Geliebter Unhold. Billy Remie
aus. »Endlich zeigst du dein wahres Gesicht.«
Perplex zuckte Kacey zurück, dann begriff er und wandte sich mit einem ärgerlichen Schnauben ab.
»Muss hart sein, immer den gütigen Hirten zu spielen«, höhnte Riath weiter, »wenn man das Temperament eines Drachen in sich trägt.«
»Fick dich«, knurrte Kacey und starrte in die blauen Flammen des Geistfeuers.
»Ich sag´s ja«, meinte Riath hämisch.
Kacey ging zum Kamin und stützte sich am Sims ab. Vermutlich war die Vorrichtung nichts als Dekoration, denn wann brauchte man im schwülen Elkanasai schon einmal ein Feuer, wenn man nicht gerade so wie er bei jedem Windzug kurz vor dem Erfrieren stand? Doch Riaths Feuer war ohnehin kein normales Feuer, es brannte nur dort, wo sein Herr es wollte.
Kacey versuchte, sich zu beruhigen, er durfte sich nicht auf Riath einlassen, musste an Moral und Idealen festhalten, die ihn zu einem guten, besonnen Magister machten. Er trug Verantwortung, er durfte sich nicht von niederen Gefühlen wie Wut leiten lassen, selbst wenn er und Riath den gleichen Zorn teilten. Es ging nicht nur um das, was sie wollten.
Darum durfte es nicht gehen.
»Ich wollte nie, dass sie stirb.« Riath bewegte sich mit dem Kelch in der Hand ein wenig durch den Raum, kam aber nicht direkt näher. »Ich wollte sie nur dazu bringen, dass sie Carapuhr verlässt. Wie ich es dir versprochen habe, wollte ich sie nach Hause schicken, um sie von der Frontlinie wegzubekommen, damit dein Vater nicht länger an ein Bündnis mit dem Großkönig gebunden ist. Ich habe ihr Vertrauen gewinnen müssen, ja, ich habe sie als Freundin gewonnen, ja, wir mochten uns sehr, sie hat sich verliebt…«
»Du hast sie ausgenutzt.« Kacey packte den Sims immer fester. »Sie verführt.«
Riath stockte, im Augenwinkel sah Kacey sein aufblitzendes Grinsen. »Du bist eifersüchtig?«
Kacey starrte ihn fassungslos an. »Sie war meine Schwester!«
»Ich weiß.«
»Ich habe sie gemocht! Sie war… liebevoll und gütig … sie … sie war unschuldig, Riath! Und du… du hast sie absichtlich ins Verderben gestürzt, du…«
»Ich wollte nie, dass sie stirbt«, wiederholte Riath ruhig. »Und ich habe ihr nie etwas vorgespielt. Tatsächlich habe ich sie gewarnt, habe ihr erklärt, dass sie mein Herz nicht erreichen kann. Sie sagte, sie wüsste das, doch offensichtlich glaubte sie, sie könnte meine Liebe gewinnen. Entsprechend enttäuscht war sie, als es ihr nicht gelang.« Er sprach aufgebrachter, das Thema ging ihm nahe und er wollte sich nicht so einfach als ihr Mörder abschreiben lassen. Er sah Kacey tief und kalt in die Augen. »Ich wollte für sie sorgen, für sie und das Kind, das sie in sich trug, ich dachte, sie versteht, worum es geht, denn sich machte mir vor, sie würde auf Seiten der Zauberkundigen stehen, doch das war von ihr gespielt, um in meine Hose zu kommen. Nicht, dass ich mich darüber beschwere, ich hatte Spaß daran, keine Frage, auch wenn ich zu arrogant war zu begreifen, dass ihre Loyalität an eine erzwungene Ehe gebunden sein sollte. Ich habe sie beschützen wollen, Kacey, aber sie ist vor mir weggelaufen, als sie herausfand, dass ich sie nur von Carapuhr wegbringen wollte, und nicht die Absicht hegte, sie zur Frau zu nehmen. Sie floh, als sie die Wahrheit erfuhr. Nicht aus Angst, aus Rache.«
»Welche Wahrheit soll das sein?« Kacey versuchte, kein Mitleid für ihn zu empfinden. »Dass du in den Kopf eines Ziegenhirten eingedrungen, seinen Aberglauben ausgenutzt und ihn einen Krieg hast anzetteln lassen, in dem tausende Unschuldige starben?«
»Es waren nur hunderte. Und allesamt waren sie Nicht-Magier. Normalsterbliche. Hunderte weniger, die uns in die Leibeigenschaft zwingen wollen.« Riath zuckte mit den massigen Schultern, Kacey musterte ihn verachtend. »Was habe ich anderes getan als viele Prinzen vor mir? Ich versuchte, meine Feinde zu schwächen, um mein eigenes Volk zu schützen. So wie es jeder Herrscher tun würde. Verrate mir, was daran so abscheulich sein soll?«
Kacey wusste nicht, ob er schockiert sein sollte, denn ein Teil von ihm fing an zu begreifen und fühlte sich tatsächlich ein wenig wohler, ob der Zahl an Feinden, die sie nun weniger besaßen.
Doch war jeder Normalsterbliche auch gleich ein Magiegegner? Nein, so durften sie nicht denken und er wusste auch, dass Riath nicht so dachte. Es schien ihm mehr darum zu gehen, alle Barbaren auszulöschen.
»Das war alles nicht geplant«, sagte Kacey wieder kopfschüttelnd, »ich dachte, es ginge dir nur um Melecay…«
»Genau darum geht’s!« Riaths Stimme troff so stark vor Eiseskälte, dass Kacey ihn verstummt anblickte, weil er in seinem ganzen Leben noch nie so viel brennenden Hass in der Stimme eines anderen Mannes vernommen hatte.
»Genau darum geht es, Kacey!« Riath wischte mit der Hand durch die Luft, als wollte er die Welt beiseite wischen, um ein Blick auf sein Herz freizugeben.
Und was Kacey dort sah, war ein dunkles Schloss mit tausend Kammern.
»Ich muss ihn schwächen«, erklärte Riath als wäre Kacey ein Kind, mit dem er die Geduld verlor. »Um Melecays Macht zu untergraben brauchte ich einen Krieg, ich brauchte Chaos in seinem Land, und ich wollte das Bündnis mit Elkanasai kippen. Ich brauche das alles noch immer, aber solange er Drachen hat und wir nicht wissen, wie wir sie bekämpfen, hat er eine Übermacht und ist unantastbar!«
Kacey verschränkte die Arme vor der flachen Brust. »Du kannst einen König auch stürzen, ohne tausende Menschen zu opfern.«
»Das waren Krieger, Kacey, Barbaren, die ohnehin nichts anderes tun, als sich gegenseitig abzuschlachten«, gab er gnadenlos zurück. »Ich habe unter seinen Leuten Krieg angezettelt, um seine Macht zu schwächen. Ich habe Lohna verführt und wollte ihren Tod vortäuschen, um ihn und das Kaiserreich zu entzweien. Aber dann hat er versucht, Desith und Derrick zu vermählen, um deinen Vater an sich zu binden, weshalb ich versuchte, Desith zu vergiften.«
Kacey runzelte die Stirn. »Du warst das…« Er konnte es nicht fassen. »Du hast Lexi dazu gebracht, Desith Gift in den Wein zu mischen?!« Ihm sank das Herz, sein Gesicht wurde dunkel vor Zorn. »Mein Vater trank den Wein, Riath! Er wäre fast daran gestorben!«
Riath zuckte mit den Achseln. »Denkst du, du bist der Einzige, dem ich in meiner Verzweiflung schrieb? Lexi hasst den Großkönig so sehr wie ich, wir kamen einmal ins Gespräch, als Eagle ihn bei einem seiner Besuche in Nohva dabeihatte. Wir halten Schriftkontakt, oder haben ihn gehalten, bis er Scham und Schuld für seine Tat empfand und mich zum Pfeffer wünschte. Er hats verkackt und jetzt heult er rum. Er ist schwach.«
»Er ist nur ein Kind!«, verteidigte Kacey ihn. Und gleichzeitig wollte er fragen, warum Riath nicht ihn gebeten hatte.
Weil er dich kennt und weiß, dass du zu schwach für seine Vorgehensweise bist.
Oder weil er nicht gewollt hatte, dass du es ihm ausredest.
»Prinzen sind niemals Kinder, wir werden zum Regieren erzogen, und regieren bedeutet, zu morden, wenn es angebracht ist. Für die eigene Macht und für den Schutz des Volkes, denn man selbst ist der Schild, der niemals brechen darf.«
Er konnte ja so kalt sein, so… gnadenlos ehrlich.
»Wir sind mehr als das«, gab Kacey zurück und suchte Wärme hinter diesen kalten, grünen Augen.
Riath presste die Lippen aufeinander bis sie nur noch ein weißer, dünner Strich waren. »Tu das nicht, Kacey. Ich bin nicht der leidende Böse, ich muss nicht gerettet werden. Ich stehe ein für die Dinge, die ich tue und denke, wohlwissend, dass ich kein Vertreter des Friedens bin. Ohne Aufstand, ohne Kampf, werden wir uns nicht schützen können.«
Kacey verstand derweil gar nichts mehr, er schüttelte verwirrt den Kopf, sein Schädel brummte. »Aber du hast Desith… du hast geschrieben, dass du ihm geholfen hast. Warum wolltest du ihn nicht mehr töten?«
»Ich habe ihn beobachtet, aus nächster Nähe.« Riath zuckte mit den Achseln. »Ich hatte Desith für jemand anderen gehalten, als er wirklich ist. Es ging bei dem Giftanschlag auch weniger