Sinja und die Zaubergeige. Andreas Milanowski

Sinja und die Zaubergeige - Andreas Milanowski


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und Sinja haben uns erzählt, wie und warum ihr getrennt wurdet. Und da dachten wir, dass ihr vielleicht Hilfe gebrauchen könnt.“

      „Ein guter Gedanke“, antwortete Emelda.

      „Moment mal, Gamanziel ist nicht tot und Sinja war bei euch?“, fragte jetzt Amandra.

      „So ist es. Wir haben die beiden mit Ferendiano im Baumhaus zurückgelassen. Ich denke, sie werden jetzt auf dem Weg zu `Jambus´ sein.“

      „Emmi, wir lagen goldrichtig mit unserer Einschätzung, dass die Glissandonachricht falsch war. Da wollte uns jemand in die Falle locken. Wenn wir drauf reingefallen wären, wären wir jetzt nicht nur den Kristall los, sondern würden wahrscheinlich anstelle dieser Stinktiere da unten im Graben liegen.“

      „Viel verstehe ich noch nicht von dem, was ihr da gerade redet“, meinte Doriando.

      „Aufklärung später“, entgegnete Amandra, „jetzt haben wir erst noch etwas anderes zu tun. Schön übrigens, dass ihr da seid. Das war eine hervorragende Idee, uns hier abzuholen.

      Zu Fuß hätten wir wahrscheinlich zwei Sonnentänze gebraucht um zu `Jambus´ zu gelangen.“

      „Was war denn hier eigentlich los?“, wollte Cichianon wissen.

      „Es sieht ziemlich wüst aus. Und was liegt da unten in dem Graben rum und wie kommt der Graben überhaupt dort hin? Den habt ihr doch nicht etwa selbst ausgehoben?“

      „Wo denkst du hin? Dazu waren wir gar nicht in der Lage.

      Das waren ein paar Freunde von uns“, übertrieb Emelda

      „Freunde?“

      „Na ja, genau genommen waren es zwei Mugols!“

      „Das glaub ich jetzt nicht! Was sagt man dazu? Kaum lässt man die Mädels mal alleine, bandeln sie mit den Mugols an. Doriando, wie findest du das? Seit wann sind die Mugols denn unsere Verbündeten. Die gehen uns doch normalerweise aus dem Weg.“

      „Ich vermute“, setzte Amandra fort, „sie haben sich gedacht, dass besondere Zeiten besondere Maßnahmen erfordern und sind mal über ihren mächtigen Schatten gesprungen. Das war unser Glück. Sonst würden wir jetzt nicht so angeregt plaudern. Seht euch den Bruch da unten im Graben ruhig mal an. Wären die über uns hergefallen, hätte es Elfen am Spieß gegeben, so wahr ich hier stehe.“

      „Ja, ich bin ganz gespannt! Lasst mal sehen!“, forderte Doriando und ging zum Graben, um sich das Ergebnis der Schlacht anzusehen.

      „Uiuiui! Die haben denen aber ganz ordentlich die Helme verbeult.“

      „Ja, es hat hübsch gekracht, sagte Emelda, „wo ein Mugol hinschlägt, da wächst kein Gras mehr. Besser, man zählt sie zu seinen Freunden.“

      „Zumindest nicht zu seinen Feinden.“

      „So Jungs! Jetzt haben wir aber lange genug geplaudert. Helft uns bitte beim Packen, dass wir hier wegkommen. So toll ist das hier nicht, dass man den Aufenthalt künstlich verlämgern muss. Super, das ihr gekommen seid. Danke!“

      „Na, wir können doch unsere Schwestern nicht hängen lassen.“

      Emelda und Amandra gruben das Kästchen mit dem Kristall wieder aus und verstauten es in Amandras Rucksack. Dann schütteten die vier, soweit dies möglich war, den Graben zu, den die Mugols ausgehoben hatten. Vielleicht würde in vielen hundert Jahren ein interessierter Forscher die Knochen der Moroks und ihrer Gifhars ausgraben und die Geschichte der Schlacht von `Leggiero´ neu schreiben. Dass hier Elfen und Mugols zusammen gegen Moroks gekämpft hatten, das würde ihm sicher nicht im Traum einfallen. Zu unwahrscheinlich war das. Und doch hat es sich genau so zugetragen.

      Als die Arbeit getan war, packten die vier ihre Bündel, setzten sich auf `Allegros´ Rücken und ritten zurück in Richtung der Wälder von `Adagio´. Der Hengst trug sie leicht.

      17 Myriana - eine Botschaft aus dem Wasser

      Wie von Ferendiano versprochen, hatten sie den dichtesten und dunkelsten Teil des Waldes bald hinter sich. Hier und da, wenn der milde Wind günstig stand, wurde schon leise ein Plätschern des `Largo´ herübergeweht. Die Bäume standen lockerer und waren von Gebüschen umgeben. Die Wälder von `Adagio´ verwandelten sich mit jedem Schritt den sie gingen mehr und mehr in eine Flusslandschaft. So bezaubernd und verwunschen der Eingang des Waldes auf der anderen Seite gewesen war, so unheimlich und gespenstisch war der Marsch, nachdem sie das Baumhaus verlassen hatten. Sinja war wirklich froh, als die Kronen der Bäume sich teilten und sie endlich den dämmrigen Himmel sah. Jetzt würde, so hatte es Ferendiano beschrieben, bald das Flussufer kommen. Sie folgten ihrem Weg noch um zwei Biegungen herum. Am Ende der zweiten Kurve lichteten sich die Büsche und Bäume endgültig und gaben den Blick frei auf das Wasser des dunklen Flusses.

      „Der ist ja noch breiter als der Rhein“, sagte Sinja bewundernd.

      „Ja, das mag sein, antwortete Ferendiano, „ich kenne den Rhein nicht. Wir werden uns am Ufer des `Largo´ halten bis wir die Halbinsel erreichen auf der `Jambus´ Einsiedelei steht. Das ist der sicherste Weg. Sollten die Moroks sich trauen uns anzugreifen, haben wir immer noch die Möglichkeit, uns in dem Buschwerk hier zu verstecken. Das ist ein guter Schutz.“

      Es ließ sich aber weder ein Morok sehen, noch ein Gifahr, auch kein schwarzer Reiter oder Nauron. Der Rest des Weges wurde zügig und ohne Störungen zurückgelegt, nur unterbrochen von einer Rast am `Largo´.

      Sinja genoss die Aussicht auf den riesigen Fluss und das ruhige Sitzen an dessen Ufer. Sie folgte mit ihren Blicken dahintreibenden Holzstücken, Ästen und Blättern bis sie am Horizont verschwanden und träumte sich in eine andere Welt. Sie schaute ins Wasser, lang und immer tiefer und hörte dem Plätschern der Wellen zu, das sich in leisen Echos von ihr entfernte.

      Langsam verschwamm die Wirklichkeit um sie herum. Die Stimmen von Gamanziel und Ferendiano verloren sich in der Ferne. Das Gras, in dem sie sass, die Bäume, die Wolken, die Vögel am Himmel, ihre Seele – alles wurde eins und fand sich wieder im tiefen, dunklen Wasser des Flusses. Auf einmal sah sie in den Fluten ihr eigenes Bild. Es war keine Spiegelung. Es war ihr eigenes Selbst, das vom Grund des Flusses emporstieg. Sie fühlte die Kälte und die Frische des Wassers an und in ihrem Körper.

      Sie war in ein weites, weißes Gewand gekleidet, ihr langes blondes Haar fiel offen über ihre Schultern. Über ihrem Kleid trug sie ein braunes Lederband mit einem Amulett.

      Es war wie ein Tagtraum und doch war es kein Traum.

      Einen Augenblick später kam ihr eine junge Frau, die ihr äusserlich glich wie ein Zwilling in exakt dem gleichen Gewand entgegen. Ein Lichtschleier umgab sie. Sie wurde begleitet von zwei Delphinen.

      Die Gestalt versuchte, Sinja zu fassen. Sie rief nach ihr und streckte ihre Arme aus. Immer wieder versuchte sie, etwas von ihr zu greifen, ihre Hände, ihr Kleid, aber es gelang ihr nicht.

      „Sinja,……. Sinja Wagemut, komm zu mir und hilf mir…..!“

      Die Delphine sangen dazu eine traurige Melodie aus drei Tönen.

      Dann entfernte sich die Gestalt langsam, ihr Bild verschwamm und Sinja war wieder alleine, alleine am Ufer des `Largo´.

      „Na, Sinja Wagemut, hast du sie gesehen?“, hörte sie weit, weit entfernt die sanfte Stimme von Gamanziel, „war es eine junge blonde Frau in einem langen, weißen Gewand, die dich rief?“

      „Was....wie bitte? Was sagst du? Woher weißt du das?“, fragte Sinja verstört.

      „Du hast die Königin gesehen. Ich habe das Bild auch bemerkt, aber für mich war es nicht so intensiv wie für dich. Sie rief nach dir, nicht nach mir."

      „Was will sie von mir – warum ruft sie nach mir? Und warum sieht sie aus wie ich?“

      „Das


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