Feinde des Lebens. Johannes Anders

Feinde des Lebens - Johannes Anders


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es weiterlaufen.

      „Die Expedition meldete sich nicht mehr und in der Basis mussten wir ums Überleben kämpfen“, fuhr Amanda fort. „Als die Temperatur abstürzte, schafften es einige nicht mehr in die Leitzentrale, wo wir Raumanzüge haben. Aber auch die Anzüge retten uns nicht. Ich hänge alle gesammelten Daten an diese Holobotschaft.“ Dann wandten sich ihre Augen direkt in die Kamera und sie sagte: „Laurenz, ich liebe dich über alles!“

      Laurenz zitterte und griff nach Zayas Hand. „B-b-bin ich schuld?“, fragte er. „Ich habe mir fünf Anzüge genommen. Musste dafür jemand sterben? Hab ich Amanda auf dem Gewissen?“

      „Nein“, beruhigte ihn die Kommandantin. „Sie war auf der anderen Seite des Schotts.“

      „Ich hätte das Schott öffnen müssen!“

      „Das wäre nicht so einfach gegangen.“

      Aber vielleicht wäre es gegangen, meldete sich Coach Juli in Edens Gedanken. Wir sind ja auch durchgekommen.

       Mag sein. Aber wenn er sich schuldig fühlt, hilft das jetzt niemandem weiter, antwortete Eden. Hätte er sich nicht die fünf Anzüge genommen, dann hätte gar keiner überlebt, und ändern können wir auch nichts mehr.

      Laurenz ließ die Hand der Kommandantin los und sank zu Boden. Er verlor das Bewusstsein. Sie trugen ihn in den Krankenbereich.

      „Was ist mit ihm?“, fragte Zaya und beugte sich über ihn.

      „Es war alles zu viel für ihn“, antwortete ALLISTER, der sich als Bordarzt betätigte.

      „Weck ihn auf!“, verlangte Zaya. „Wir brauchen die Koordinaten dieses Alienschiffs! Die haben auf dem Stick leider gefehlt.“

      *

      Die Phönix brachte sie zur Landestelle des fremden Schiffes. Es war etwa halb so groß wie die und sah aus wie ein Oktaeder mit abgeschnittenen Spitzen. Die Sensoren maßen im Inneren keine Energie an.

      „Bei denen scheint auch alles tot zu sein“, mutmaßte Zaya.

      „Wir müssen uns das wohl ansehen“, sagte Eden.

      Sie stiegen in ihre Raumanzüge und schleusten sich in die Kälte aus. An dem fremden Schiff ließen sich keine Einstiegsluken erkennen.

      „Wir müssen ihnen wohl ebenfalls ein Loch in den Pelz brennen“, schlugdie Kommandantin vor.

      Eden erledigte das.

      Sie drangen in das Schiff ein, fanden allerdings keine Gänge, über die man sich fortbewegen konnte. Sie mussten sich zwischen Aggregaten und Kabelgewirr hindurchwinden und -quetschen. Ihre Helmkameras zeichneten alles auf.

      „Das Schiff hat keine Besatzung“, schlossCoach Juli aus dem Fehlen von Gängen, Räumen und Eingabegeräten. „Das ist eine Drohne!“

      „Für eine Drohne ist sie riesig groß“, befand Zaya.

      „Zu groß, um sie mitzunehmen und zu untersuchen. Wir müssen ein Wissenschaftsteam von Tyros anfordern.“

      „Dann brechen wir jetzt ab. Es hatkeinen Sinn, in den toten Eingeweiden dieses Planetenmörders herumzukriechen.“

      *

      Als sie wieder an Bord waren, hatte Laurenz sich erholt. Sie versammelten sich in dem kleinen Konferenzraum der MCLANE, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Holos des Vergifters wurden über den Konferenztisch projiziert.

      „Das ist ein Oktaeder des Grauens“, kommentierte Swo.

      „Man kann es nicht anders nennen“, pflichtete Eden bei.

      „Wir haben alle Daten über die Relaiskette an Tyros geschickt“, fasste Zaya den Stand der Dinge zusammen. „Und eine Nachrichtensonde ist mit einem weiteren Update zur MAGELLAN unterwegs. Mehr können wir nicht tun.“

      „Wir müssen mehr tun!“, verlangte Laurenz mit bebender Stimme. „Diese Mörder haben unsere Basis ausgelöscht! Sie haben meine Frau auf dem Gewissen. Wir müssen es ihnen heimzahlen!“

      Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird, meldete sich Coach Juli in Edens Gedanken.

      Das sagst du jetzt lieber nicht laut, antwortete Eden. Die Stimmung ist zu aufgeheizt für solche Sprüche.

      „Ich bezweifle, dass wir ihnen viel heimzahlen können“, wandte Swo ein. „Die Aufzeichnungen, die das Landungsteam aus dem Inneren der Drohne mitgebracht hat, lassen vermuten, dass sie uns technisch haushoch überlegen sind. Das Alienschiff wirkt auf mich wie ein Beiboot mit der Schlagkraft eines Mutterschiffs.“

      „Wollen wir uns etwa ohne Gegenwehr abschlachten lassen?“, geiferte Laurenz. „Planet um Planet?“

      „Natürlich nicht.“ Zaya versuchte, ihn zu beruhigen. „Aber es spricht auch nichts gegen ein überlegtes Vorgehen. Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird!“

      Siehst du?, dachte Coach Juli. Zaya kennt den Spruch auch. Woher stammt der nur?

      „Es spricht einiges dafür, aktiv zu werden“, erklang ALLISTERS Stimme. „Die Auslöschungen begannen im Unbekannten und haben sich bis zur Basis Kappa 2 ausgedehnt. Sie werden hier nicht Halt machen. Nach meiner vorläufigen Berechnung werden sie in 13,1 Tagen das Gebiet der Sternenlichtvereinigung erreichen.

      Eden erbleichte. Sie hatte zwar selbst keine Verwandten mehr, aber es war schlimm genug, dass die Familien der anderen in Gefahr gerieten. Sie erinnerte sich daran, wie freundlich sie von Zayas Familie bei ihrem Besuch im Tyrossystem aufgenommen worden war.

      „Dann nehmen wir den Kampf auf!“, befah lZaya.

      3

       Offene Rechnungen

      Eine kleine Rettungskapsel steuerte mit gleichbleibender Geschwindigkeit durch das All. Das defekte Mutterschiff war fernab aller Routen von der Einstein-Rosen-Brücke gefallen, dort, wo wohl noch nie zuvor ein Mensch gewesen war. Welten voller Wunder und Geheimnisse taten sich vor ihr auf. Aber das merkwürdige Wesen, das sie beherbergte, hatte dafür keinen Sinn.

      Eigentlich versetzten Rettungskapseln ihre Gäste in Kälteschlaf, damit sie möglichst lange durchhielten, bis sie irgendwann gefunden und geborgen wurden. Nur war das in diesem Fall nicht möglich, denn die komplizierte Physiologie des Wesens passte nicht in das einprogrammierte Schlafschema: Es war zur Hälfte ein Mensch und zur anderen Hälfte ein Roboter. So war das Wesen auch nach Monaten noch bei vollem Bewusstsein und trieb sich selbst in den Wahnsinn.

      Die biologische Seite des Wesens kannte keine Sprache. Sie dachte in Bildern und Gefühlen. Immer wieder tauchte das Bild eines riesigen scharfen Metallteils auf, das von oben herabraste und das Wesen wie ein Fallbeil in zwei Teile hackte. Immer wieder fühlte es die absolute Panik, den Adrenalinsturm im Körper. Dann der Schock, als sie aufwachte und ihre linke Seite verschwunden war, sie, die rechte Seite von Eden Sturm. Die Enttäuschung. Die Leere. Und der unzureichende Ersatz. Man hatte ihm eine Prothese mit einem Logikprozessor angeflanscht, der die Bilder und Gefühle anfangs nicht verstand, die sie sandte.

      Gesichter tauchten auf, die panischen Gesichter der Menschen, die sie für die Veteranenorganisation Gen-X getötet hatte. Nur als Killer hatte man sie noch akzeptiert. Omega hatte man sie genannt. Sie war das Letzte, was diese Menschen gesehen hatten. Sie war das Letzte. Kriegsmüll, den keiner brauchte. Angstverzerrte Fratzen. Überall!

      Dann das Wiedersehen mit ihrer linken Hälfte, ihrem anderen Ich. Als es nach Jahren plötzlich auftauchte, hielt es eine Waffe auf sie gerichtet. Auch ihr anderes Ich brauchte sie nicht mehr.

      Sie war Ausschuss.

      Sie war mit sich entzweit.

      Wieder sandte sie Bilder an den Logikprozessor. Das Mensch-Maschine-Interface hatte über die Jahre gelernt, sie in Sprache zu übersetzen. Biete mir Handlungsmöglichkeiten an!, schrie sie.

      Die Bilder kamen


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