Darkahr und die wilde Horde. Klaus Blochwitz

Darkahr und die wilde Horde - Klaus Blochwitz


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ließ sich über den Bestand ihrer Nahrungsvorräte unterrichten. „Wenn wir von dem Normalfall ausgehen, haben wir Vorräte für fünf bis sechs Mondzyklen. Sollten die Jäger aufgrund des Wetters keine Beute mehr bringen können, müssen wir das Essen etwas strecken, aber Sorgen brauchen wir uns deswegen nicht machen“, beruhigte Lehton seinen Fürsten.

      Die Wagenkästen wurden von den Wagenlenkern geschickt in die Zwischenräume der Felsbrocken und Felsgruppen eingefügt. Teilweise stapelten sie vor die Vorderseiten große Steine an dem Wagenboden hoch, dadurch wurden die Wagen verborgen und auch bei einem möglichen Angriff etwas geschützt.

      Die Futtervorräte für die Tiere wuchsen beruhigend, die Tiere konnten noch weiden, an den Rückseiten der Unterkünfte stapelte sich das Brennholz, es wurden vorrangig abgefallene Äste gesammelt, Bäume sollten erst gefällt werden, wenn das Brennholz nicht reichen sollte. Das Winterlager ging seiner Fertigstellung entgegen, kleine Verbesserungen wurden noch eingebaut, die Frauen hatten die Innenseiten der Unterkünfte mit den Fellen ausgekleidet und die Männer hatten in fast allen Unterkünften Feuerstellen gebaut.

      Die Jäger brachten immer noch Wildbret von ihrer Jagd mit und die Kundschafter meldeten Ruhe weit und breit. Das Leben in dem großen Winterlager hatte sich eingerichtet, wenn das Wetter es noch zuließ, trafen sich alle zu den Essenzeiten in der Mitte des Lagers, sonst aßen die Familien in ihren Unterkünften. Drei junge Frauen brachten ihre Kinder zur Welt und alle schöpften daraus wieder Hoffnung und Kraft, dass es für sie doch noch irgendwo ein neues Zuhause gab.

      Ein paar Sonnenreisen nach der Geburt eines besonders kräftigen Knaben standen die drei Waldwesen, die viele aus ihrer Zeit in der weiten Ebene noch kannten, vor dem Zelt der jungen Familie, die drei Reiter auf ihren weißen Pferden waren in ein blaues Licht gehüllt. Wie Statuen warteten die drei Waldwesen darauf, dass sich jemand aus dem Zelt meldete. Das Lager war inzwischen in heller Aufregung, alles redete aufgeregt durcheinander. Der junge Vater kam vorsichtig heraus und fragte etwas unsicher und dann doch forsch, was ihr Anliegen sei. „Euer Sohn wird ein großer Krieger und ein bedeutender Fürst eures Volkes werden und das Schwert, das euer Kundschafter von dem Schlachtfeld mitgenommen hat, gehört eurem Sohn. Gebt es ihm, sobald er das Alter eines Kriegers erreicht hat.“

      Wieder verschwanden die drei Wesen geisterhaft in einem lichten Nebel, alle waren zutiefst verwirrt, selbst Darkahr

      brauchte eine Weile, um das Geschehene zu verstehen. Er rief seine Weisen, die alten Heilerinnen und Sirgith und besprach mit ihnen das eben Geschehene. Die älteste der Heilerinnen brachte es zum Schluss auf den Punkt: „Wir tun, was sie uns aufgetragen haben.“

      Kuur-Sen, der Weise, der eigentlich für den Handel zuständig war, trug das Ereignis mit feiner Schrift in ihre Dorfschriften ein. Der Knabe erhielt den Namen Soll-The. Die neue Sonnenreise brachte den ersten Schnee, in der Nacht war so viel Schnee gefallen, dass die Menschen ihre Unterkünfte erst verlassen konnten, nachdem Wege frei geräumt worden waren. Die Kinder hatten ihren Spaß mit dem Schnee, sie tobten darin herum, bis sie müde waren. Jetzt konnten die Tiere nicht mehr auf die Weide getrieben werden, der Schnee reichte den Ochsen und Pferden bis an den Bauch, Schafe und Ziegen kamen gar nicht mehr durch den Schnee, die ersten Tage waren die Tiere sehr unruhig, weil sie in den Unterständen bleiben mussten, aber sie gewöhnten sich schnell daran.

      Der Mond machte langsam der Morgendämmerung Platz, das Licht kam kaum durch die schwere Dunkelheit, als die Wachen das Lager alarmierten, da draußen wären seltsame, fremde Geräusche, sie wüssten nicht, was die bedeuteten. Die fünf Weisen waren schnell auf den Beinen und gingen mit den Wachen zum Lagerrand. Schon auf dem Weg hörten sie das fremde, bedrohliche Geräusch, es war wie gedämpftes Trommeln von vielen, vielen Trommeln und Thor-Tun fiel es wie Schuppen von den Augen. „Das sind Reiter, der Schnee dämpft die Geräusche der Hufe. Alarm, gebt Alarm!“, schrie er laut in das schlafende Lager und sehr schnell wurde es im Lager lebendig.

      Noch bevor die Reiterhorden ihr Lager erreichten, waren die Palisaden besetzt und der tödliche Pfeilhagel flog den Angreifern entgegen. Die Angreifer saßen auf kleinen, sehr wendigen Pferden und schossen ihre Pfeile von kleinen, bauchig gebogenen Bögen in Richtung Lager, durch die heftigen Bewegungen der Pferde, die sich durch den hohen Schnee kämpfen mussten, war die Trefferzahl ihrer Pfeile sehr gering. Umso bitterer waren die Pfeile der Verteidiger für sie, mit tödlicher Präzision trafen die langen Pfeile und rissen große Lücken in die Front der Angreifer. Die wenigen, die es doch noch bis zur Palisade schafften, wurden von den Soldaten mit heftigen Schwertschlägen empfangen und erbarmungslos getötet. Die verletzten und toten Angreifer bildeten einen zweiten Schutzwall und durch den tiefen Schnee behindert, kamen die Pferde der Angreifer nicht bis zu der Palisade. Gut geschützt schossen die Verteidiger Pfeil um Pfeil auf die Angreifer. Plötzlich gellte ein weiterer Alarmruf durch das Lager: „Sie greifen vom Osten an!“ Sofort wurden Bogenschützen und weitere Krieger an die Ostseite des Lagers geschickt. Einige der Angreifer waren in die Felsen am südlichen Rand des Lagers geklettert und schossen ihre Pfeile in die Tiergehege, brüllend brachen die ersten Ochsen zusammen, sie schossen mit Brandpfeilen auf die Unterkünfte, es wurde kritisch für die Verteidiger, aber Thor-Tun schickte früh genug einen Trupp Soldaten in die Felsen, sie konnten die Angreifer in den Felsen erfreulicherweise schnell besiegen.

      Die Frauen hatten die wenigen Brände löschen können und dann war der Spuk so schnell vorbei, wie er gekommen war. Etwas erstaunt sahen sich die Verteidiger an. Warum verschwanden die Angreifer so plötzlich, wie sie gekommen waren? Sie hörten ihre Kundschafter rufen und schreien: „Seht mal nach Norden, seht mal!“, und voller Entsetzen sahen sie eine pechschwarze Wolkenwand auf sich zukommen. Mit einem Mal herrschte völlige Windstille, es war, als fehlte die Luft zum Atmen und dann brach der Wintersturm mit Urgewalt über sie herein. Die durch den Brand beschädigten Unterkünfte flogen davon, die Menschen rannten im ersten Moment in Panik ziellos herum, es war blitzartig bitterkalt geworden, der Sturm presste ihnen die Luft aus den Körpern. „In die Unterkünfte, geht in eure Unterkünfte!“, brüllten die Weisen und die Jäger in den Sturm, die Leute verstanden instinktiv, sie verschwanden in ihre Unterkünfte und zurrten sie fest zu, wütend zerrte der Sturm an den Planen, es wurde kalt, trotz des Feuers. Der Sturm tobte die ganze Sonnenreise und den Mondreise hindurch und noch eine halbe Sonnenreise, bis er abflaute und der Schneefall nachließ.

      Vorsichtig steckten die ersten ihre Köpfe aus ihren Unterkünften, die Stille war ihnen genauso unheimlich, wie der Lärm des Sturmes vorher. Wieder mussten mühselig Wege freigeschaufelt werden, nach und nach kamen die Menschen zum Vorschein und trafen sich vor Darkahrs Unterkunft. Willger bestimmtemehrere Soldatentrupps, sie sollten die Schäden feststellen und ihm umgehend melden. Von den Bewohnern der Unterkünfte kamen beruhigende Meldungen, von gar keinen bis kleineren Schäden hatten sie den Sturm gut überstanden, auch die Unterstände der Tiere waren zum größten Teil unbeschadet, bis auf die, die durch die Brandpfeile beschädigt worden waren, drei Ochsen waren tot und ein Pferd so schwer verletzt, dass es getötet werden musste.

      Drei Verletzte waren zu beklagen, aber die Palisaden hatten dem Angriff standgehalten. Der Rest der Sonnenreise wurde mit Aufräumen verbracht, erleichtert waren die Menschen, dass es für sie doch noch so gut ausgegangen war.

      Thor-Tun verstärkte die Wachen, jetzt wurden alle Seiten ihres Lagers bewacht.

      Die Kundschafter und die Jäger konnten eine kleine Herde von den Pferden der getöteten Angreifer einfangen und ins Lager bringen, Lehton und Kuur-Sen sahen es mit Freude, frisches Blut für ihre Pferdezucht konnten sie gut gebrauchen. Die Angreifer hatten unbemerkt von ihnen ihre Toten bergen können, das bereitete Darkahr und Thor-Tun mächtig viel Sorgen, denn wenn die Toten unbemerkt von ihnen geborgen werden konnten, konnte auch der nächste Angriff von ihnen genauso unbemerkt erfolgen. Höchste Wachsamkeit und Alarmbereitschaft war angesagt, jetzt liefen ständig Soldaten Wache, die eine Hälfte Soldaten hatte Ruhezeit, während die andere Hälfte auf Wache stand.

      Sie hatten den Angriff und den schlimmen Wintersturm ganz gut überstanden, Sorge bereitete der lang anhaltende Winter. Lehton überprüfte ständig die Nahrungsvorräte und hoffte auf das Jagdglück der Jäger.

      Der Schnee und die Kälte wollten nicht enden, der Himmel war grau von schweren Wolken, ein Weiterziehen war bei dieser Schneehöhe unmöglich.


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