Der Pfadfinder. James Fenimore Cooper

Der Pfadfinder - James Fenimore Cooper


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Werk der Vorsehung und was das unsere ist. Hst! dort kommt Eau-douce gewatet. Was er doch für ein verständiger Junge ist, seine Fährte dem Wasser zu überlassen! Nun wir werden bald sehen, ob unser Versteck zu Etwas gut ist, oder nicht."

      Jasper war wirklich von seiner Verrichtung zurückgekehrt, und da er die Kähne vermißte, so folgerte er, daß sie sich unter der nächsten Wendung des Flusses verborgen hätten, in der sie von dem Feuer aus nicht bemerkt werden konnten. Seine gewohnte Vorsicht hatte ihn veranlaßt, im Wasser fortzugehen, um nicht eine Verbindung der Spuren, welche von der Gesellschaft am Ufer zurückgeblieben waren, und des Platzes, wo er ihren neuen Zufluchtsort vermuthete, erkennen zu lassen. Würden dann die Canada-Indianer auf ihrer eigenen Fährte zurückkehren, und die Spuren, welche der Pfadfinder und Serpent bei Gelegenheit ihrer Besprechung und Untersuchung hinterlassen hatten, bemerken, so mußten sie den Schlüssel zu diesen Bewegungen verlieren, da keine Fußstapfen sich dem Wasser aufdrücken. Der junge Mann war deßhalb von diesem Punkt aus knietief im Wasser gewatet, und machte nun langsam seinen Weg am Rande des Stromes abwärts, um die Stelle zu suchen, wo die Kähne verborgen lagen.

      Wenn diejenigen, welche sich hinter dem Gebüsche befanden, ihre Augen näher gegen die Blätter brachten, so konnten sie manche Stelle finden, welche ihnen einen Durchblick gestattete, indeß dieser Vortheil in einiger Entfernung wieder verloren ging. Mochte dann auch ein Auge auf einige solcher Oefnungen fallen, so wurde doch durch das Ufer und den Schatten des Gebüsches vermittelt, daß die Gestalten und Umrisse unserer Flüchtlinge keiner Entdeckung ausgesetzt waren. Unsere Gesellschaft, die sich nun in die Kähne begeben hatte und aus ihrem Versteck hervor Jaspers Bewegungen beobachtete, erkannte bald, daß ihm die Stelle, wo Pfadfinder sich verborgen, entging. Als er um die Krümmung des Ufers gekommen war und die Aussicht nach dem Feuer hin verlor, hielt der junge Mann an, und begann das Ufer mit Bedacht und Vorsicht zu untersuchen. Gelegentlich ging er wieder acht bis zehn Schritte weiter, und hielt dann einmal an, um sein Suchen zu erneuern. Das Wasser war viel seichter als gewöhnlich, und er ging an der Seite desselben hin, um sich seinen Spaziergang zu erleichtern, wobei er der künstlichen Plantage so nahe kam, daß er sie mit seinen Händen hätte erreichen können. Aber er entdeckte nichts, und war eben daran, seinen Weg weiter fortzusetzen, als der Pfadfinder eine Oeffnung in die Zweige machte, und ihn mit gedämpfter Stimme eintreten hieß.

      „Es ist ganz gut so," sagte der Pfadfinder lachend, „obgleich die Augen eines Blaßgesichts von denen einer Rothhaut so verschieden sind, wie die Fernröhren unter einander. Ich wollte mit des Sergeanten Tochter ein Pulverhorn gegen einen Wampumgürtel wetten, daß ihres Vaters Regiment an unserer Einsiedelung vorbeimarschiren könnte, ohne je die List auszufinden. Aber wenn die Mingo's wirklich, wie Jasper, in dem Bette des Flusses herunter kämen, so würde ich für diese Anpflanzung zittern. Ueber den Fluß hinüber mag sie wohl ihre Augen täuschen, und in sofern nicht ohne Nutzen sein."

      „Glaubt Ihr nicht, Meister Pfadfinder," sagte Cap, „daß es das Beste wäre, uns auf den Weg zu machen und so schnell als möglich stromabwärts zu segeln, so bald wir gewiß wissen, daß diese Schufte in unserm Stern sind? Wir Seeleute nennen eine Sternjagd eine lange Jagd."

      „Ich möchte mich mit des Sergeanten Tochter nicht um alles Pulver, welches im Fort da unten liegt, von der Stelle rühren, bis wir etwas von Serpent gehört haben. Sichere Gefangenschaft oder gewisser Tod würden die Folge sein. Wenn so ein zartes Schmalthierchen wie das Mädchen, welches wir zur Fracht haben, sich durch die Wälder finden könnte, wie ein alter Hirsch, so möchte es allerdings angehen, die Kähne zu verlassen, denn auf einem Umweg könnten wir die Garnison noch vor Anbruch des Morgens erreichen."

      „Dann thut es," sagte Mabel, rasch unter dem plötzlichen Einfluß erweckter Energie aufspringend. „Ich bin jung, behend, an Anstrengung gewöhnt, und möchte es leicht meinem lieben Onkel zuvorthun. Ich will durchaus kein Hinderniß sein, und könnte es nicht ertragen, daß euer Aller Leben um meinetwillen gefährdet sein sollte."

      „Nein, nein, gutes Kind! wir halten Sie keineswegs für ein Hinderniß oder eine Belästigung, und würden gerne uns noch einmal dieser Gefahr unterziehen, um Ihnen und dem wackern Sergeanten einen Dienst zu leisten. Ist das nicht auch Eure Meinung, Eau-douce?"

      „Ihr einen Dienst zu leisten?" rief Jasper mit Nachdruck. „Nichts soll mich bewegen, Mabel Dunham zu verlassen, bis ich sie sicher in ihres Vaters Armen weiß!"

      „Wohl gesprochen, Junge; brav und ehrenhaft gesprochen, und ich stimme bei mit Herz und Hand. Nein, nein, Sie sind nicht die erste Ihres Geschlechts, welche ich durch die Wälder geleitet habe, und keine hat dabei je Schaden genommen mit Ausnahme einer Einzigen. Das war freilich ein trüber Tag; aber seines Gleichen wird wohl nicht wieder kommen."

      Mabel blickte von einem ihrer Beschützer auf den andern, und ihre schönen Augen schwammen in Thränen. Sie reichte jedem ihre Hand und sprach, obgleich anfangs mit erstickter Stimme:

      „Ich thue Unrecht, Euch um meinetwillen der Gefahr auszusetzen. Mein theurer Vater wird es Euch danken. Auch ich danke Euch — Gott vergelte es Euch; aber laßt uns hier nicht unnöthiger Weise die Gefahr erwarten. Ich kann wohl gehen, und bin oft in mädchenhafter Laune meilenweit gegangen. Warum sollte ich es jetzt nicht können, da es mein Leben — nein, da es Euer kostbares Leben gilt?"

      „Sie ist eine treue Taube, Jasper," sagte der Pfadfinder, indem er ihre Hand so lange festhielt, bis das Mädchen selbst aus angeborner Bescheidenheit die Gelegenheit ersah, sie zurückzuziehen: „und wunderbar einnehmend! Wir sind in den Wäldern rauh und bisweilen auch hartherzig geworden, Mabel, aber ein Anblick, wie der Ihrige, erweckt unsere jugendlichen Gefühle wieder, und thut uns wohl für den Rest unserer Tage. Jasper wird dasselbe sagen; denn wie ich in den Wäldern, so sieht Jasper auf dem Ontario wenige von Ihres Gleichen, die sein Herz zu erweichen und ihn an die Liebe seines Geschlechtes zu erinnern vermöchten. Sprecht selbst, Jasper, und sagt, ob es nicht so ist."

      „Ich zweifle, ob viele wie Mabel Dunham irgendwo gefunden werden können," entgegnete der junge Mann artig und mit einem Blicke voll ehrlicher Aufrichtigkeit, welcher mehr als seine Zunge ausdrückte. „Ihr braucht nicht die Seen und Wälder herauszufordern; ich möchte lieber die Städte und Ansiedlungen darum befragen."

      „Wir würden besser thun, die Kähne zu verlassen," erwiederte Mabel hastig; „denn ich fühle, es ist nicht länger sicher hier."

      „Ihr könnt nicht fort von hier, in keinem Fall. Wir hätten einen Marsch von mehr als zwanzig Meilen vor uns, durch Dickicht und Sümpfe, und noch obendrein in der Finsterniß. Auch gäbe unsere Gesellschaft eine breite Fährte, und wir dürften Allem nach unsern Weg in die Garnison erkämpfen müssen. Wir wollen auf den Mohikan warten."

      Nach dieser Entscheidung des Mannes, von dem Alle in der gegenwärtigen gefährlichen Lage Rath erwarteten, wurde nichts mehr über diesen Gegenstand gesprochen. Die Gesellschaft bildete nun Gruppen. Arrowhead und sein Weib saßen abgesondert unter dem Gebüsche, und besprachen sich mit leiser Stimme, der Mann mit Ernst, das Weib mit der unterthänigen Sanftmuth, welche die herabgewürdigte Lage des Weibes eines Wilden bezeichnete. Pfadfinder und Cap hatten in einem der Kähne Platz genommen, und schwatzten von ihren verschiedenen Abenteuern zu Wasser und zu Land, während Jasper und Mabel in dem andern saßen, wobei ihre Vertraulichkeit in einer Stunde größere Fortschritte machte, als dieses unter andern Umständen vielleicht in einem Jahre der Fall gewesen wäre. Ungeachtet ihrer bedrängten Lage verging ihnen die Zeit schnell, und besonders die jungen Leute waren nicht wenig verwundert, als ihnen Cap mittheilte, wie lange sie sich in dieser Weise beschäftigt hätten.

      „Wenn man rauchen könnte, Freund Pfadfinder, so möchte dieser Raum behaglich genug sein; denn um auch dem Teufel sein Recht wiederfahren zu lassen, Ihr habt die Kähne hübsch eingebuchtet und in eine Rhede gebracht, die dem Passatwinde trotzen würde. Das einzige unbequeme ist, daß man von seiner Pfeife soll keinen Gebrauch machen können."

      „Der Tabaksgeruch würde uns verrathen, und welchen Vortheil hätten wir von allen gegen die Augen der Mingo's gerichteten Vorsichtsmaßregeln, wenn ihnen ihre Nase sagte, wo unser Versteck zu finden ist? Nein, nein, unterdrückt Eure Begierden, unterdrückt sie, und lernet eine Tugend von der Rothhaut, welche eine ganze Woche des Essens vergessen kann, um einen einzigen Skalp zu erbeuten.


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