Tödliche Vetternwirtschaft. Irene Dorfner

Tödliche Vetternwirtschaft - Irene Dorfner


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irritiert. Was hatte der Mann mit diesem Haferstock zu tun? Er kannte Huber persönlich.

      „Richtig Chef. Huber und Haferstock waren befreundet. Nach dessen Aussage haben er und Haferstock zusammen an einem Projekt gearbeitet. Dabei soll es um einen Umbau eines alten Hotels in Braunau gehen, das Huber kürzlich erworben hat. Am Abend vor Haferstocks Tod wurden zwei Telefonate mit dem Anschluss Hubers geführt.“

      „Dafür gibt es ganz bestimmt eine einfache Erklärung. Vermutlich nur eine Zimmerreservierung.“

      „Das glaube ich kaum. Das erste Telefonat wurde 32 Minuten geführt, und das zweite 21 Minuten. Mit wem hat Haferstock gesprochen, wenn nicht mit Christian Huber?“

      „Huber hat eine Tochter, die am Empfang arbeitet,“ sagte Hans, der wie die anderen auch über die Länge der Telefongespräche überrascht war. „Ihr Name ist Margit und sie ist 19 Jahre alt. Sie ist im dritten Ausbildungsjahr zur Hotelfachfrau und soll einmal in die Fußstapfen ihres Vaters treten, zumal sie sein einziges Kind ist.“

      „Das stimmt so nicht ganz Chef. Huber hat auch einen Sohn, der ebenfalls im Hotel Alpenblick arbeitet. Was er genau macht, weiß ich nicht, aber ein Anruf im Hotel genügte und ich hatte meine Information. Der Name des Sohnes, der aus Hubers erster Ehe stammt, ist Karsten Huber. Er ist 26 Jahre alt und ist so etwas wie die rechte Hand seines Vaters. Das hatte ich so zumindest verstanden. Ob das der Wahrheit entspricht, ist fraglich. Wir sollten dringend mit ihm sprechen.“

      Krohmer wurde nervös, denn er hatte mehrfach mit Christian Huber bei den verschiedensten Anlässen gesprochen und ihm war nicht bekannt, dass Huber einen Sohn hatte. Warum? Von seiner Tochter Margit erzählte Huber immer wieder, er war sehr stolz auf sie, obwohl sie auf ihn nicht gerade den intelligentesten Eindruck machte. Aber sie war immer freundlich und höflich zu ihm gewesen. Warum hatte Huber ihm den Sohn verschwiegen?

      „Wir sind die Unterlagen des Architekturbüros der letzten 6 Monate durchgegangen, was nicht ganz einfach war, denn von diesem Metier verstehen wir überhaupt nichts,“ sagte Leo. „Wir haben das Objekt gefunden, von dem Huber gesprochen hat und das Viktoria vorhin erwähnte. Dabei geht es tatsächlich um den Umbau eines Hotels in Braunau, das Huber sehr günstig ersteigert hat. Daneben hat sich Haferstock mit einigen Neubauten und Umgestaltungen verschiedener Großprojekte beschäftigt, die sich bis nach München erstrecken. Haferstock war sehr fleißig und offenbar auch sehr gut in seinem Job, die Auftraggeber und Geschäftspartner sprechen nur gut von ihm.“ Krohmer nickte. Das war ihm alles bekannt, denn das wusste er alles schon von seiner Bekannten Susanne. „Allerdings haben wir ein Projekt entdeckt, das etwas aus dem Rahmen fällt. Haferstock hat einen Plan eines riesigen Freizeitparks am Rande Altöttings entworfen. So wie wir das verstanden haben, sind noch nicht alle erforderlichen Grundstücke gekauft worden und das Projekt ist noch in der Schwebe.“

      „Das soll vorkommen,“ murmelte Krohmer enttäuscht, denn er hatte sich mehr Informationen und Hinweise auf eine Gewalttat versprochen. „Ich glaube nicht, dass dieses Vorhaben für eine Morduntersuchung relevant ist.“

      „Auch nicht, wenn einer der Investoren dieses riesigen Projekts ein Christian Huber aus Mühldorf ist? Uns gegenüber hat er mit keinem Wort dieses Projekt erwähnt, obwohl den Unterlagen zufolge neben dem Plan bereits ein Großteil der benötigten Grundstücke erworben wurde. Die Sache läuft also bereits. Wir haben mit dem Grundbuchamt gesprochen und es ist tatsächlich so, dass die Grundstücke in den Besitz einer Investorengruppe übergegangen sind. Neben Christian Huber und dem Verstorbenen Gerald Haferstock sind Helmut Burgmeister und Dr. Theo Unger als Teile dieser Investorengruppe eingetragen. Um wen es sich bei den beiden Personen genau handelt, wissen wir noch nicht. Aber einen der Investoren kennen wir genau, bitte erschrecken Sie nicht: Die katholische Kirche.“

      „Das ist nicht Ihr Ernst!“ rief Krohmer, der Burgmeister und auch Unger kannte. „Burgmeister ist Geschäftsführer der Großmetzgerei Müh-Gro-Fleisch in Mühldorf und Dr. Unger ist Arzt in Altötting. Und die katholische Kirche beteiligt sich an diesem Freizeitpark? Sind Sie sicher?“

      „Natürlich bin ich mir sicher. Ich habe mich informiert: Die katholische Kirche, übrigens wie alle anderen Kirchen auch, investiert gerne Geld in lukrative Großprojekte. Dies ist gängige Praxis und nicht ungewöhnlich. Warum auch nicht? Wir kennen alle das momentane Zinsniveau, wodurch es sich kaum mehr lohnt, Gelder konventionell bei der Bank anzulegen. Und wie alle, die zu viel Geld haben, legt auch die Kirche gerne Geld gewinnbringend an. Manchmal risikoreich, was vielleicht den besonderen Nervenkitzel ausmacht. Die Kirchen investieren in Immobilien-Großprojekte wie etwa Gewerbegebiete, Mietshäuser, Theater- und Musicalgebäude und so weiter und so fort. Und eben auch in Vergnügungs-und Freizeitparks.“ Leo hatte bis vor wenigen Minuten noch mit der zuständigen Dame im Grundbuchamt telefoniert, deshalb waren sie zu spät gekommen. Die Dame war äußerst freundlich und hilfreich gewesen; und sie hatte unbürokratisch geholfen, denn auch die Polizei durfte nicht einfach so ohne entsprechenden Beschluss Einblick ins Grundbuch nehmen. Leo hatte ihr versprechen müssen, den erforderlichen Beschluss nachzureichen, was spätestens nach Nennung des Namens Christian Huber eine reine Formsache sein dürfte.

      „Das mag ja alles richtig sein. Aber im Wallfahrtsort Altötting? Hier bei uns auf dem Land?“

      „Warum nicht? Hier sind die Grundstückspreise noch erschwinglich. Was glauben Sie, warum große Vergnügungs- und Freizeitparks außerhalb gebaut werden? Bestimmt nicht, weil es in der Natur so schön ist, sondern weil die Grundstücke weit ab vom Sog der Großstädte noch bezahlbar sind. Und warum soll bei uns auf dem Land solch ein Park nicht funktionieren? Auch die Menschen hier wünschen sich Ablenkung und Vergnügen. Was spricht dagegen? Weil Altötting ein Wallfahrtsort ist? Unterschätzten Sie die Mengen von Touristen nicht, die neben der Wallfahrt dazugewonnen werden. Was glauben Sie, wie das dem Hotelgewerbe, der Gastronomie und vielen anderen Wirtschaftszweigen guttun würde.“ Hans fand diese Idee genial. Er würde es gern sehen, wenn hier in der Gegend mehr los wäre.

      „Das sehe ich alles ein und grundsätzlich ist die Idee ja nicht schlecht. Aber wie soll ein Wallfahrtsort wie Altötting und ein Freizeitpark zusammenpassen? Für mich beißt sich das, und zwar gewaltig.“ Krohmer bekam Zustimmung von Viktoria und sogar von Frau Gutbrod, die beide für solche Vergnügen nichts übrig hatten.

      „Entschuldigen Sie bitte, aber mir ist die ganze Diskussion um diesen Freizeitpark herzlich egal,“ unterbrach Fuchs die Diskussion. „Warum genau bin ich eigentlich hier?“

      „Sie haben den ganzen Sachverhalt mitbekommen. Wo würden Sie ansetzen?“

      „Ich? Wieso ich?“ Fuchs schrie beinahe, denn er war es gewohnt, Anweisungen entgegenzunehmen. Bisher wurde nicht von ihm verlangt, selbst Vorschläge zu unterbreiten.

      „Weil Sie auf Ihrem Gebiet genial sind. Wie würden Sie vorgehen?“

      „Gut, wie Sie wollen. Ich war bei den genauen Befragungen der Kollegen nicht dabei. Aber so, wie ich das sehe, dürften die bisherigen Ermittlungen für eine Durchsuchung des Architekturbüros und auch des Büros dieses Hoteliers auf keinen Fall ausreichen. Das Haus des Verstorbenen steht leer?“

      Hans nickte.

      „Sie sind sehr schlau Herr Fuchs. Wenn wir die Genehmigung von der Familie des Toten bekommen, könnten wir uns dort in aller Ruhe umsehen. Sie meinen, man könnte dort etwas fallrelevantes finden?“

      „Das kann ich natürlich nicht versprechen, aber es wäre zumindest eine Möglichkeit.“ Fuchs war nun erstaunlicherweise etwas freundlicher als sonst. Sollten sie den Mann öfter in Entscheidungen einbinden?

      „Das kläre ich sofort ab,“ sagte Hans und wählte die Nummer von Frau Haferstock und hatte Paula Ritter am Apparat. Da er wusste, wie sie für den Verstorbenen fühlte und dass sie auch an der natürlichen Todesursache zweifelte, entschied er spontan, sie auf seine Seite zu ziehen. Er erklärte ihr, worum es ging.

      „Ich spreche mit Frau Haferstock und rufe Sie zurück. Ich weiß, wie man die alte Dame nehmen muss. Heute hatte sie einen sehr guten Tag und ist nicht ganz so biestig wie sonst.“

      Es dauerte tatsächlich nicht lange und Paula Ritter rief zurück; sie


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