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er dem Schamanen von seinen Plänen berichtete, wirkte Ojun einen Moment lang enttäuscht.

      „Bleib wenigstens so lange, bis deine Wunde einigermaßen verheilt ist“, sagte Ojun. „Der Verband muss noch immer täglich gewechselt werden. Ich verstehe gut, dass du fort willst, um woanders einen Neuanfang zu versuchen. Nur wenn du zu früh los reitest, wirst du nicht fähig sein, dich lange im Sattel zu halten.“

      In der Nacht wälzte Larkyen sich unruhig auf seinen Fellen hin und her. Immer wieder wechselte er zwischen Traum und Wachzustand.

      Plötzlich sah er das Gesicht Boldars ganz dicht vor sich. Das eine Auge funkelte ihm stahlblau entgegen. Blut rann von den Mundwinkeln der Bestie, die ihr Maul weit aufriss und einen donnernden Schrei ausstieß.

      Daraufhin sah Larkyen, wie sein Weib Kara blutüberströmt neben die Leichen von Godan, Tsarantuya und Alvan zu Boden fiel …

      Seine Finger krampften sich zusammen, und er fühlte, wie sie sich um den Griff eines Schwertes schlossen. Er war ein anderer Mann als zuvor. Es gab keine Furcht, keine Selbstzweifel. Kraftvoll holte er zum Schlag aus, eine vertraute Bewegung für ihn.

      „Ich töte dich“, zischte er. „Boldar, du sollst sterben!“

      Stahl traf auf Stahl, das Klirren erinnerte an eine Melodie, der er nur zu gern lauschte.

      Larkyen schreckte aus dem Schlaf hoch. Sein Atem ging hastig, und sein Herz hämmerte. Tränen rannen über seine Wangen.

      Geheiligt ist die Rache, denn sie reinigt Leib und Seele, durchfuhr es ihn.

      „Larkyen!“

      Ojuns Stimme drang zu ihm herüber. Der Schamane hatte sich auf seinem Schlafplatz aufgerichtet. Seine Gestalt zeichnete sich blass und hager vor dem fast heruntergebrannten Kochfeuer ab. Mit unruhigen Augen sah er Larkyen an.

      „Schlechte Träume?“

      Larkyen nickte, er wischte sich den Schweiß von der Stirn.

      „Vom Verstand her willst du den Weg nach Westen wählen“, ahnte Ojun, „Dein Herz aber drängt dich dazu, in Majunay zu bleiben. Und nur wenn du auf dein Herz hörst, wirst du Frieden erlangen.“

      „Die Götter seien meine Zeugen“, flüsterte Larkyen. „Wenn ich stark genug wäre, ich würde diese Bestie töten und alle, die ihr folgen.“

      Ojuns Augen weiteten sich.

      „Vielleicht wirst du das eines Tages“, meinte der Schamane, und etwas in seinem faltigen Gesicht verriet Larkyen, das er viel mehr wusste als es den Anschein hatte.

      „In der Natur gibt es immer einen, der stärker ist. Es ist ein Gesetz, das für alle gilt.“

      Larkyen hatte die Hände zu Fäusten geballt.

      „Aber Boldar ist der Stärkste, alter Mann. Niemand hat ihn bisher besiegt.“

      Ojun musterte Larkyen eine Zeit lang, dann sagte er: „Morgen werden wir darüber reden. Doch nun schlaf weiter. Ruhe und Frieden sollen dich erfüllen.“

      Als würde sich eine beruhigende Kraft über ihn legen, verfiel Larkyen fortan in einen ruhigen Schlaf. Abermals träumte er von Kara, die ihm dieses Mal ein gütiges Lächeln schenkte, während ihre Lippen sich zu liebevollen Worten formten. Und er träumte von den Yesugei, wie sie draußen in der Steppe das Vieh hüteten. Alle waren wohlauf und am Leben, alles war gut.

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