Drei Monate in Dixie. Arthur James Lyon Fremantle
ließ ich meinen Reisekoffer und einige meiner schwereren Besitztümer in einer Auktion versteigern, da es mir unmöglich wäre, sie weiter mit mir zu führen.
Ich buchte einen Platz in der Postkutsche nach Alleyton (Houston) und er kostete mich 40 Dollars. Vor einigen Jahren betrug der Preis noch 13 Dollars.
Um 15.00 Uhr speiste ich gemeinsam mit McCarthy und dem jungen Duff. Letzterer wollte keinesfalls gestatten, dass ich meinen Anteil an den Kosten der Reise von Brownsville bezahle. Mrs. McCarthy geriet in höchste Aufregung und vollkommene Verzückung, als sie einen Brief von ihrer Mutter erhielt, die im Lande der Yankees lebt. Texas ist vom Norden dermaßen gründlich abgeschnitten, dass sie nur alle paar Monate einmal etwas von ihr hört.
Der Colonel und Mrs. Bankhead suchten mich um 17.00 Uhr in ihrem Ambulanzwagen auf und nahmen mich mit zur Quelle des San Antonio, der wunderbarsten, klarsten Quelle, die ich jemals gesehen habe. Wir besichtigten auch die weitläufigen Fundamente einer Gerberei, die hier von der konföderierten Regierung gebaut wird.
Die Landschaft ist sehr hübsch und wird auf findige Weise durch Gräben bewässert, welche vom Fluss aus in sämtliche Richtungen verlaufen. Somit ist diese Gegend weitgehend vom Regen unabhängig.
An der Quelle des San Antonio wurden wir von einem gewissen Major Young unterhalten, einem seltsamen, kleinen Marineoffizier. Wie er es zum Major gebracht hat, vermochte ich nicht zu ergründen.
Mrs. Bankhead ist eine fanatische Südstaatlerin. Sie wurde aufgrund der Überzeugungen ihres Gatten zweimal von den Unionsbehörden aus der Stadt Memphis ausgewiesen. Sie sagte jedoch, dass der Unionsgeneral Sherman sie sehr freundlich und zuvorkommend behandelt und die Befehle seiner Regierung mit Bedauern befolgt habe.
Kein einziger der Südstaatler, mit denen ich gesprochen habe, gibt sich Hoffnungen bezüglich eines baldigen Kriegsendes hin. Alle sagen, der Krieg wird andauern, solange Lincoln Präsident ist und möglicherweise noch ein gutes Stück länger.
Ein Drittel der Bevölkerung dieser Gegend besteht aus Deutschen und viele von ihnen waren der konföderierten Sache anfangs keineswegs freundlich gesonnen. Sie begegneten der Wehrpflicht mit entschiedener Ablehnung und einige widersetzten sich gar, indem sie zu den Waffen griffen. Duffs Regiment beruhigte die Lage jedoch rasch und angeblich haben sich die Aufständischen inzwischen mit den neuen Verhältnissen angefreundet.
Mein Reisekoffer und sein Inhalt (ich trennte mich auch von einem Teil meiner Habseligkeiten) brachten 323 Dollars ein. In England hätte ich niemals mehr als acht oder neun Pfund dafür erhalten. Der Koffer selbst, bereits ein altes Stück, wurde für 51 Dollars versteigert, ein sehr altes Paar Rohrstiefel für 32 Dollars, fünf Hemden für 42 Dollars und ein alter Mantel für 25 Dollars.
26. April 1863 (Sonntag): Um 11.30 Uhr fuhr mich McCarthy in seinem Einspänner zur San Pedro Quelle, die nicht an die malerische Schönheit der San Antonio Quelle heranreicht. Hier lagert ein Trupp texanischer Kavallerie.
Danach fuhren wir zu den Missionsstationen San José und San Juan, die zehn beziehungsweise fünfzehn Kilometer von der Stadt entfernt liegen. Es waren dies einst befestigte Klöster zum Zwecke der Bekehrung der Indianer, erbaut vor etwa 170 Jahren durch die Jesuiten. Jetzt sind es nur noch Ruinen, aber die Überreste sind im massigen kastilischen Stil errichtet und mit reichlich Ornamenten versehen. Diese Missionsstationen sind sehr interessante Orte und es gibt hier noch zwei weitere von ihnen, die ich nicht besucht habe.
Am Nachmittag sah ich zahlreiche Neger und Negerinnen in ihrer Sonntagskleidung umherspazieren: Seidenstoffe und Reifröcke. Sie waren wesentlich eleganter gekleidet als ihre Herrinnen.
Um 17.00 Uhr speiste ich bei Colonel Bankhead, der ein Bankett auftischte, das ihn in diesen schweren Zeiten ein wahres Vermögen gekostet haben musste. Etwa vierzehn der führenden Offiziere waren eingeladen, darunter Captain Mason (Cousin des Botschafters in London), der unter "Stonewall" Jackson in Virginia gedient hat. Er erzählte mir, Jackson sei anfangs keineswegs beliebt gewesen. Ich verbrachte einen sehr angenehmen Abend und hörte etliche Anekdoten aus dem Kriege. Einer der Offiziere sang das Abolitionistenlied "John Brown", gefolgt von der Parodie "I'm bound to be a soldier in the army of the South", einem konföderierten Marsch und einer weiteren Parodie, diese ein Yankee-Marsch: "We'll hang Jeff Davis on a sour apple tree".
Wenn ich bisher in Gegenwart konföderierter Offiziere diniert habe, so haben diese es praktisch nie versäumt, einen Toast auf die Gesundheit der Königin auszubringen und sie sprachen stets in den höchsten Tönen von Ihrer Majestät.
27. April 1863 (Montag): Colonel Bankhead hat mir Empfehlungsschreiben für General Bragg, General Leonidas Polk und etliche andere ausgestellt. Um 14.00 Uhr wurde ich bei Mrs. Bankhead vorstellig, um mich zu verabschieden. Sie erzählte mir, dass zwei Brüder ihres Gatten auf Seiten des Nordens kämpften – einer im Heer und der andere in der Marine. Die beiden zu Lande dienenden Brüder standen einander in den Schlachten von Shiloh und Perryville feindlich gegenüber. Der seefahrende Bankhead kommandierte die Monitor, als sie sank. [Anm. d. Übers.: Die USS Monitor, berühmt durch ihr Seegefecht mit der CSS Virginia, sank am 31. Dezember 1862 in schwerer See nahe Cape Hatteras vor der Küste North Carolinas. 16 Besatzungsmitglieder kamen ums Leben, Kapitän John P. Bankhead verließ als einer der letzten Überlebenden das sinkende Schiff.]
Heute Nachmittag wurde ich in einer Bierhalle einem deutschen General der Miliz vorgestellt. Er geriet in einen erhitzten Disput mit meinem Begleiter und verurteilte dabei die Praxis des "heimlichen, nächtlichen Lynchens" scharf.
Die kürzliche Schandtat von Captain Peñaloso scheint in San Antonio auf herbe Kritik gestoßen zu sein. Diese Person (ein gelernter Schlachter) ließ vor kurzem auf eigene Verantwortung einen seiner Soldaten wegen Fahnenflucht und Diebstahls einer Muskete aufhängen. Er tat dies um 12.00 Uhr mittags auf dem zentralen Platze der Stadt. Die Einwohner haben den entsprechenden Baum gefällt, um ihrer Abscheu Ausdruck zu verleihen.
Es steht außer Zweifel, dass die Durchsetzung der Wehrpflicht den Behörden im gesamten Staatsgebiet der Konföderation ausgesprochen leichtfällt (außer beim deutschen Teil der Bevölkerung), jedoch höre ich auch von vielen Personen, die sich der Wehrpflicht entziehen, indem sie in irgendeiner Form in den Staatsdienst eintreten, sei es als Heereslieferanten, Beamte oder Fuhrleute im Gebiet des Rio Grande.
Zu meinem größten Bedauern musste ich heute Abend von meinem Freund McCarthy Abschied nehmen. Ich werde seine Gastfreundschaft und Fürsorge niemals vergessen.
Um 21.00 Uhr verließ ich San Antonio in der Postkutsche in Richtung Alleyton. Die Kutsche ist ein altes Gefährt, in dessen Inneres man neun Personen zwängen kann, die auf drei schräg verlaufenden Bänken sitzen. Ferner können zahlreiche weitere Passagiere auf dem Dach Platz finden. Ich sitze auf der mittleren Bank, die sehr schmal ist und meinen Rücken kann ich nur an einen Riemen lehnen. Ein enorm fettleibiger Deutscher sitzt mir Angesicht zu Angesicht gegenüber, während ein langbeiniger konföderierter Offizier hinter mir sitzt.
Unser erstes Gespann bestand aus vier Maultieren; später erhielten wir Pferde.
Meine Mitreisenden sind alle entweder Militärs oder bekleiden Posten in der Regierung.
Lediglich fünf der neun Passagiere kauten die Nacht hindurch Tabak und sie zielten zudem sehr genau auf die Fenster und bespritzten mich nicht. Dennoch fiel mein Schlaf begreiflicherweise sehr spärlich aus.
28. April 1863 (Dienstag): Um 05.00 Uhr überquerten wir den Guadalupe River und erhielten frische Pferde.
Gegen 07.00 Uhr nahmen wir in Seguin ein durchaus schmackhaftes Frühstück ein. Es war dies einst ein prosperierender, kleiner Ort, bevor der Krieg seine Entwicklung abwürgte. Hier begann es zu regnen, was die Straße aufweichte und unsere Mitreisenden auf dem Kutschendach arg erzürnte.
Die Konversation im Inneren der Kutsche kreist zumeist um militärische Belange und alle stimmen darin überein, dass sich die Praxis, die Offiziere durch ihre Soldaten wählen zu lassen, als ein großer Fehler erwiesen hat. Nach allem, was mir berichtet