Sky-Navy 10 - Feind ohne Gesicht. Michael Schenk

Sky-Navy 10 - Feind ohne Gesicht - Michael Schenk


Скачать книгу

      Kapitel 3 Tod aus dem Nichts

       D.S. Europe, im Landeanflug

      Captain Phil „Kid“ Rufus befehligten den Kreuzer D.S. Europe. Rufus war schlank, zierlich und wirkte mit seinem jungenhaften Gesicht unerfahren und kindlich. Dies hatte zu seinem Beinamen „Kid“ geführt, doch wer sich davon irreführen ließ, der sah sich einem erfahrenen und unnachgiebigen Offizier gegenüber, wenn es um die Erfüllung seiner Mission ging. Er war schnell entschlossen, wenn es darum ging, die Lösung für ein Problem zu finden und für gelegentlich unorthodoxe Methoden gleichermaßen berühmt und berüchtigt.

      Zum Zeitpunkt der Rettungsmission für das Volk der Hanari hatte er als Lieutenant auf dem Trägerschlachtschiff D.C.S. Trafalgar gedient und kurz darauf das Kommando über die Europe erhalten. Mit ihr hatte er an der Schlacht gegen die Piratenflotte teilgenommen und später am Kampf um die Siedlungswelt Regan III., wobei es ihm gelungen war, bei einer späteren Patrouille ein Hantelschiff der Green zu vernichten.

      „Captain Kid“, wie er immer wieder von der Besatzung hinter vorgehaltener Hand genannt wurde, war keineswegs ein blindwütiger Draufgänger. Er schätzte den Rat seines ersten Offiziers, Lieutenant-Commander Garry Palmer, dessen Skepsis den Captain immer wieder dazu brachte, seine Entscheidungen auf den Prüfstein zu legen.

      Im Augenblick bewegte sich die D.S. Europe inmitten eines imaginären Dreiecks, dessen Eckpunkte von der San Marco, Murray Leinster und Karthago gebildet wurden. Die Europe befand sich bereits weit unterhalb der anderen Schiffe, die im geostationären Orbit über dem blinden Fleck schwebten. Rufus war gezwungen, die vier mächtigen Staustrahltriebwerke mit hoher Belastung zu fahren, um langsam dem Nebel entgegen zu fliegen.

      Der Kreuzer war kampfbereit. Die acht Waffentürme waren ausgefahren und die Scanner und Sensoren tasteten die Oberfläche ab. Der Waffenoffizier sah mit düsterem Gesicht dem Eintauchen in den Nebel entgegen, da die Ortungsgeräte ab jenem Moment versagen sollten.

      Die Schadenkontrollteams waren auf ihren Station, alle Abteilungen gesichert und die Notfallschotts versiegelt. Jeder trug seinen Raumanzug und hatte den Helm geschlossen. Captain Rufus war nicht bereit, ein unnötiges Risiko einzugehen.

      Gleiches galt für die Männer und Frauen unter dem Kommando von Jake Henderson. Der Captain des D-Troops der 9th Sky-Cavalry hatte seine Truppe die Kampfanzüge anlegen lassen und Bereitschaft befohlen. So saßen die einhundert Soldaten vollständig ausgerüstet in ihrem Bereitschaftsraum und warteten auf den Befehl zum Ausschiffen.

      „Ich habe ein ungutes Gefühl bei der Sache“, murmelte Lieutenant-Commander Palmer, der neben dem Kommandosessel des Captains saß und mit diesem auf dessen Holoschirm starrte. Der Schirm zeigte das Wallen des grauweißen Nebels unter dem Schiff, welches zunehmend an Höhe verlor.

      „Ist notiert, Garry“, erwiderte Rufus ebenso leise und lächelte seinen Eins-O flüchtig an. „Ich kann dich beruhigen, mir gefällt dieser Nebel auch nicht. Ist eine hübsche Tarnung für den Feind.“

      „Ja, habe ich auch gerade gedacht. Könntest du nicht etwas Angenehmeres sagen? Etwas, dass mich ein wenig aufbaut?“

      „Nun, der Nebel tarnt uns ebenso. Es dürfte dem Feind unmöglich sein, uns zu orten.“

      „Danke, Phil, ich wusste, ich kann mich auf deine aufmunternden Worte verlassen.“ Palmer warf einen kurzen Blick zu den Arbeitsstationen. Alle waren konzentriert, doch es war keinerlei Nervosität zu spüren. Die Köpfe der Männer und Frauen bewegten sich kaum. Lediglich Master-Chief Sung verriet eine gewisse Geschäftigkeit. Der Tech-Ingenieur saß an der Schaden- und Systemkontrolle und korrigierte immer wieder die Leistung der vier Boeing-Jentao-Triebwerke, regulierte Drehzahlen und gab Kühlflüssigkeit in die wuchtigen Schächte der Turbinen. Seine Bewegungen zeigten, dass er nicht beunruhigt war.

      „Fünftausend Meter über dem Nebel und weiter sinkend“, meldete die Navigatorin und Ortungstechnikerin, Lieutenant Sabrina Beck. „Geschwindigkeit zwanzig Meter pro Sekunde. Keine Echos von unbekannten Objekten.“

      „Danke, Nav“, erwiderte Rufus. „Tech, ich will ab Höhe Eintausend mit der Fahrt weiter herunter gehen.“

      Master-Chief Sung bestätigte und fügte dann hinzu: „Ich empfehle Zehn pro Sekunde. Kurz vor der Landung müssen wir dann allerdings auf Überlast gehen, Sir, um unsere Zwei pro Sekunde zu erreichen.“

      „Rudergänger, berücksichtigen Sie das.“

      „Aye, Sir“, bestätigte Lieutenant Geoffrey. „Nav, denke daran, dass die Tetronik unsere Schiffsbewegungen und Sinkgeschwindigkeit exakt mit der vorausberechneten Höhe synchronisiert.“

      „Aktualisierung und Synchronisation der Daten erfolgt permanent“, versicherte Nav.

      „Unsere Position zum Zentrum? Denkt daran, Ladies und Gentlemen, ich habe nicht vor, direkt auf der Nanjing oder dem Feind zu landen.“

      Nav lächelte flüchtig. „Ist, wie geplant, berücksichtigt, Sir. Unsere geplante Landestelle befindet sich fünf Kilometer südwestlich des Mittelpunktes dieser Nebelfläche.“

      „Es sind über sechzehn Stunden seit der Meldung von Captain Tyne vergangen, dass die Negaruyen seine Nanjing angreifen“, sagte Palmer missmutig. „Ich kann nur hoffen, dass wir nicht zu spät kommen. Verdammt, Phil, wenn man nur wüsste, was in diesem Wallen vor sich geht.“

      „Nun, wir werden es wohl bald…“

      Phil Rufus verstummte, als ein helles Pfeifen ertönte. Gleichzeitig versteifte sich Nav. „Warnung! Annäherungswarnung aus dem Nebel!“

      Rufus reagierte instinktiv. „Arms!“

      Lieutenant Djemal berührte eine einzelne Taste. „Abwehr aktiviert, Sir.“

      Sie waren vorbereitet. Die unter dem Rumpf befindlichen vier Gefechtstürme waren ausgefahren, ihre Scanner suchten längst nach Zielen. Die eigenständig arbeitenden Tetroniken erfassten nun zahlreiche Objekte, die rasend schnell aus dem Nebel aufstiegen. Die Tetroniken sortierten die Ziele nach Bedrohungslage und glichen ihre Daten untereinander ab, damit nicht zwei Waffen dasselbe Ziel bekämpften. Das ging dermaßen schnell, dass die Türme scheinbar ohne Verzögerung das Feuer eröffneten. Hochenergie-Laserimpulse und 20-Millimeter-Gatling-Projektile rasten den Objekten entgegen.

      Es war ein Feuerüberfall mit intelligenten Raketengeschossen. Später würde man anhand der Aufzeichnungen feststellen, dass der Feind fast vierhundert der armlangen Projektile abgefeuert hatte. Unter anderen Umständen wären sie für die Verteidigungssysteme eines APS-Kreuzers kein Problem gewesen, doch der Angriff erfolgte zu einem Zeitpunkt, an dem die Europe nur noch fünfzehnhundert Meter über dem Nebel stand und er erfolgte mit Überschallgeschwindigkeit.

      Dennoch gelang es der Abwehr, nahezu achtzig Prozent zu vernichten, die übrigen trafen jedoch die Unterschale des Kreuzers. Ihre Explosivladung war nicht besonders stark, dennoch wären die Auswirkungen verheerend gewesen, wenn die Panzerung des Rumpfes und, vor allem, die dämpfende Schicht des isolierenden Bauschaums, zwischen den beiden Tri-Stahl-Schichten, nicht die meiste Wirkung abgefangen hätte. Trotzdem war die Auswirkung gravierend.

      „Ausfall Atmosphäretriebwerk Eins“, meldete Tech. „Nummer Drei wechselt auf Orange!“

      „Schiff sackt durch“, kam es vom Rudergänger. „Schalte auf Jentao!“

      Die beschädigten Staustrahltriebwerke, beide saßen an der Unterschale, waren nicht mehr in der Lage, gegen die Masse des Schiffes anzukämpfen. Pilot Lieutenant Geoffrey nutzte seine einzige Option und startete das Jentao-Impulstriebwerk.

      Der Kreuzer kippte zur Seite weg, was wohl sein Glück war. Er sackte in den Nebel hinein und entkam, durch die ungewollte Kursänderung, einem zweiten Raketenschwarm, dessen Geschosse an ihrem Ziel vorbei flogen, aus dem Nebel austraten und die Europe nicht mehr vorfanden. Stattdessen registrierten ihre Suchköpfe drei Objekte im hohen Orbit. Die Raketen beschleunigten weiter, um diese


Скачать книгу