Sky-Navy 10 - Feind ohne Gesicht. Michael Schenk

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Leute und der Negaruyen nicht kennen, ist jede Landung ein Risiko. Ich werde dieses notwendige Risiko nur einem einzelnen Schiff aufbürden“, entschloss sie sich. „Die anderen Kreuzer werden im hohen Orbit verbleiben. Von dort haben unsere Schiffe ausreichende Höhe und gutes Schussfeld, falls die Negaruyen plötzlich aus dem Nebel ausbrechen.“

      „Dann werde ich den entsprechenden Schiffen Dreiecksformation befehlen. Wer soll die Landung durchführen?“

      „Haben Sie einen Vorschlag, Captain?“

      Basker zögerte nicht mit der Antwort. „Captain Kid, Ma´am.“

      Sie lächelten sich an. „Das wäre auch meine Wahl. Gut, Captain Basker, Sie wollen sicher auf die Brücke zurück. Lassen Sie mir eine Verbindung zur Europe herstellen. Captain „Kid“ Rufus wird erfreut sein, die Ehre der Landung zu haben.“

      Basker erhob sich, wandte sich vor der Tür aber nochmals um. „Ich weiß, dass Rufus die eher direkte Gangart liebt, aber ich würde empfehlen, dass er erst eine Drohne in den Nebel schickt, bevor er sein Schiff selber in diesen Dunst hinein steuert.“

      Rahami lächelte erneut. „Ich werde es ihm ausrichten.“

      Kapitel 2 Das „Ohr“ über dem Nebel

       D.S. Nanjing, APS-Kreuzer, Beuteschiff der Negaruyen

      Kommandantin Hena-Gedar war froh, dem Nebel endlich zu entkommen. Seit über einer Stunde hangelte sie sich an der Führungsleine entlang, die nun den Weg zwischen dem Schiff der Negaruyen und dem eroberten Kreuzer der Menschenwesen markierte. In die Leine war ein Kabel eingearbeitet, welches die direkte Verständigung zwischen beiden Schiffen ermöglichte.

      So sehr der Nebel auch zur Eroberung der Beute beigetragen hatte, so blieb er Hena-Gedar doch unheimlich.

      Sie spürte die Leine an ihrer Hand und konzentrierte sich zugleich auf das grelle Positionslicht am Rücken ihres Vordermannes. Es war eine lange Kette von Lichtern, die sich nun endlich der Beute näherte, dennoch konnte jeder nur eine Handvoll der anderen erkennen. Schon der dritte Negaruyen, vor oder hinter Hena-Gedar, wurde vom grauweißen Wallen verschlungen.

      Neben der extrem eingeschränkten Sicht war auch die Kommunikation sehr stark behindert. Die Funkgeräte der Raum- oder Kampfanzüge funktionierten nur über wenige Meter Entfernung. Es war umständlich, Befehle an die Kolonne zu geben. Immerhin hatten die Negaruyen eine praktikable Lösung für Kampfsituationen entwickelt: Ein kleines Schallinstrument, welches auf der einzigen Frequenz arbeitete, die den Nebel über hunderte von Metern durchdrang. Das Gerät arbeitete mit Pressluft und man konnte, über eine Reihe von Tasten, verschiedene Signale auslösen, mit denen sich Truppen im Gefecht dirigieren ließen. Es war nur ein Behelf, doch er hatte wesentlich dazu beigetragen, die Menschenwesen zu schlagen.

      „Beute in Sicht“, wanderte es von vorne die Kolonne entlang. „Weitersagen.“

      Hena-Gedar verspürte Erleichterung. Endlich würde sie das Schiff der Menschenwesen betreten und damit das Instrument, welches den langen Krieg zu Gunsten der Negaruyen entscheiden würde.

      Im ewigen Nebel glomm ein mattes Licht und je näher die Kolonne, über Sand und Geröll der riesigen Nebelzone, stapfte, desto heller wurde es, bis schließlich ein Stück des Rumpfes der Beute aus dem Dunst trat.

      Das Schiff war vor rund vierzehn Stunden erobert worden. Die D.S. Nanjing, ein Schiff der APS-Klasse, war nun kein Kriegsschiff des Direktorats mehr, sondern die Beute der Negaruyen. Vor Stunden, unmittelbar nach der Eroberung, war bereits eine erste Kolonne zu ihm aufgebrochen. Diese hatte die Führungsleine gespannt und eine Hundertschaft von Technikern an Bord gebracht. Sie führte seitdem Aufräumarbeiten und Reparaturen durch, um die Spuren der Kämpfe und die daraus resultierenden Schäden zu beseitigen. Jetzt hatte die zweite Kolonne, mit weiteren Technikern, Kämpfern und, vor allem, den Veränderten und Geschulten, ihr Ziel erreicht.

      Grelle Scheinwerfer waren um die untere Polkuppel mit der großen Frachtschleuse aufgestellt worden und konnten den sichtbaren Bereich auf knappe zwanzig Meter erweitern.

      Die Kolonne näherte sich der ausgefahrenen Rampe der Frachtschleuse. Hena-Gedar bemerkte zwei Stellungen mit Kämpfern der Dienenden, welche die Beute bewachten. Sicher hatte die verantwortliche Oberfrau der Sturmabteilung ihre Postenkette rings um das ganze Schiff aufgestellt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Feind erneut über dem Nebel erschien, um in ihn einzutauchen und nach seinem Kreuzer zu suchen. Doch die Negaruyen würden alles unternehmen, um eine Rückeroberung oder Zerstörung zu verhindern.

      Die Vorhut der zweiten Kolonne marschierte die Rampe hinauf und betrat das Schiff, dicht gefolgt von Hena-Gedar. Diese blieb an der halb geöffneten Frachtschleuse stehen, während die Übrigen an ihr vorbei gingen, um ihre Arbeit im Schiff aufzunehmen.

      Die Kommandantin beobachtete die Reparaturen an der Schleuse und begriff, warum von schweren Schäden die Rede gewesen war.

      Hena-Gedar trug die himmelblaue Uniform der verborgenen Welt, mit den beiden Sternen am Kragen, die sie als Schiffsführerin kennzeichneten. Um die Hüften lag der Waffengurt, mit Impulspistole und Neuro-Peitsche. Eigentlich befehligte Hena-Gedar den Angriffskreuzer Solaan, mit dem die Negaruyen auf diese Welt gelangt waren, doch nun hatte sie den Befehl erhalten, das Kommando über die Nanjing zu übernehmen. Wie alle ihre Aufgaben, so würde sie auch diese zur vollsten Zufriedenheit der Primär-Kommandantin erfüllen.

      Die Oberfrau, welche hier die Gruppe der Dienenden befehligte, bemerkte nun die Anwesenheit von Hena-Gedar. Salutierend legte sie die Fingerspitzen der linken Hand an die linke Schulter. „Ehrenwerte Kommandantin, es ist mir eine Ehre, deinem Wunsch zu dienen.“

      Hena-Gedar nickte und deutete auf die Reparaturarbeiten. „Wie geht es voran?“

      „Das Außenschott der Schleuse wurde bei den Kämpfen schwer beschädigt und ist nicht voll reparabel. Ich schlage daher vor, die Schotthälften zu verschweißen und mit Rumpfplatten aus dem Ersatzteillager des Schiffes zu verschließen. Dann können meine Arbeiter eine kleine Personenschleuse in das große Schott schneiden. Es ist einfacher und schneller, als die beiden großen Flügel der Frachtschleuse auszutauschen. Da wir keine großen Frachtstücke oder Fahrzeuge bewegen müssen, können wir auf sie verzichten.“

      „Dann gebe ich dir die Weisung, dass du den Umbau zur Personenschleuse durchführen lässt. Es muss rasch und gründlich gearbeitet werden, denn diese Menschenschiffe können nicht mit offener Außenschleuse durch eine Atmosphäre starten. Ihre Schiffskonstruktionen weisen Schwächen auf.“

      „Ohne Zweifel“ pflichtete die Oberfrau mit einer angedeuteten Verbeugung bei.

      Hena-Gedar betrachtete skeptisch die übrigen Schäden in der Frachtschleuse. Hier hatten Energieimpulsfeuer und Explosivgeschosse der Negaruyen gewütet, ebenso Kleinraketen und Hochrasanzgeschosse aus menschlichen Waffen. Hier hatten beide Seiten Dutzende ihrer Kämpfer verloren. Im Vorfeld vor der Rampe hatten die Sturmabteilungen der Negaruyen, durch die Geschütze des Kreuzers, schwere Verluste hinnehmen müssen. Hier, im Frachtraum, gab es nun zerstörte Barrikaden, Regale und Transportbehälter. Mehrere Kämpfer waren dabei, das Chaos zu ordnen.

      An einer Seite des Frachtraums stapelte man die Gefallenen übereinander. Hena-Gedar war über ihre Zahl erschrocken, zumal noch immer Tote außerhalb des Schiffes lagen. Die Leichen hier trugen alle die getarnten Kampfanzüge der Sturmabteilungen. Von den himmelblauen Körperpanzern war kaum etwas zu erkennen, denn man hatte sie dicht mit langen, fransenartigen Strukturen getarnt, die den Eindruck eines zotteligen Fells vermittelten. Dies hatte den Feind über die wahre Identität seines Gegners täuschen und zugleich für eine verschlechterte optische Wahrnehmung sorgen sollen. Eine Tarnung war nun nicht mehr erforderlich und die Dienenden waren sicherlich erleichtert, das gewohnte Himmelblau der verborgenen Welt zu tragen.

      Sie wandte sich nochmals der Oberfrau zu. „Was ist mit den Menschenwesen?“

      Der Blick der Frau war einen Moment ohne Verständnis. „Sie sind alle tot, ehrenwerte Herrin.“


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