Die erfundene Armut. Alex Bergstedt

Die erfundene Armut - Alex Bergstedt


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40.000 Einwohnern. Die meisten Menschen verdienen in Monaco viel mehr als im benachbarten Frankreich und auch als in Deutschland. Lehrer, Kellner, Handwerker oder Hotelangestellte verdienen teilweise sogar das Doppelte. Aber das Durchschnittseinkommen liegt in Monaco bei über 12.000 Euro im Monat, da ein Drittel der Bevölkerung Millionäre sind und auch einige Milliardäre dort leben. Die mit 60% davon definierte Armutsgrenze liegt also bei 7200 oder 7300 Euro, das gilt wohlgemerkt pro Kopf. Verdient ein alleinstehender Lehrer 7400 Euro, liegt er knapp über der Grenze, hat er aber ein Kind, das noch nichts verdient, haben sie pro Kopf 3700 Euro, sind also weit unter der Armutsgrenze. Man kann also sagen, dass die Armut und besonders die Kinderarmut in Monaco weit verbreitet sind. Es gibt wesentlich mehr Armut in Monaco als in Deutschland, rund die Hälfte aller monegassischen Kinder gelten als arm. Sie leben zwar mit allem Komfort und ihre Eltern haben teure Autos, aber sie gelten als arm.

      Eigene Berechnung

      Wenn man solche Geschichten hört, muss man sich natürlich fragen, ob es wirklich angemessen ist, dass der Wohnsitz darüber entscheidet, ob jemand arm oder reich ist. Andererseits kann man auch nicht alle Bürger der ganzen Welt miteinander vergleichen, denn in manchen Gegenden ist es unmöglich, mit 300 Euro im Monat zu überleben, in anderen schon. In sehr kalten Gegenden muss viel Geld in Heizung und solides Wohnen gesteckt werden, während in immerwarmen Gegenden ein Häuschen im Stile eines gepflegten deutschen Kleingartens bereits vielen vollkommen genügt.

      Man muss also differenzieren, aber nicht nach Wohnort, sondern danach, ob eine Person mit der ihr zur Verfügung stehenden Geldmenge ihren Lebensunterhalt bestreiten kann.

      Dazu muss dann aber natürlich zunächst definiert werden, was zum Lebensunterhalt gehört. Unbestritten natürlich die Ernährung. Aber dürfen es nur Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln und einfaches Brot sein, oder kann auch ein Mensch als arm betrachtet werden, der sich teure Fertigprodukte kauft oder sein Essen beim Döner oder MacDonald holt, oder aber hochwertige Bioprodukte kauft?

      Sollte man zudem berücksichtigen, dass manche Menschen, zum Beispiel Diabetiker oder Allergiker, oft teurere Lebensmittel benötigen?

      Also was braucht ein Mensch, um sich so zu ernähren, dass man nicht denken muss, er sei arm, wenn man seine Ernährungsgewohnheiten sieht? In Deutschland sind die Einkaufspreise überall fast gleich, jedenfalls die Preise in den Supermärkten sind in entlegenen Gegenden die Gleichen wie in den Großstädten. Wo läge die Armutsgrenze bei der Ernährung in Deutschland? Hundert Euro? 300 Euro? 600 Euro?

      Natürlich braucht der Mensch auch ein Dach über dem Kopf. Und da schwanken die Mietpreise natürlich von Region zu Region sehr stark. Mancher hat auch einfach Glück und ergattert etwas Preiswertes oder hat eine eigene Wohnung.

      Welche sonstigen Bedürfnisse muss man noch berücksichtigen? Schulgeld? Kann ein Mensch als arm gelten, wenn er sein Kind auf eine Privatschule schickt? Versicherungen? Welche Versicherungen kann oder sollte ein Mensch haben, der aber trotzdem noch als arm gelten soll?

      Wieviel Geld kann bzw. sollte er für Vergnügungen zur Verfügung haben, also Kino, Theater, Konzerte, Fernsehen, Gesellschaftsspiele, Handy, Streaming, Reisen, Freizeitspaß, Restaurants, neue Bücher usw.

      Schließt das auch Vergnügungen ein, die von vielen anderen Menschen abgelehnt werden wie zum Beispiel Rauchen, Bordellbesuche, Tätowierungen, gesundheitsschädigende Süßigkeiten, Computerspiele usw.? Kann ein Mensch als arm bezeichnet werden, wenn er Waschmaschine, Geschirrspüler, Fernseher, Computer, Handy und mehr besitzt, oder gilt er nur als arm, wenn er per Hand wäscht und lediglich ein einfaches Radio besitzt? Erst wenn alle diese Faktoren abgeklärt sind, kann man überhaupt eine Grenze ziehen, unterhalb derer jemand in den Augen eines anderen als arm gelten könnte.

      Jeder Mensch hat andere Erfahrungen gemacht. Ich persönlich habe zum Beispiel die Erfahrung gemacht, dass ein alleinstehender Mensch für Grundnahrungsmittel im Monat 50 Euro braucht. Ich persönlich komme sogar mit 30 Euro aus, allerdings werde ich oft von meinen Musikschülern zum Essen eingeladen, so dass ich bestimmt so vier bis fünf Mahlzeiten pro Woche spare.

      Ich esse gerne Müsli, und zwar in großen Portionen von über 1000 kcal pro Mahlzeit. Dazu kaufe ich im Monat etwa 10 Packungen Haferflocken und 10 Liter Vollmilch. Das kostet alleine schon 13 Euro. Die Milch ist Vollmilch und kann daher mit Wasser 1 zu 1 verdünnt werden, so wie es das Kochbuch von Dr. Oetker ohnehin empfiehlt. Das schmeckt allerdings nur gut, finde ich, wenn Obst ins Müsli geschnitten wird, dann macht das Wasser den Geschmack frischer, ähnlich wie bei mit Wasser gemischtem Saft.

      Obst kann man in Deutschland kostenlos bekommen, indem man zum Beispiel die frei herumstehenden Obstbäume nutzt und die Früchte einlagert. Allerdings gibt es Leute, die so gebrechlich sind, dass sie kein Obst selbst ernten können, oder die über keinen Ort verfügen, an denen sie das im Herbst geerntete Obst kühl genug lagern können. So sollte man sicherheitshalber jeden Tag zwei Stücke Obst kaufen können, das würde jedoch mit 15 Euro im Monat zu Buche schlagen, selbst wenn immer günstige Angebote genutzt würden. Dazu kommen etwa 7 Kilo Brot, normalerweise so 9 Euro. Davon alleine könnte man bereits satt werden, und die Ernährung wäre sogar vitaminreich und gesund, aber man würde sicherlich als arm gelten, wenn man sich so ernährte. Zwei Stücke Obst sind auch nicht gerade viel für eine gesunde Ernährung, auch wenn viele Menschen noch viel weniger Obst essen.

      Zum Brot sollte auch Aufschnitt gehören, man bräuchte also einen Topf Margarine oder Butter sowie Aufschnitt. Das Billigste wären drei Packungen Frischkäse. Wir lägen jetzt schon bei 40 Euro, hätten also noch 10 Euro für Gemüse oder mal eine Abwechselung wie Fleisch, Honig, Fisch usw.

      Wer lieber warmes Essen möchte, kann natürlich auch Kartoffeln, Nudeln oder Reis kaufen, aber dafür würde er weniger Brot und Haferflocken brauchen.

      Die aufgelisteten Nahrungsmittel reichen für 3000 Kilokalorien pro Tag, viele Menschen brauchen sogar weitaus weniger.

      Natürlich kann man sagen, dass ein Deutscher sich nicht so spartanisch ernähren muss. Zum Beispiel geht mein Beispiel davon aus, dass man Wasser trinkt, so dass keine Getränke gekauft werden müssen. In Deutschland hat das Leitungswasser in der Tat fast überall eine Qualität, die gleich oder höher als die von gekauften Mineralwassern ist, so dass der Kauf von Mineralwasser eigentlich Verschwendung ist, und natürlich erst Recht der Kauf von ungesunden Zuckerwassern wie Cola, Energiedrinks, sogenannten Fruchtsaftgetränken und anderen schädlichen Getränken. Aber vielleicht sollte auch ein armer Mensch gelegentlich mal eine Flasche Saft (oder wenn er es eben anders liebt, meinetwegen auch Cola oder Bier) trinken dürfen, oder wäre das schon ein Zeichen dafür, dass er eigentlich gar nicht arm ist und sein Geld für Überflüssiges ausgibt?

      Das ist sicherlich Ansichtssache. Man sollte aber sicherlich nicht auf den 50 Euro beharren. Legen wir doch noch einen Hunderter drauf, dann kann die Person davon kaufen, was sie eben möchte. Zum Beispiel auch Tee oder Kaffee oder Zutaten, um gekochte Gerichte geschmacklich mit Soßen und Beilagen zu verfeinern. Damit wären wir bei 150 Euro.

      Dazu kämen die Wohnungskosten. Im ungünstigsten Fall wohnt unser Beispiel alleine, also nicht mit einem Freund oder Lebenspartner. Dann muss er je nach Region in Deutschland 200 bis 1000 Euro Miete bezahlen. Aus einer so großen Spanne kann man unmöglich eine Regel ableiten, aber nehmen wir einmal der Einfachheit halber 700 Euro an.

      Je nach familiärer oder beruflicher Situation wird er zudem Versicherungen brauchen; auch hier kann man kaum einen Wert schätzen, sagen wir also 100 Euro.

      Eine Person, die so am unteren Rand der deutschen Einkommen lebt, hat sicherlich keinen oder zumindest keinen aufwendigen Beruf, der ein eigenes Auto erfordert; sofern die Person arbeitet, fallen aber mehr Fahrtkosten an als etwa bei einem Rentner, der lediglich für Arztfahrten, Besorgungen oder Besuche Transportmittel nutzt. Nicht immer kann man ja kostengünstig mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen. Rechnen wir vorsichtshalber 100 Euro für Fahrten ein.

      Gerade bei Rentnern muss natürlich auch mit Kosten für Medikamente gerechnet werden. Es gibt natürlich Regeln, nach denen Personen mit geringem Einkommen nicht zuzahlen brauchen, aber auch das klappt nur ab einer gewissen Menge


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