Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen. Johann Wolfgang von Goethe

Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen - Johann Wolfgang von Goethe


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Komm und gib mir deine Hand! Aller Groll höre unter uns auf, und feierlich entsag ich hier dieser zweiten Mandandane und vereine sie mit dir auf ewig! Er legt ihre Hände zusammen. Sei glücklich! Für sich. mit deiner geflickten Braut!

      PRINZ. Ich weiß nicht, wo mich die Trunkenheit der Wonne hinführt. Diese ist's, ich fühl ihre Nähe, die mich so lang an sich zog, die so lang das Glück meines Lebens machte! Ich fühl's, ich bin wieder in dem Zauberstrudel fortgerissen, der unaufhörlich von ihr ausfließt. Zu Mandandanen. Verzeih und leb wohl! Auf die Puppe deutend. Hier, hier ist meine Gottheit, die ganz mein Herz nach ihrem Herzen zieht!

      MANDANDANE die die Maske abwirft, zu Andrason.

      Laß uns den Bund erneuen,

      Gib wieder deine Hand!

      Verzeih, daß ich den Treuen,

      So töricht dich verkannt.

      PRINZ zur Puppe.

      Was, Menschen zu erfreuen,

      Die Götter je gesandt,

      Das Leben zu erneuen,

      Fühl ich an deiner Hand!

      MERKULO.

      Wie mir's ist, sag ich nicht!

      Als zögen uns die Wände ein Fratzengesicht!

      Himmel und Erde scheint uns Esel zu bohren,

      Wir sind unwiederbringlich verloren.

      MANDANDANE zu Andrason.

      Laß uns den Bund erneuen,

      Gib wieder deine Hand!

      Verzeih, daß ich den Treuen,

      So töricht dich verkannt.

      PRINZ zur Puppe.

      Was, Menschen zu erfreuen,

      Die Götter je gesandt,

      Das Leben zu erneuen,

      Fühl ich an deiner Hand!

      ANDRASON. Wenn je ein seltsam Orakel buchstäblich erfüllt worden, so ist's dieses, und alle meine Wünsche sind befriedigt, da ich dich so wieder in meinen Armen halte. Auf, Schwester, Kinder, Freunde! Laßt's nun an Lustbarkeiten nicht fehlen! Wir wollen unsers Glücks genießen, über die wunderbare Geschichte unsere stillen Betrachtungen anstellen – Mehr hervortretend, gegen die Zuschauer. – und von hundert Lehren, die wir daraus ziehen könnten, uns besonders diese merken: daß ein Tor erst dann recht angeführt ist, wenn er sich einbildet, er folge gutem Rat oder gehorche den Göttern.

      Ein großes Ballett zum Schlusse.

      Des Epimenides Erwachen

      Den Frieden kann das Wollen nicht bereiten:

      Wer alles will, will sich vor allen mächtig;

      Indem er siegt, lehrt er die andern streiten,

      Bedenkend macht er seinen Feind bedächtig.

      So wachsen Kraft und List nach allen Seiten,

      Der Weltkreis ruht von Ungeheuern trächtig,

      Und der Geburten zahlenlose Plage

      Droht jeden Tag als mit dem jüngsten Tage.

      Der Dichter sucht das Schicksal zu entbinden,

      Das, wogenhaft und schrecklich ungestaltet,

      Nicht Maß, noch Ziel, noch Richte weiß zu finden

      Und brausend webt, zerstört und knirschend waltet.

      Da faßt die Kunst, in liebendem Entzünden,

      Der Masse Wust; die ist sogleich entfaltet

      Durch Mitverdienst gemeinsamen Erregens,

      Gesang und Rede, sinnigen Bewegens.

      Erster Aufzug

      Ein prächtiger Säulenhof; im Grunde ein tempelähnliches Wohngebäude.

      Erster Auftritt

      DIE MUSE zwei Genien, der eine an einem Thyrsus Leier, Masken, geschriebene Rolle trophäenartig tragend, der andere einen Sternenkreis um sich her.

      In tiefe Sklaverei lag ich gebunden,

      Und mir gefiel der Starrheit Eigensinn;

      Ein jedes Licht der Freiheit war verschwunden,

      Die Fesseln selbst, sie schienen mir Gewinn:

      Da nahte sich, in holden Frühlingsstunden,

      Ein Glanzbild; gleich entzückt – so wie ich bin –

      Seh' ich es weit und breiter sich entfalten,

      Und rings umher ist keine Spur des Alten.

      Die Fesseln fallen ab von Händ' und Füßen,

      Wie Schuppen fällt's herab vom starren Blick,

      Und eine Träne, von den liebesüßen,

      Zum ersten Mal sie kehrt ins Aug' zurück;

      Sie fließt – ihr nach die Götterschwestern fließen,

      Das Herz empfindet längst entwohntes Glück,

      Und mir erscheint, was mich bisher gemieden,

      Ganz ohne Kampf, der reine Seelenfrieden.

      Und mir entgegnet, was mich sonst entzückte:

      Der Leier Klang, der Töne süßes Licht

      Und, was mich schnell der Wirklichkeit entrückte,

      Bald ernst, bald frohgemut, ein Kunstgesicht;

      Und das den Pergamenten Aufgedrückte,

      Ein unergründlich schweres Leichtgewicht;

      Der Sterne Kreis erhebt den Blick nach oben,

      Und alle wollen nur das Eine loben.

      Und Glück und Unglück tragen so sich besser,

      Die eine Schale sinkt, die andre steigt,

      Das Unglück mindert sich, das Glück wird größer,

      So auf den Schultern trägt man beide leicht!

      Da leere das Geschick die beiden Fässer,

      Der Segen trifft, wenn Fluch uns nie erreicht;

      Wir sind für stets dem guten Geist zuteile,

      Der böse selbst, er wirkt zu unserm Heile.

      So ging es mir! Mög' es euch so ergehen,

      Daß aller Haß sich augenblicks entfernte

      Und, wo wir noch ein dunkles Wölkchen sehen.

      Sich alsobald der Himmel übersternte,

      Es tausendfach erglänzte von den Höhen

      Und alle Welt von uns die Eintracht lernte;

      Und so genießt das höchste Glück hienieden:

      Nach hartem äußern Kampf den innern Frieden.

      Die Muse bewegt sich, als wenn sie abgehen wollte; die Kinder ziehen voran und sind schon in der Kulisse, sie aber ist noch auf dem Theater, wenn Epimenides erscheint; dann spricht sie folgende Stanze, geht ab, und jener kommt die Stufen herab.

      MUSE.

      Und diesen lass' ich euch an meiner Stelle,

      Der, früher schon geheimnisvoll belehrt,

      Als Mann der Weisheit unversiegter Quelle

      Und ihrem Schaun sich treulich zugekehrt,

      Nun freigesinnt, beinah zur Götterhelle


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