Snørgl der Waldwicht. Betty Kamer

Snørgl der Waldwicht - Betty Kamer


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wir in einer Versammlung beschlossen, dass nach ihrer Verbannung Gosi dort seine Werkstatt einrichten sollte. Ich sage dir, wenn wir Gosi nicht hätten, würden wir wahrscheinlich alle auf dem Boden sitzen, schlafen und essen. Er ist es nämlich, der uns so wunderschöne Möbel fertigt und immer alles reparieren kann, was zu Bruch gegangen ist. Dafür lieben wir ihn alle sehr.

      Ganz oft verschönert uns Reifur die Möbel dann auch noch mit Moos. Darin ist er ein wahrer Meister.

      Doch anfänglich war ich etwas skeptisch, als Dellingur zu mir kam und mir den Einzug in die Baumwohnung von Allsvartur anbot. Alles an Allsvartur war schwarz. Seine Kleidung und auch die Einrichtung in seiner Baumwohnung. Wie schrecklich, findest du nicht auch? Es ist doch viel schöner, wenn man sich bunt kleidet und auch bunte Bilder an den Wänden hat oder etwa nicht?

      Denn 'Allsvartur' heißt in die Menschensprache übersetzt: der Tiefschwarze. Und ich sage dir, als ich die Wohnung zum ersten Mal betrat, sträubten sich mir die Haare unter meiner Wichtenmütze zu Berge.

      Mit der Kohle aus dem erkalteten Lagerfeuer hat er alles geschwärzt. Und ich meine wirklich alles: Sein Bett, den Tisch, die Wände, sein Regal und auch seinen Stuhl. Fürchterlich, ganz fürchterlich. Damit die Farbe hält und nicht bei jeder Berührung abfärbt, hat er alles in seiner Baumwohnung mit dem Harz aus den Bäumen überzogen. Es war immer so dunkel bei ihm, dass ihn niemand von uns besuchen mochte.

      Doch mit tatkräftiger Unterstützung durch meine lieben Wichtenfreunde haben wir diesen dunklen Ort in ein wahrhaft 'goldiges' zu Hause für mich verwandeln können. Gosi zum Beispiel, baute mir ratz fatz einen neuen Tisch mit zwei passenden Stühlchen und sogar auf meinen Wunsch hin in meine Leseecke ein richtig tolles Regal, in dem alle meine Bücher ihren Platz gefunden haben.

      Sogar der schüchterne Styggur (er wird in der Menschensprache Stügur ausgesprochen), der eigentlich nicht so gern mit uns anderen aktiv ist, schenkte mir eine alte, selbstgebastelte Lampe.

      Das Geschenk von Reifur war jedoch der Oberknaller: Er hatte extra für mich seinen alten Ohrensessel frisch mit Moos bezogen und mir noch zwei von ihm bestickte Kissen dazu überreicht. Oh, ich liebe es, mich in den Sessel mit der hohen Lehne und den dicken Kissen einzukuscheln. Der Bezug ist so herrlich weich, dass ich schon so manches Mal beim Lesen eingeschlafen bin.

      Und von Pokki habe ich zum Einzug eine große Platte voller selbstgebackener Wichtenkekse bekommen, von denen wir alle unbedingt Naschen mussten. Manche schmeckten nach wilden Erdbeeren, andere nach Nüssen. Am leckersten waren jedoch wieder einmal die Kekse, die nach Kräutern schmecken. Er probiert immer neue Rezepte aus und hat schon ein ganz dickes Buch darüber geschrieben. Darauf ist er natürlich sehr stolz und lässt uns immer mal wieder von seinen neuen Köstlichkeiten probieren. Aber ich verrate dir jetzt mal ein Geheimnis:

      Manchmal schmecken die auch überhaupt nicht oder sind total verkohlt und wenn er uns dann in seiner Vorfreude fragt, ob sie uns schmecken, nicken wir meist nur, um ja nicht schwindeln zu müssen. Aber verrate ihm das bitte nicht.

      Ach herrje, ich wollte dir ja eigentlich erzählen, warum mein zu Hause 'goldig' ist. Verzeih mir bitte, ich bin manchmal doch etwas schusselig und schweife beim Erzählen ab.

      Also: Es hatte sich in Wichteneile herumgesprochen, dass ich in die Baumwohnung von Allsvartur einziehen würde und nicht wenige waren entsetzt. Da war mir der Vorschlag von Gulltoppur, mir bei der Renovierung zu helfen, herzlich willkommen. Gulltoppur hat ein absolutes Händchen zum Anmischen von goldener Farbe. Er behauptet, dass er sie nach einem uralten und geheimen Wichtenrezept seiner Ur-Ur-Großmutter herstellt.

      So stand er mitten in meiner neuen Wohnung: mit einem großen Eimer dieser unfassbar schönen Farbe in der einen und einem zweiten Eimer mit weißer Farbe in der anderen Hand und ließ sich nicht davon abbringen, die Wände in Weiß, sowie so manches Möbelstück golden anzustreichen. Die goldene Farbe kannte ich zwar schon, war aber wieder einmal zutiefst beeindruckt. Am zweiten Eimer hing mein Blick aber richtiggehend fest.

      „Meine Güte, so eine weiße Farbe habe ich noch nie gesehen. Wo hast du die denn her?“, fragte ich ihn.

      „Weißt du, ich mische mir alle meine Farben selbst. Das haben wir in meiner Familie schon immer so gemacht. Wenn du zum Beispiel die Lichtfarben Blau und Grün mischst, bekommst du die Farbe Türkis. Mischt du hingegen Rot und Grün, so erhältst du die Farbe Gelb. Und nun halte dich fest: wenn du sie alle miteinander vermischst, also Blau, Grün, Türkis, Rot und Gelb entsteht die Farbe Weiß.“

      Da war ich tatsächlich baff und freute mich sehr, dass er es mir so gut erklärt hatte.

      Mein lieber Tamin brachte mir selbstgenähte orange-weiß karierte Gardinen und eine dazu passende Tischdecke, Pokki dekorierte meinen Esstisch, die Kommode und sogar eine im Baum befindliche Nische mit selbst gepflückten Blumensträußen aus wunderschönen Wald- und Wiesenblümchen. Gosi hatte mir ein Türschild mit meinem Namen darauf gebastelt und Pegjandi schenkte mir einen aus Stroh gefertigten Teppich.

      Meine neue Wohnung war perfekt.

Grafik 8

      Mein lieber Nachbar

      Oh nein, ich wollte doch eigentlich nach Galdur sehen, der ein Problem mit einem Knoten hat.

      Ts ... ts ... ts … Ich bin manchmal ein richtiger Schwätzer.

      So, nun werde ich aber wirklich flotten Schrittes zu ihm gehen.

      „Galdur, lieber Nachbar“, sagte ich, als ich um den Baum herumgelaufen war und ihn vor seiner Haustür auf dem Waldboden sitzen sah. „Kann ich dir behilflich sein?“

      „Jetzt sieh dir das einmal an, Snørgl. Ich habe heute von Svipdapur eine neue Hängematte bekommen und sie nicht gleich mit ihm zusammen aufgehangen, ich dummer Wicht. Ich musste ja unbedingt erst die herabgefallenen Blätter vor dem Baum zusammenkehren, damit ich mein Kissen wieder neu befüllen kann. Und nun hat sich alles verheddert und aus den Enden ist ein großer Knoten geworden. Kannst du mir bitte beim Entwirren helfen? Ich bin schön völlig genervt!“ sagte er, und hielt mir mit einem so verzweifelten Gesichtsausdruck die verwurschtelte Hängematte entgegen, dass ich laut auflachen musste.

      „Entschuldige, deinen Gesichtsausdruck sollte man echt malen! Ich kriege mich kaum noch ein“, sagte ich und schnappte mir gleichzeitig die Hängematte.

      Es dauerte tatsächlich eine ganze Weile, bis wir die Knoten gelöst und die Hängematte angebracht hatten.

      „Glaubst du, dass wir wirklich einmal alle zusammen auf Traumreise gehen können?“, fragte er mich, während wir gemeinsam vor seiner Wohnung auf den Baumstümpfen saßen, die Gosi bearbeitet hatte.

      „Also richtig vorstellen kann ich mir eigentlich nicht wirklich, wie das gehen soll. Aber ich hätte da schon richtig Lust drauf. Das wäre sicherlich ein riesiger Spaß. Meine letzte Traumreise liegt glücklicherweise zwar schon einige Zeit zurück, aber ich freue mich jedes Mal, wenn die Glückskinder wieder lächeln und ihre Sorgen vergessen haben. Aber verrate du mir lieber einmal, warum du dich vor ein paar Tagen mit Vökull gestritten hast.“

      Nachdenklich sah er mich an.

      „Wir haben nicht gestritten. Ich war nur ärgerlich auf ihn, weil er nicht aufhörte, Styggur zu verwichteln.“

      „Wieso? Was hat er denn gemacht?“

      „Ach weißt du, Styggur ist doch in Sóla verliebt und bekommt jedes Mal, wenn er sie sieht, einen roten Kopf, fängt an zu stottern und läuft schließlich davon. Es ist doch nicht in Ordnung, ihn ständig damit aufzuziehen und ihn lächerlich zu machen. Das hat mich geärgert und deswegen wurde ich wohl etwas lauter ihm gegenüber. Ich habe mich zwar kurze Zeit später bei ihm deswegen entschuldigt. Aber nur, weil ich laut war und nicht wegen dem, was ich ihm gesagt habe.“

      Da hatte er wirklich recht.


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