Verwehte Spuren. Franz Treller

Verwehte Spuren - Franz Treller


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      Grover ist zu erschöpft, um auch nur nach seiner Flasche greifen zu können, auch ihm bietet Heinrich die seinige.

      »Wo ist Jones?« stöhnte der starke Mann nach einem kräftigen Schluck.

      »Ist am Wald drüben sicher.«

      »Wird das Feuer hierher kommen, John?«

      »Prairiefeuer gleich aus Wald nicht brennen zu naß. Sieh,« und er deutete nach oben, »schon weniger Rauch.«

      Und in der Tat zogen die Dampfwolken schon lichter vor dem Nordwind einher.

      Schweigend blieben die Männer noch eine Weile liegen.

      Heller und heller wurde der Himmel, klarer und klarer die Luft, der Wind wehte bereits weniger heftig, und mit Entzücken sog die Brust den balsamischen Odem des Frühlingstages ein.

      Jones kam heran, sein Pferd führend: »Hallo, Grover! Wie steht's, Mann? Kalkuliere, habt ein Wettrennen gemacht.«

      »War hart an uns, Jones, ist ein Fakt.«

      »Sind heraus, Bill Grover, ist auch ein Fakt.«

      »Wie gefiel's Euch, Fremder? Kalkuliere, habt so was in Eurem alten Deutschland nicht.«

      »Nein, Herr, geht friedlicher bei uns zu.«

      Jones, der trotz der mißglückten Jagd und der überstandenen Gefahr, da er sich wieder im Besitz seiner Pferde wußte, guter Laune war, lachte: »Ja, Mann, seid im alten Mich, an der Grenze, ist noch wildes Land, muß noch manches anders werden, ehe es aussieht wie bei Euch. Kalkuliere, war eine tolle Frolic, aber habt gesehen, wie es manchmal bei uns zugeht, müssen uns selbst unsrer Haut wehren gegen blutige Schurken und gegen die Elemente.«

      Grover stieß einen kräftigen Fluch aus: »Daß die Hunde uns entkommen sind, Jones, jammerschade!«

      »Kalkuliere, war nichts zu machen, Grover, nimm's kaltblütig, Mann, laufen uns doch noch in die Finger. Komm mal her, John,« rief er dem absteigenden Indianer zu und reichte ihm, als dieser herankam, die Hand, eine Ehre, welche der Indianer zu würdigen wußte: »Dir verdanken wir's, Rothaut, daß unsre Knochen nicht auf der blutigen Prairie verkohlen. Wenn deine indianische Nase nicht war, kamen wir bei dem Winde und dem Dampfe nimmer heraus. War dicht hinter uns, Grover, der Sensenmann. Will dir was sagen, John, wenn du Bill Jones einmal brauchen kannst, dann komm nur zu ihm, verstehst du? Und dann habe ich da noch ein altes Schießeisen zu Hause,« er meinte eine zwar alte, aber vortreffliche Waffe. »Hast oft geliebäugelt damit, wenn wir einmal zusammen jagten, die Rifle ist dein, John, kannst sie dir holen. Ist für deine Dienste gestern und heute.«

      Des Indianers Augen funkelten in heller Freude, das war ein gar wertvolles Geschenk für ihn.

      »Und wenn du das verdammte Saufen lassen könntest, dann wärest du ein ganzer Kerl.«

      »Danke, Jones,« sagte er, »gute Rifle, freut sehr Jägerherz.«

      »Daß die Bursche uns entkommen sind,« knurrte Grover, »ich hätte so gern einem von ihnen den Schädel eingeschlagen.«

      »Sind Bestien,« sagte Jones, »verzweifelte Schurken, hatten Glück diesmal, aber entlaufen dem Galgen doch nicht. Seht Ihr, Fremder,« wandte er sich an den Grafen, »müßt nicht denken, daß wir unvorsichtige Leute sind, die sich blindlings in Gefahr begeben und andre mit hineinreißen. War das Feuer nicht möglich, wenn nicht der Wind nach Norden umgesprungen und so stark gewesen wäre. Waren auch zu nahe hätten sonst ein Gegenfeuer anzünden können. Habt gesehen, selbst der erfahrene Indianer fürchtete solche Gefahr nicht. Freilich hatte seine Spürnase die Sache zuerst weg. Ich glaube, diese roten Leute riechen ebenso weit als sie sehen. He, John?«

      »Riechen gut, riechen Dampf, sehen ihn wissen, daß Gras anzünden. Reiten weg, nicht kämpfen gegen Feuer.«

      »Richtig, da hört die Menschenkraft auf. Und dein Freund Morris ist dir entkommen.«

      »Er besser Pferd, ihn noch einholen, später.«

      »Will ich von Herzen wünschen.«

      »Was ist nun zu tun, John?« fragte Grover.

      »Reiten nach Haus, legen auf Ohr und schlafen!«

      »Nichts mehr zu machen?«

      »Prairie heiß ganzen Tag noch morgen noch nicht weiter Spitzbuben fort.«

      »Ist ein Jammer, ist ein Jammer.«

      »Kalkuliere, Fremder, ist eine andre Art Krieg, als Ihr da im blutigen Frankreich geführt habt? He?«

      »Ja,« sagte der Graf, der jetzt, wo nach der Aufregung und heftigen Bewegung Ruhe eingetreten war, die unsanft zugefügten Verletzungen fühlte, welche die Folgen seines Ringens mit Morris waren, »sie entspricht dem Lande und seinen Verhältnissen. Aber ich sehe mit Freude, welch geschickte und tapfere Kämpfer auf diesem Boden erwachsen. Sind Männer hier.«

      »Kalkuliere, sind,« lachte Jones, »wissen sich zu wehren.«

      Heinrich, der, als er die Gefahr, welche seinen Herrn bedrohte, erst erkannte, in Todesangst die wilde Flucht vor dem Feuer mit angesehen hatte, eine Angst, die sich steigerte, als der Dampf die Reiter einhüllte, war körperlich frisch, aber immer noch sehr bewegt und beschäftigte sich mit rührender Treue um seinen Herrn, ihm kleine Dienste leistend, um sein Lager möglichst bequem zu machen, wiederholt nach seinem Befinden sich erkundigend, von den noch vorhandenen Vorräten anbietend, die aber der erschöpfte junge Mann ablehnte. Während er so um ihn beschäftigt war, traf sein Auge einen zierlichen Wapitihirsch, welcher sich etwa hundert Schritte von ihnen erhoben hatte und sicherte. Das Tier, wahrscheinlich auch vor dem Feuer entflohen und hier Rast suchend, stand schußgerecht. Eine schnelle Bewegung brachte die Büchse in Heinrichs Hand, sie lag an der Wange ein Krach hoch ansteigend fiel das Tier im Feuer.

      Alle sprangen erschreckt empor.

      »Was gibt's?« fragte hastig der Graf.

      »Ein Hirsch, er liegt,«

      Beruhigt setzten sie sich wieder und Jones lachte. »Das ist gut, den Braten können wir brauchen.«

      Heinrich brach das Tier rasch auf, brachte die Beute heran und mit Hilfe des Indianers loderte bald ein Feuer empor und der Duft des schmorenden Hirschfleisches füllte einschmeichelnd die Luft.

      »Hallo, Boys!« ertönte eine kräftige Stimme, »nennt ihr das Jagd machen?«

      Es war Weller, welchem in einiger Entfernung seine Gefährten folgten.

      »Hoho! der Konstabel, der hat den Braten gerochen der hat eine Nase.«

      »Habe wenigstens den Rauch des Feuers gesehen, aber ist gut, Leute, haben einen bärenmäßigen Hunger. Was war das für ein Dampf?«

      Man gab ihm rasch Kenntnis von den Vorfällen.

      »Schade, schade, daß die Schufte entkommen sind. Müssen rasch Botschaft an den White River senden und die Leute dort vor ihnen warnen. War nichts zu machen. Männer, haben getan, was wir konnten. Ist ein Fakt.«

      Die von dem wilden Ritt Erschöpften hatten sich bald wieder erholt und in kurzer Zeit saßen sie sämtlich um das Feuer und sprachen dem duftenden Braten kräftig zu.

      »Jetzt,« sagte der Indianer, »Grover, gib Rum, Jagd aus.«

      Von allen Seiten bot man ihm die Jagdflaschen, von denen einige noch gut gefüllt waren, an. Er nahm die von Grover und leerte sie in einem Zuge.

      »Ah, Rum gut.«

      »Na ja,« brummte Grover, »wenn wir zu Hause sind, wird's wohl wieder losgehen. Schade um den Mann.«

      Sie ruhten aus und traten dann, nachdem auch Miller mit den aufgesammelten Pferden Jones' sich ihnen angeschlossen hatte, den Heimweg den Muskegon entlang an. Unterwegs wurden die Männer, welche an der Furt des Sumpfes Wache hielten, aufgenommen und dann am Ufer des Flusses die Nacht zugebracht. Am andern Tage trafen alle, erschöpft, aber sonst wohlbehalten, von der vergeblichen Jagd in der Heimat wieder ein.


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