden so gut wie unbetreten geblieben.
Die in den „Unbetretenen Wegen“ enthaltene „Reise an der Küste des Roten Meeres“ ist hier weggeblieben. Sie erschien als besonderes Buch soeben in den „Wegen zum Wissen“ des Ullstein-Verlages.
Im Abschnitt I gebe ich eine Schilderung aus dem nächtlichen Tierleben der Libyschen Wüste. Wenn ich mich auch auf dem Gebiete der Naturkunde hauptsächlich der Botanik widmete, so hat mich die Tierbeobachtung immer auf das lebhafteste interessiert.
Bei meinen Bergbesteigungen (Abschnitt II) werde ich gewiss Strecken betreten haben, die nie ein menschlicher Fuß berührte, doch ist darauf kein besonderes Gewicht zu legen, denn dazu bieten noch viele andere Gebirge Gelegenheit. Die Nachsicht des Lesers werde ich anzurufen haben, wo bemerkenswerte Erlebnisse und überraschende Beobachtungen von einer Menge von Einzelheiten verhüllt sind, die nur für den Spezialgelehrten von Interesse sein können. Viele botanische Angaben sind deshalb gestrichen worden, und der Pflanzengeograph wird die ursprüngliche Veröffentlichung zu berücksichtigen haben. Über meine Veröffentlichungen bietet die Liste Auskunft, die der dritten Ausgabe meines Reisewerks „Im Herzen von Afrika“ (1918) beigegeben ist.
Der Abschnitt III war bisher für diejenigen eine Überraschung, die auf meinen Reisen kirchengeschichtliche Neuigkeiten aus dem Altertum nicht erwartet haben.
Ich war seit Vansleb (1672) der einzige, der die alten Klöster ausführlich beschrieb. In dem ersten Bande des von Friedrich Bodenstedt als Almanach für das deutsche Haus herausgegebenen, aber nicht weiter fortgesetzten „Kunst und Leben“ erschien meine Arbeit an jetzt fast unauffindbarer Stelle.
Die von der Kapelle des heiligen Antonius gegebene Abbildung ist die erste und einzige ihrer Art. Meine flüchtige Skizze durch nachträgliche Ausführung zu vervollständigen, habe ich nicht gewagt. Sie stellt eine der ältesten christlichen Kirchenräume dar, die aus den ersten drei Jahrhunderten noch vorhanden sind. Die von Weingarten aufgestellte Hypothese eines Nichtvorhandengewesenseins vom heil. Paulus von Theben, dem ägyptischen Nationalheiligen (weil Eusebius seiner nicht erwähnte), habe ich unbeachtet gelassen.
Paul Güßfeldt – 1840 – 1920
In neuerer Zeit haben außer Paul Güßfeldt und mir auch andere Deutsche die alten Wüstenklöster besucht. 1901 waren dort Carl Becker, Bernhard Moritz und Josef Strzygowski zu gemeinschaftlichem Besuch.
Abschnitt IV, über die Höhlenbewohner von Sokotra, kann als Ergebnis einer aufschlussreichen Reise gelten, die ich im Anschluss an die Expedition des Dr. Riebeck 1881 im Golfe von Aden ausführte.
Die im Abschnitt V beschriebenen Überreste des als Unikum aus dem Alten Reich stammenden Stauwerks bilden in diesem Bande den einzigen Gegenstand, dessen Besichtigung für die Wintergäste des Landes leicht zugänglich erscheint. Glückliche Funde werden sich dort vielleicht noch machen lassen, um die von mir aufgeworfenen Fragen nach dem Ursprung und den Umständen zu beantworten, unter denen ein so ungewöhnlicher Bau – von so kurzer Dauer – entstand.
Abschnitt VI gibt die Beschreibung eines von mir entdeckten Tempels gelegentlich einer Reise im Umkreise von Fajum. Der Name „Schweinfurth-Tempel“ rührt selbstverständlich nicht von mir her, sondern wurde von Robert Brown in dessen Buch zum ersten Male angewendet.
Das Kapitel VII mit den römischen Steinbrüchen, die ich als erster ausführlich beschrieb, obgleich vor mir bereits mehrere Archäologen den Platz besucht hatten, bietet der ungelösten Fragen viele. Sie betreffen vor allem das ehemalige Vorhandensein verwickelter Röhrenleitungen und eines Pumpwerks, das ein in der Kulturgeschichte jener Zeit noch wenig aufgeklärtes Verfahren betrifft. Ich habe auch die Frage angeregt, wie Archimedes in Ägypten zur Idee seiner Schraube (der Wasserschnecke) gelangt sein kann.
Abschnitt VIII handelt von den Ausgrabungsergebnissen in Tripolis, die das römische Villenviertel von Hippone (Bona) freilegten. Diese Beschreibung erregte damals die Aufmerksamkeit Kaiser Wilhelms II., der den Ankauf der Mosaiken wünschte. Berliner Gelehrtenkreise setzten dem jedoch Widerstand entgegen, wegen der „zu späten“ Entstehungszeit der Mosaiken, und diese äußerst wertvollen antiken Kunstdokumente gelangten für nur 40.000 Franken in französischen Besitz.
Abschnitt IX zählt die Überreste auf, die heute noch im äthiopischen Süden an eine ägyptische Vergangenheit erinnern. Besonders ausführlich wird auf die Merkwürdigkeit des Salbkegels (d. i. Pomadenklumpen auf dem Haupt der Frauen) eingegangen.
Von den in Abschnitt X zusammengestellten Grabbauten, die ich als die einzigen Denkmäler der hamitischen Völker bezeichnete, habe ich nach eigenen Beobachtungen nur wenige ausführlich beschreiben können. Sie würden aber für Ethnologen eine lohnende Aufgabe zu eigenen Forschungsreisen darbieten. Von der 1865 entdeckten großen Gräberstadt Maman habe ich Abbildungen einzelner Bauten gegeben. Im gesamten Nilgebiet gibt es nichts Derartiges von gleicher Größe.
Was ich über die Wiederinbetriebsetzung der alten Goldminen der östlichen Wüste berichten konnte, betrifft schon die neueste Zeit. Zum Verständnis genügt das in der einleitenden Notiz zu XI Gesagte.
Georg Schweinfurth
Berlin-Schöneberg, Juli 1925
Nachschrift
Nachschrift
Es war dem greisen Verfasser nicht vergönnt, die Fertigstellung des Werkes zu erleben. Wohl haben ihm die Korrekturbogen noch vorgelegen, aber ehe zum Druck geschritten werden konnte, setzte der Tod seinem unermüdlichen Schaffen ein Ziel. Am Inhalt ist nachträglich nichts geändert worden; wir bringen genau nach den zu Lebzeiten Georg Schweinfurths uns übermittelten Weisungen dieses Werk heraus, das sein Schwanenlied geworden ist.
Berlin, im September 1925
Der Verlag
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Lebenslauf des Autors Georg Schweinfurth
Lebenslauf des Autors Georg Schweinfurth
Ich bin 1836 in Riga geboren, das in meiner Jugendzeit kaum den zehnten Teil seiner heutigen Bewohner hatte. Trotz der von vielen Russen und Letten bewohnten Vorstädte konnte man es eine durchaus deutsche Stadt nennen, und auf dem Gymnasium wurden, mit Ausnahme des Russischen, alle Fächer in deutscher Sprache gelehrt. Im Kreise meiner Geschwister und Verwandten habe ich nie russisch sprechen gehört, und ich erinnere mich nicht, dort je einen Nationalrussen verkehren gesehen zu haben. Mein Vater war aber Russland gegenüber von äußerst loyaler Gesinnung und hielt streng darauf, dass auch seine Kinder sich einer solchen befleißigten. Als Knabe habe ich mehrere Jahre in einer mitten in Livland gelegenen Erziehungsanstalt verbracht und später die oberen Klassen des Rigaischen Gymnasiums besucht. Frühzeitig ist in mir, durch das Lesen von Reisebeschreibungen angeregt, der Sinn für Forschungen und Entdeckungen in entlegenen