Sinja und die Zaubergeige. Andreas Milanowski

Sinja und die Zaubergeige - Andreas Milanowski


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Du hast eine E-Saite. Oder eine normale Gitarre. Da hast du sogar zwei davon. Und weil das so ist und weil sie das ‚E‘ ist, meint sie, sie müsste überall die erste Geige spielen und große Töne spucken.

      Sie hat manchmal `ne ziemliche Klappe, aber sie ist okay. Du wirst schon noch dahinterkommen. Schließlich werden wir noch einige Zeit miteinander verbringen.“

      „Oh, Fräulein A ist beleidigt, weil ich mal wieder als erste da war. Wie wär’s denn mit ein wenig Beeilung beim nächsten Mal?“, gab Emelda pikiert zurück.

      „Schon gut, Emmi! Ach ja“, sagte Elfe zwei und wandte sich wieder Sinja zu „ich heiße übrigens Amandra und bin der Kammerton, das A. Im Übrigen auch kein ganz unwichtiger Ton. Immerhin werden die meisten Instrumente nach mir gestimmt.“

      Amandra sagte das mit nicht zu überhörendem Stolz in der Stimme und strich sich mit einer ausladenden Geste eine schwere Haarsträne aus der Stirn.

      Sie turnte ungefähr fünfunddreißig bis vierzig Zentimeter über Emelda herum und machte dort ihre Kapriolen.

      Sie war von ähnlicher Statur wie Elfe eins, hatte allerdings schwarzes Haar, blaue Augen und knallrote Lippen, und sah aus wie eine Miniaturausgabe von Schneewittchen - mit Flügeln. Die Flügel dieser Elfen erinnerten Sinja ein wenig an die Fähnchen von Achtelnoten.

      Amandra trug ein dunkelblaues Kleid und elegante modisch-schwarze Schuhe mit Silberschnallen dazu.

      Plötzlich hörte Sinja aus einer anderen Ecke langsames, leises Händeklatschen. Es sollte klingen wie hämischer Applaus.

      „Bravo, bravo, bravo!“, rief eine Stimme von ganz weit unten aus dem Lichterwirbel dazu.

      „Die zwei sind wirklich die Allergrössten unter den Sonnen, aber es gibt auch noch andere, weniger Tolle. Wenn Mandy und das „große EEEEgo“ dann damit fertig sind, sich selbst zu beweihräuchern kann ich mich vielleicht auch gerade vorstellen, wenn wir schon dabei sind. Ich bin Gamanziel und mir gehört das ‚G', der Erdenton. Ich lege im Übrigen viel Wert darauf, dass mein Name richtig ausgesprochen wird, nämlich mit i-ä am Ende und nicht mit langem ie wie Ziel. GA-MAN-ZI-ÄÄÄL. Ich wäre dir sehr dankbar.“

      „Noch eine?“

      Sinjas fragender Blick wanderte hektisch von einer Elfe zur anderen und wieder zurück.

      Gamanziel, die dritte im Bunde hatte braune Haare, die zu zwei seitlichen Pipi- Langstrumpfmässigen Zöpfen gebunden waren, graubraune Augen und die gleiche, seltsame Art von Flügeln.

      Sie steckte in einer grünen Latzhose mit gelbem Hemd und braunen Stiefeln und sah aus, als käme sie gerade von der Gartenarbeit.

      Sie flatterte in der Nähe des Geigenkörpers herum, in etwa dort, wo die Lichtbögen und –bänder die Geige verließen.

      „Emelda, Amandra, Gamanziel? Aha?

      Ich berufen? Warum? Wozu?

      Viel Zeit miteinander verbringen? Wer mit wem?

      Wieso?

      Was soll das alles?

      Wo kommt ihr her?

      Wie komme ich zu euch und ihr zu mir?

      Was….was ist das hier?“

      Sinja versuchte mühsam, ihre Fassung wiederzugewinnen und hoffte sehr, auf ihr Dutzend Fragen mindestens genauso viele Antworten zu bekommen.

      Sie hatte mit einigem gerechnet, als sie eben die Geige in die Hand genommen hatte, vor allem damit, eine entsetzlich langweilige Viertelstunde mit ihrem Instrument zu verbringen, aber sicher nicht mit dem, was in den letzten Minuten hier passiert war.

      „Nun, wollen wir unserem armen, verwirrten Kind mal erklären, was hier gerade vor sich geht?“, spielte Emelda auf einmal die Besorgte.

      „Ja, ich denke, wir sollten es ihr schnell erzählen. Schließlich hat sie uns gerufen und es wäre doch doof, wenn wir den ganzen langen Weg umsonst gemacht hätten“, antwortete Amandra.

      „Aber wir sind doch nicht ihretwegen hier. Das kann doch nur ein Versehen sein. Meint ihr denn wirklich, dass sie das alles kann?

      Guckt sie euch doch nur an. Wie hilflos sie dasteht. Ich glaub´ das nicht!

      Keine Ahnung warum und wie, aber da muss ein Fehler passiert sein.

      Wir sollten so schnell wie möglich hier verschwinden und die Sache auf sich beruhen lassen. Sie wird uns bald vergessen haben“, hörte Sinja die Stimme der Latzhosenelfe.

      „Du urteilst ziemlich hart Gamanziel und das steht dir gar nicht gut an“, wies Amandra ihre Freundin barsch zurecht. Die Töne irren sich nicht. Es kann kein Fehler sein.“

      „Amandra hat Recht, Gamanziel! Hast du schon jemals erlebt, dass die Töne sich geirrt haben? Ein einziges Mal? Nein! Das hast du nicht! In unserer Situation können wir jede helfende Hand und jede Seele gebrauchen.“

      „Hast du das Fräulein denn schon gefragt, ob es uns überhaupt helfen will?“, fragte Gamanziel gereizt zurück, „im Moment steht sie da und starrt mit offenem Mund auf ihre Notenblätter und hat keine Ahnung, was geschieht und warum, obwohl sie es eigentlich wissen müsste.

      Also, wie soll das jetzt weitergehen?“

      „Sie hat die Töne gespielt und sie hat sie so gespielt, wie man sie spielen muss, sonst wären wir der Melodie nicht gefolgt. Auch du nicht. Das solltest du zugeben!“, sagte Amandra energisch.

      „Hmpfhgnkrznfz!“, knarzte Gamanziel verärgert und schüttelte ihren Kopf, dass die Zöpfe von einer Seite auf die andere flogen, "nee, nee, nee - ich bin raus! Macht das von mir aus, aber ohne mich!"

      Amandra wurde sauer.

      "Du spinnst wohl! Wie soll das ohne dich gehen?"

      "Ja, du hast ja recht. Ist mir so rausgerutscht. Tut mir leid!

      Aber denk´doch mal nach: der Kristall, der `Unerhörte´, die ganze Tour durch die Berge....und das soll dieses Kind?.... Niemals!.... Das schafft die nicht!"

      „Ihr geht mir ganz schön auf den Sender, ihr zwei. So viele miese Schwingungen bin ich von euch beiden gar nicht gewöhnt“, rief Emelda dazwischen, „gut, ich bin auch etwas gestreßt zurzeit.

      Das ist aber kein Grund, so schlechte Stimmung zu verbreiten.

      Was soll denn unsere Freundin hier von uns denken?

      Wenn ihr fertig diskutiert habt, sagt mir Bescheid.

      Ich regele den Rest in der Zwischenzeit schon mal mit der jungen Dame hier!“

      Damit überließ Emelda die beiden anderen Elfen sich selbst und ihrem Streit.

      Sie kam mit schnellen Schlägen ihrer Notenhalsflügel auf das Mädchen zu geflattert.

      „Kind, komm zu Mama und lausche!“, rief das winzige Wesen Sinja großspurig zu. Die war immer noch mehr als verwirrt.

      Sie hatte zwar schon einiges gehört über Feen und Elfen, magische Reiche, in denen sonderbare Dinge geschehen, hatte allerdings nie so recht gewusst, ob sie glauben sollte, was sie gelesen hatte oder ob das nur Erfindungen von Schriftstellern waren.

      Mit dem Weihnachtsmann war es ja auch nicht optimal gelaufen.

      Eigentlich hatte sie immer daran geglaubt, dass es ihn gibt.

      Wer sollte schließlich die Teller mit Äpfeln und Nüssen füllen, die ganzen leckeren Süßigkeiten bringen und die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legen? Und außerdem hatten ihre Eltern ihr das schließlich so erzählt.

      Also würde es sicher seine Richtigkeit haben.

      Das ging so bis eines schönen Tages auf einer Autofahrt, Sinja war gerade sieben Jahre alt, ihre um drei Jahre ältere Schwester Marie sie spöttisch fragte:

      “Hihi,


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