Drei Monate in Dixie. Arthur James Lyon Fremantle

Drei Monate in Dixie - Arthur James Lyon Fremantle


Скачать книгу
und ein starker Wind blies, waren keine Wagenspuren auszumachen, denen wir hätten folgen können, aber wir erlangten bald Gewissheit, dass unser treuloser Jehu sein Lager abgebrochen und uns zurückgelassen hatte. [Anm. d. Übers.: Die Erwähnung des mit einer "Blutschuld" beladenen israelitischen Königs Jehu ist wohl als spöttische Anspielung auf Sargents jüdischen Glauben und die potentielle Lebensgefahr, die in jener unwirtlichen Gegend von seiner Unzuverlässigkeit ausging, zu verstehen.]

      Wir mühten uns durch den Sand vorwärts und verfluchten unser Pech, Mr. Sargent und schließlich sogar den guten Magruder als indirekten Verursacher unseres Elends. In der Tat war unsere Lage äußerst beklagenswert. Wir befanden uns ohne Nahrung oder Wasser inmitten einer Wüste; unsere Pferde litten sichtlich und waren ihrem Ende nahe. Unsere Knochen schmerzten von den mexikanischen Sätteln und um unsere Notlage vollkommen zu machen, wurden die beiden Rangers unruhig und begannen mit dem Gedanken zu spielen, die Pferde zu nehmen und umzukehren. Als unser Unglück hiermit seinen Höhepunkt erreicht hatte, erspähte ich glücklicherweise einen Mexikaner, der uns Auskunft über den Verbleib unseres Wagens erteilen konnte. Mit frischem Mut und vollkommen erschöpften Pferden nahmen wir die Verfolgung auf.

      Niemals zuvor waren Mr. Sargents Maultiere dermaßen schnell vorwärtsgeprescht und es war bereits 09.00 Uhr, als wir sie schließlich einholten. Mein Tier war zweimal gestrauchelt und McCarthy war grün im Gesicht vor Erschöpfung und Wut. Mr. Sargent empfing uns ausgesprochen fröhlich und wir waren vernünftig genug, nicht mit ihm zu streiten, obgleich McCarthy zuvor wiederholt angemerkt hatte, dass er es für angebracht hielte, den Kerl niederzuschießen.

      Wir hatten neuneinhalb Stunden im Sattel gesessen und waren vollkommen erschöpft. Unsere mürrischen texanischen Führer besänftigten wir mit Speck, Kaffee und fünf Dollars in Goldmünzen.

      Wir rasteten bis um 14.00 Uhr und mühten uns anschließend weiter durch die sandige Ödnis vorwärts. Obwohl wir das Pferd des Richters zur Unterstützung einspannten, kamen wir nicht schneller als mit drei Kilometern pro Stunde voran.

      Das Antreiben von Maultieren ist eine eigene Wissenschaft und Mr. Sargent gilt auf diesem Gebiete zu Recht als wahrer Gelehrter. Er brüllt unablässig – zumeist Flüche von derb-komischem Charakter. Seine Maultiere schlägt er nur selten, wenn eines von ihnen jedoch durch außergewöhnliche Faulheit seinen Zorn erregt, so schreit er: "Richter, komm' mit einem großen Knüppel und mach' ihm die Hölle heiß!" Während das Tier jene Züchtigung empfängt, die der Richter aus den Tiefen der Hölle heraufbeschwört, bemerkt Mr. Sargent: "Ich wünschte, du wärst Onkel Abe; ich würde dir Beine machen, du gottverdammter Hurensohn!" Seine Vorstellung von vollkommener Glückseligkeit scheint es zu sein, die Herren Lincoln und Seward vor seinen Wagen zu spannen. Maultiere laufen zuverlässiger, wenn man ihnen andere Esel voranstellt. Ein weiterer Kniff, auf den Mr. Sargent regelmäßig zurückgreift, besteht darin, mit der Faust an das Wagendach zu hämmern und mit dem Stiefel auf das Trittbrett zu stampfen. Der resultierende Lärm ermuntert die Maultiere ebenso effektiv wie es die Prügel tut. Mr. Sargent ließ seine mitfühlende Seele durchblicken, als er mir erklärte: "Es ist die schlechteste Idee der Welt, Nigger und Maultiere zu prügeln, denn je öfter man es tut, desto mehr gewöhnen sie sich daran."

      Gegen 17.30 Uhr erreichten wir eine Wasserstelle, aber obgleich sie als gute Quelle gilt, war das Wasser dermaßen salzig, dass es nahezu untrinkbar war. Mehrere Baumwollwagen und drei Fuhrwerke, die einem gewissen Mr. Ward gehören, lagern gemeinsam mit uns.

      Heute haben wir lediglich 25 Kilometer geschafft.

      17. April 1863 (Freitag): Nachdem ich die vergangene Nacht in einem mexikanischen Sattel verbracht hatte, erschien mir unser Rinderfell im Sand als geradezu luxuriöse Bettstatt.

      Um 05.00 Uhr spannten wir an und gegen 09.00 Uhr erreichten wir eine Quelle, deren Wasser schlammgetrübt, aber dennoch trinkbar war.

      Ich ging mit dem Richter voraus, der, so er denn einmal nüchtern ist, ein durchaus wohlinformierter und vernünftiger Mann ist. Mr. Sargent und ich sind gute Freunde und wenn er auch ein ungeschlachter Geselle ist, so verstehen wir uns doch großartig.

      Mr. Ward, ein Konkurrent von Mr. Sargent, hat sich mit drei Wagen unserer Reisegruppe angeschlossen. Er hat seinen Einspänner gegen einen Baum gefahren und sich dabei das Wagendach abgerissen, was Mr. Sargent immens erheiterte.

      Wir nahmen unser Frühstück unter beträchtlichen Schwierigkeiten ein. Es blies ein starker Wind, der Sandwolken aufwirbelte und damit unser Essen verdarb.

      Einer unserer Reisegefährten ist ein armer, kleiner, schwächlicher Israelit, der mir jedoch sehr umgänglich erscheint, obgleich er mit einem fürchterlichen Yankee-Zungenschlag spricht. Diese sprachliche Eigenheit fehlt Mr. Sargent und dem Richter völlig.

      Um 14.00 Uhr machten wir uns wieder auf den Weg. Ich hatte ein langes Gespräch mit der stämmigen Mulattensklavin, die einen von Wards Wagen lenkt. Sie erzählte mir, sie sei in Tennessee aufgewachsen und vor drei Jahren habe man sie zur Begleichung einer unbezahlten Schuld ihrer Herrin entrissen, zur beiderseitigen Betrübnis. "Wir weinten beide bitterlich, als ich sie verließ" sagte sie. San Antonio gefalle ihr überhaupt nicht: "Zu viele Erhängungen und Morde für meinen Geschmack." Sie wurde Zeugin, wie am helllichten Tage direkt vor ihrer Türe ein Mann aufgehängt wurde.

      Mr. Sargent kaufte zwei Hühner und einige Eier von einer Ranch, aber eines der Hühner verirrte sich auf einen Baum und wurde von Wards Leuten eingefangen und verspeist. Unser Lager sieht heute Nacht im Scheine der Feuer ausgesprochen hübsch aus.

      18. April 1863 (Samstag): Bei Tagesanbruch entdeckten wir zu unserem Entsetzen, dass drei unserer Maultiere verschwunden waren, aber nach einstündiger Suche brachte sie der Richter triumphierend zurück. Hierdurch wurde unser Aufbruch bis 06.30 Uhr verzögert.

      Ich ging erneut mit dem Richter zusammen voraus und er erklärte mir, dass er ein "Senator", also ein Angehöriger des texanischen Oberhauses, sei. "Ganz genau wie euer House of Lords" wie er sagte. Er erhält fünf Dollars pro Tag, solange das Parlament tagt und er ist für vier Jahre gewählt. (Später erfuhr ich, dass die Amtszeit des Richters bereits abgelaufen war. Er hatte den Distrikt El Paso vertreten.)

      Gegen 08.30 Uhr erreichten wir eine Wasserstelle und kauften ein Lamm. Auch erstanden wir etwas Rindfleisch, das hierzulande streifenweise in der Sonne getrocknet wird, nachdem man es frisch aus dem Rind herausgeschnitten hat. In dieser Form ist es praktisch endlos lange haltbar. Es wird zubereitet, indem man es für einige Minuten auf glühende Kohlen legt.

      Eines unserer Maultiere erlitt letzte Nacht einen Huftritt. Mr. Sargent rieb die Wunde mit Brandy ein, was dem Tier sichtliche Linderung verschaffte.

      Bald nachdem wir von dem Brunnen aufgebrochen waren, bemerkte Mr. Sargent, dass wir, den Spuren von Mr. Wards Wagen folgend, vom rechten Wege abgekommen waren. Er fluchte ganz fürchterlich und musste sich mit dermaßen viel Gin trösten, dass sowohl er als auch der Richter gemäß ihrem eigenen Eingeständnis "beträchtliche Schlagseite hatten", als wir um 12.30 Uhr den Sulphur Creek erreichten. Hier rasteten wir, aßen etwas Pökelfleisch und badeten im Bach, der etwa 35 Meter breit und einen knappen Meter tief ist.

      Mr. Sargents starke "Schlagseite" ließ ihn kurz nach unserem erneuten Aufbruch auf dem Kutschbock einschlafen, aber der trinkfestere Richter trieb die Maultiere weiter an.

      Nun begannen sich die Anzeichen zu häufen, dass wir The Sands beinahe hinter uns gelassen hatten. Gegen 17.00 Uhr konnten wir an einem leidlich gemütlichen, grasbewachsenen Platz rasten, der allerdings über keine Wasserquelle verfügt. Der Mangel an Wasser setzt uns arg zu, da unser Vorrat praktisch gänzlich aufgebraucht ist.

      Um 17.30 Uhr schlachtete der zwischenzeitlich einigermaßen ausgenüchterte Mr. Sargent auf ausgesprochen fachmännische Weise das Schaf und gegen 18.30 Uhr verschlangen wir es und fanden es ausgezeichnet. Mr. Sargent bereitete das Fleisch auf sehr einfache Art zu, indem er Stücke davon in einer Pfanne schmorte, wozu unser Wasser gerade noch ausreichte.

      19. April 1863 (Sonntag): Gegen 01.00 Uhr heute Morgen wurde unser Schlummer auf dem Rinderfell jäh unterbrochen, als ein plötzliches und überaus starkes Gewitter losbrach. McCarthy und ich schafften


Скачать книгу