Demons force. Christopher Polesnig
vorbei war, wurden die Schüler noch zu einer Feier eingeladen, die Hiroto jedoch freundlich ablehnte. Er wollte schnell nach Hause zu seiner Mutter. Sie konnte nicht zu der Abschiedszeremonie kommen, da sie von der Arbeit aufgehalten worden war, doch sie würde zu Hause sein, bevor er Heim kam. Den ganzen Morgen hatte sie ihm gesagt, wie stolz sie auf Hiroto war und hatte versprochen etwas Besonderes für ihn zu kochen. Von der Vorfreude angetrieben, beeilte er sich, um nach Hause zu kommen. Dort wurde er schon von seiner breit lächelnden Mutter erwartet. Sie umarmte ihn fest und sprach ihre Glückwünsche aus. „Das Essen ist noch nicht ganz fertig, aber Aimi hat vorhin angerufen. Ich glaube, sie wollte dir ebenfalls gratulieren.“ Hiroto nickte und verschwand in seinem Zimmer. Er holte sein Handy heraus und rief Aimi an. Die beiden machten ein Treffen an ihrer gewohnten Stelle aus, bevor sie auflegten. Hiroto entledigte sich seiner Schuluniform und zog seine übliche blaue Jeanshose und ein weißes Hemd an. Darüber trug er eine schwarze Jacke. „Ich gehe nochmal raus, bin aber bald wieder da.“, erklärte er seiner Mutter, während er seine Sneaker anzog. „In Ordnung. Essen gibt es in einer halben Stunde, komm bitte nicht zu spät.“ „Ist gut.“ Und damit war Hiroto schon aus dem Haus. Seine Mutter blickte ihm lächelnd nach. Ihr Blick glitt zu der Fotowand im Flur und ein Wall an Erinnerungen überkam sie. Sie erinnerte sich nicht gerne an den tragischen Verlust ihres Mannes. Eine einzelne Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel und lief über ihre Wange. Schnell wischte sie sie sich mit dem Handrücken weg und machte sich zurück ans Kochen.
Währenddessen hatte Hiroto sein Wohnviertel bereits hinter sich gelassen und folgte der Straße bis zu einer Gasse, in die er einbog. Er folgte den Nebenstraßen zu einer Brücke die über einen schmalen Fluss führte, der das Dorf entzwei teilte. Die Brücken bildeten eine Art Verbindung zwischen den Teilen, sodass die Bewohner des Dorfes jederzeit die Möglichkeit hatten die andere Hälfte zu besuchen. Aimi lebte mit ihrer Familie auf der anderen Seite, glücklicherweise noch nahe genug, dass Hiroto sie zu Fuß erreichen konnte. Als Hiroto der Brücke näher kam, konnte er die Silhouette einer Person an dem Geländer erkennen. Je näher er kam, desto deutlicher wurde sie.
Es war ein Mädchen, das er noch nie zuvor in dieser Umgebung gesehen hatte. Sie trug einen rot-schwarzen Rock, schwarze Strümpfe, die ihre langen Beine bis zu den Knien bedeckten, und weiße Schuhe mit schwarzen Schnürsenkeln. Dazu wurde ihr Oberkörper größten Teils von einer dunklen Jacke bedeckt, die sie jedoch offen trug und damit den Blick auf ihre weiße Bluse freigab, die über ihrem Bauchnabel zusammengeknotet war. Ihr Gesicht konnte Hiroto nicht erkennen, da das Mädchen die Kapuze der Jacke aufgesetzt hatte. Allein ihre vollen rosigen Lippen waren zu erkennen und schon allein daran setzte er fest, dass sie wunderschön war. Er wusste nicht wieso, doch dieses fremde Mädchen hatte etwas an sich, das Hiroto nicht losließ. Dennoch blieb er nicht stehen, sondern lief mit einer kurzen Begrüßung an
ihr vorbei. Erst als er schon außer Sichtweite war, drehte das Mädchen ihren Kopf in seine Richtung. „Hallo, Hiroto.“
Von weitem konnte Hiroto Aimi schon sehen. Sie hatte ihre langen blonden Haare zu zwei Zöpfen hochgebunden, die hoch auf ihrem Kopf saßen. Wie immer trug sie einen schwarzen Rock und eine weiße kurzärmelige Bluse. Dazu hatte sie schwarze Schuhe an. Aimi winkte ihm zu und als er sie erreicht hatte, sprang sie in seine Arme. „Herzlichen Glückwunsch, Hiroto! Na, wie fühlt es sich an, von der Schulpflicht befreit zu sein?“ Hiroto drückte sie lachend von sich weg. „Es fühlt sich befreiend an.“ Aimi kicherte und ihre Wangen nahmen ein seichtes Rot an. Schon lange hegte sie mehr als einfache freundschaftliche Gefühle für ihren besten Freund. Dieser schien dies allerdings gar nicht wahrzunehmen.
Aimi hatte schon vor einem Jahr die Schule beendet, obwohl sie genauso alt war wie Hiroto. Er nannte sie gerne den weiblichen Einstein, weil sie nicht nur eine Klasse übersprungen hat, sondern auch gefühlt jeden existierenden Wissenswettbewerb gewonnen hatte. Während die beiden miteinander sprachen, hörte Hiroto ein Rascheln hinter sich. Er ahnte schon was dies zu bedeuten hatte und ging direkt auf einen Busch zu. Ohne zu zögern zog er den Störenfried aus seinem Versteck. „Isuma, verdammt nochmal! Hör endlich auf Aimi nachzustellen!“ Hiroto warf den jüngeren vor sich zu Boden. Isuma war ein 16-jähriger Mittelschüler, der es sich offenbar zur Aufgabe gemacht hatte, hübschen Mädchen hinterherzurennen. Er hatte kurze schwarze Haare, die ordentlich zur Seite gekämmt waren. Er trug seine Schuluniform, die aus einem weißen Hemd, einer roten Masche, darüber einem hellgrauen Pullunder und einer hellbraunen Hose bestand. Seine Schuhe waren dunkelbraun und wirkten schon sehr abgetragen. Es war nicht das erste Mal, dass Hiroto ihn zurechtwies. Schon öfter hatte er Isuma erwischt, wie er Aimi und ihm gefolgt war und einmal sogar Fotos von seiner blonden Freundin gemacht hatte. „I-ich….ich stelle ihr doch nicht nach…! Ich habe nur….etwas in dem Busch verloren und…wollte es suchen,…ja“, stotterte der Junge vor sich her. Hiroto seufzte genervt. „Na los. Mach das du verschwindest!“ Das ließ sich Isuma nicht zweimal sagen und rannte davon. Hiroto blickte ihm grimmig hinterher. „Ist schon gut Hiroto“, sagte Aimi und lächelte ihn an. „Er wird es wohl nie lernen. So jung und schon solche Gedanken, unglaublich“, seufzte Hiroto. Er blickte auf seine Uhr und stellte fest, dass er sich langsam wieder auf den Rückweg machen sollte. „Ich muss jetzt los, aber wie wär’s, wenn wir später noch etwas unternehmen?“, schlug Hiroto fort und Aimi war sofort einverstanden. „Ich komme später bei dir vorbei, ja?“, sagte sie und verabschiedete sich von ihm. Hiroto wartete noch, bis sie in der nächsten Straße verschwand, bevor er sich selbst umdrehte und losging. Als er bei der Brücke ankam, war das erste, das er bemerkte, dass das hübsche Mädchen nicht mehr da war. Er dachte aber nicht weiter darüber nach. Er kannte sie schließlich nicht. Stattdessen wanderten seine Gedanken in die Vergangenheit. Früher waren Aimi und er oft durch diese Straßen gelaufen und hatten Dämonenjagd gespielt. Ein Spiel, das sie selbst entwickelt hatten, inspiriert von einer damals berühmten Kinderserie. Hiroto musste lachen, als er sich daran zurückerinnerte. Schon bald konnte er die Umrisse seines Hauses erkennen und er freute sich schon auf das Essen mit seiner Mutter. Wie immer war die Straße, in der er lebte menschenleer, aber dieses Mal wirkte es noch unheimlicher als sonst.
Plötzlich ertönte ein lauter Knall und Hiroto zuckte heftig zusammen. Die Wolken im Himmel verformten sich mit dem Schall, Blitze schlugen in den Boden ein und der Donner hallte laut von den Hauswänden wieder. Mit einem Mal wurde es dunkel wie in der Nacht, obwohl es mitten am Tag war. Ein Blitz schlug direkt neben Hiroto ein, worauf er erschrocken zur Seite sprang. Verwirrt blickte er sich um. Nur wenige Meter vor ihm schlug etwas in den Boden ein. Der aufgewirbelte Staub versperrte ihm die Sicht, doch er erkannte den Schatten einer Person, die sich langsam aufrichtete. Hiroto kniff die Augen enger zusammen, in der Hoffnung dadurch die Person besser sehen zu können. Nach und nach lichtete sich der Staub und eine Frau, vermutlich Anfang zwanzig, kam zum Vorschein. Ihr purpurrotes Haar fiel glatt über ihre Schultern. Sie trug ein schwarzes Kleid, das bis zu ihren Knöcheln reichte, es war auf beiden Seiten entlang ihrer Beine eingeschnitten und ermöglichte ihr so mehr Bewegungsfreiheit. Um ihre Taille war ein breiter, schwarzer Stoffgürtel gebunden, der hinter ihrem Rücken in einer großen Masche endete. Dazu trug sie schwarze High Heels. Ihre roten Augen funkelten bedrohlich, als sie mit kleinen Schritten auf ihn zuging. Auch Hirotos Mutter hatte den plötzlichen Wetterwandel mitbekommen und ließ erschrocken ihren Kochlöffel fallen. „Hiroto!“, rief sie aus und rannte ohne zu zögern aus dem Haus.
Hiroto handelte aus einem Impuls heraus und wollte wegrennen, wurde aber von einem Blitz aufgehalten, der direkt vor ihm einschlug. Erschrocken fiel er zu Boden und blickte auf die dampfende Stelle auf der Straße. „Nicht so schnell, Süßer.“ Die Stimme der Frau klang dunkel und rau. „Wer bist du? W…was willst du?“, fragte Hiroto und rutschte ängstlich von ihr weg. Er war völlig überfordert mit dieser Situation. „Mein Name ist Reika und ich bin ein Dämon der Meiri-Familie!“ Sie stand nun direkt vor ihm und blickte auf ihn herab. „Ein….ein Dämon?! Was zur- Was willst du von mir?“, fragte Hiroto verängstigt und zuckte zusammen, als der Dämon laut lachte. „Was