Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen. Johann Wolfgang von Goethe

Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen - Johann Wolfgang von Goethe


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sich unter die Ruinen.

      Eilfter Auftritt

      DÄMON DER LIST zuversichtlich.

      Ja, gehe nur und sieh dich um!

      In unsrer Schöpfung magst du wohnen.

      Du findest alles still und stumm,

      Denkst du in Sicherheit zu thronen.

      Ihr brüstet euch, ihr unteren Dämonen;

      So mögt ihr wüten, mögt auch ruhn,

      Ich deut' euch beides heimlich an.

      Da mag denn jener immer tun

      Und dieser glauben, es sei getan.

      Ich aber wirke schleichend immerzu,

      Um beide nächstens zu erschrecken:

      Dich Kriegesgott bring' ich zur Ruh,

      Dich Sklavenfürsten will ich wecken.

      Zu dringen und zu weichen,

      Das ist die größte Kunst,

      Und so zu überschleichen

      Das Glück und seine Gunst.

      Die Wege, die sie gehen,

      Sie sind nach meinem Sinn;

      Der Übermut soll gestehen,

      Daß ich allmächtig bin.

      Ab.

      Zwölfter Auftritt

      DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG aus den Ruinen hervortretend.

      Es ist noch allzu frisch, man könnt' es wieder bauen;

      Die graue Zeit, wirkend ein neues Grauen

      Verwittrung, Staub und Regenschlick –,

      Mit Moos und Wildnis düstre sie die Räume.

      Nun wachst empor, ehrwürd'ge Bäume!

      Und zeiget dem erstaunten Blick

      Ein längst veraltetes, verschwundenes Geschick,

      Begraben auf ewig jedes Glück.

      Während dieser Arie begrünet sich die Ruine nach und nach.

      Nicht zu zieren – zu verdecken,

      Nicht zu freuen – zu erschrecken,

      Wachse dieses Zaubertal!

      Und so schleichen und so wanken,

      Wie verderbliche Gedanken,

      Sich die Büsche, sich die Ranken

      Als Jahrhunderte zumal.

      So sei die Welt denn einsam! aber mir,

      Dem Herrscher, ziemt es nicht, daß er allein:

      Mit Männern mag er nicht verkehren,

      Eunuchen sollen Männern wehren,

      Und halb umgeben wird er sein;

      Nun aber sollen schöne Frauen

      Mit Taubenblick mir in die Augen schauen,

      Mit Pfauenwedeln luftig wehen,

      Gemeßnen Schrittes mich umgehen,

      Mich liebenswürdig all' umsehnen,

      Und ganze Scharen mir allein.

      Das Paradies, es tritt herein!

      Er ruht im Überfluß gebettet,

      Und jene, die sich glücklich wähnen,

      Sie sind bewacht, sie sind gekettet.

      Dreizehnter Auftritt

      LIEBE ungesehen, aus der Ferne.

      Ja, ich schweife schon im Weiten

      Dieser Wildnis leicht und froh:

      Denn der Liebe sind die Zeiten

      Alle gleich und immer so.

      DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG,

      Wie? was hör' ich da von weiten?

      Ist noch eine Seele froh?

      Ich vernichte Zeit auf Zeiten,

      Und sie sind noch immer so! –

      Melodie jenes Gesangs, durch blasende Instrumente. Der Dämon zeigt indessen Gebärden der Überraschung und Rührung.

      Doch dein Busen will entflammen,

      Dich besänftigt dieser Schall?

      Nimm, o nimm dich nur zusammen

      Gegen diese Nachtigall!

      LIEBE tritt auf.

      Der Dämon ist zurückgetreten.

      Ja, ich walle gern im Weiten

      Dieser Pfade leicht und froh:

      Denn der Liebe sind die Zeiten

      Alle gleich und immer so.

      DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG.

      O, wie kommt sie da von weiten,

      Ohne Furcht und immer froh!

      LIEBE.

      Denn der Liebe sind die Zeiten

      Immer gleich und immer so.

      DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG zu ihr tretend.

      Wen suchst du denn? Du suchest wen!

      Ich dächte doch, du mußt ihn kennen.

      LIEBE.

      Ich suche wohl – es ist so schön!

      Und weiter weiß ich nichts zu nennen.

      DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG anständig zudringlich, gehalten und scherzhaft.

      Nun, o nenne mir den Lieben,

      Dem entgegen man so eilt.

      LIEBE.

      Ja, es ist, es ist das Lieben,

      Das im Herzen still verweilt!

      Der Dämon entfernt sich.

      Vierzehnter Auftritt

      Glaube hat die Schwester am Gesang erkannt, kommt eilig herbei, wirft sich ihr an die Brust. Liebe fährt in ihrem heitern Gesange noch eine Zeitlang fort, bis Glaube sich leidenschaftlich losreißt und abwärts tritt.

      GLAUBE.

      O liebste Schwester! Kannst du mich

      Und meine Leiden so empfangen?

      Ich irre trostlos, suche dich,

      An deinem Herzen auszubangen;

      Nun flieh' ich leider, wie ich kam,

      Mich abgestoßen muß ich fühlen:

      Wer teilt nun Zweifel, Kummer, Gram,

      Wie sie das tiefste Herz durchwühlen!

      LIEBE sich nähernd.

      O Schwester! mich so im Verdacht?

      Die immer neu und immer gleich

      Unsterbliche unsterblich macht,

      Die Sterblichen alle gut und reich.

      Von oben kommt mir der Gewinn –

      Die höchste Gabe willst du lästern?

      Denn ohne diesen heitren Sinn

      Was wären wir und unsre Schwestern!

      GLAUBE.

      Nein,


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