Demons force. Christopher Polesnig

Demons force - Christopher Polesnig


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gesunden Bein gegen eine umgeworfene Kommode. Was er nicht erwartet hatte war, dass diese präpariert war und er mit seinem Tritt ein verstecktes Fach geöffnet hatte, aus dem eine kleine Schatulle herausfiel. Verwirrt blickten Aimi und Hiroto den Gegenstand an. Hiroto nahm sie vorsichtig in die Hand und drehte sie in seinen Händen. „Was…was ist das?“, schniefte Aimi und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Hiroto zuckte mit den Schultern und betrachtete die Schatulle neugierig, bis er einen kleinen Knopf an der Seite fand. Mit einem Klick sprang der Deckel auf und gab den Blick auf einen goldenen Ring frei, der auf einem bereits vergilbten Briefumschlag lag. Er nahm den Ring vorsichtig heraus und zuckte leicht zusammen, als dieser einen kaum spürbaren Impuls abgab. Es war ähnlich dem Drang nach Hause zu gehen, den er zuvor verspürt hatte. Bei genauerem Hinsehen entdeckte er, dass das Wort ‚Drache‘ in den Ring eingraviert war. Sein Blick wanderte weiter zu dem Briefumschlag. Vorsichtig holte er ihn aus der Schatulle und öffnete ihn. Die Tinte war schon stark verblichen und einige Zeilen waren nicht mehr lesbar. Es war ein Brief von seinem Vater, adressiert an Hiroto. Aus dem, was noch zu lesen war, entnahm Hiroto, dass der Ring ein Erbstück seiner Familie war. Außerdem bedauerte sein Vater, dass er Hiroto nicht aufwachsen sehen konnte und gerne mehr Zeit mit ihm verbracht hätte. Er konnte noch die Worte Krieg und Dämon erkennen, der Rest war allerdings nicht lesbar.

      Für Hiroto ergab das ganze keinen Sinn. Seine Mutter hatte ihm erzählt, dass sein Vater bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen war, doch in diesem Brief schien es fast so, als hätte sein Vater bereits mit seinem Tod gerechnet. Dazu kam dann noch dieser seltsame Ring. Hirotos Kopf brummte. Heute war einfach viel zu viel geschehen. „Hiroto…?“, fragte Aimi vorsichtig. „Aimi, könntest du mich bitte alleine lassen? Ich muss über einige Dinge nachdenken und mach dir keine Sorgen, ich komme schon zurecht.“ Aimi musterte ihn skeptisch, wusste aber, dass er sich sowieso nicht umstimmen lassen würde. Also nickte sie widerwillig. „Ruf mich bitte sofort an, wenn du etwas brauchst. Ich bin immer für dich da, ok?“ Er lächelte sie dankend an und drückte ihre Hand einmal kurz. Ihre Wangen erröteten sich, was Hiroto jedoch nicht mehr sah, da Aimi sich schnell umwandte und das Haus verließ.

      Wieder war Hiroto allein mit seinen Gedanken. Fragen über Fragen stellten sich ihm und für nichts wusste er eine Antwort. Er sah sich den Ring noch einmal genau an, in der Hoffnung irgendwelche weiteren Hinweise auf irgendwas zu bekommen doch nichts. Es schien ein einfaches Erbstück zu sein. Mit einem Seufzen streifte Hiroto sich den Ring über den rechten Ringfinger. Er fand, dass es eigentlich nicht schlecht aussah und nahm sich vor, ihn in Zukunft als Andenken an seine Familie immer bei sich zu tragen. Er ließ seinen Kopf gegen die Wand fallen und blickte aus einem Fenster. Es war bereits Nacht geworden und der Mond warf ein helles Licht in das zertrümmerte Wohnzimmer. Hirotos Augenlider wurden immer schwerer, bis er schließlich von der Müdigkeit übermannt wurde.

      Schon wenige Stunden später erwachte Hiroto aus seinem unruhigen Schlaf. Ein merkwürdiges Kribbeln, das sich durch seinen Körper zog, hatte ihn geweckt. Er ließ seine Augen noch für einige Sekunden geschlossen und versuchte die Quelle dieses eigenartigen Gefühls herauszufinden. Es schien von seiner Hand aus zu kommen, da dort das Kribbeln am stärksten war und als Hiroto sich dann endlich überwand seine Augen zu öffnen, hätte er schwören können, dass er den Ring seines Vaters in einem hellen weißen Licht hatte leuchten sehen. Es war nur für den Augenblick einer Sekunde, ein Augenzwinkern und das Licht war erloschen, genauso wie das Kribbeln in seinem Körper. Hiroto schüttelte den Kopf. Wieso sollte der Ring denn auch leuchten? Das war doch Schwachsinn, er war wohl einfach noch im Halbschlaf gewesen. Er gab sich mit dieser Theorie zufrieden und stemmte sich gähnend auf die Beine. Er wollte in die Küche gehen, doch schon nach den ersten paar Schritten blieb er wie angewurzelt stehen. „Es tut nicht weh….warum tut es nicht weh?“, fragte er sich selbst und blickte an seinem Bein hinab. Das Tuch, welches Aimi ihm umgebunden hatte, war noch da und zeigte noch deutliche Spuren seines Blutes, doch darunter spürte er nichts. Kein schmerzen, kein ziehen, nicht einmal ein jucken fühlte er unter dem provisorischen Verband. Völlig verwirrt löste er das Tuch um seinen Oberschenkel und brauchte erst mal ein paar Sekunden, um zu verarbeiten, was er da sah. Nämlich nichts. Von der Wunde war nicht einmal eine Narbe übrig geblieben. Auch allerlei andere Schrammen, die er sich während des Kampfes mit dem Dämon zugezogen hatte, waren spurlos verschwunden. „Wie ist so was möglich?“ Erst war er ein Dämon und jetzt hatte er auch noch Heilkräfte, was sollte denn noch alles kommen?

      Hiroto trank ein erfrischendes Glas Wasser und begab sich anschließend in sein Badezimmer. Er wusch den ganzen Dreck und Schweiß von seinem Körper und als er sich frische Kleidung übergezogen hatte, fühlte er sich gleich viel wohler. Nun musste er sich aber dem stellen, was er schon die ganze Zeit versucht hatte zu verdrängen. Seine Mutter. Sie lag wahrscheinlich immer noch draußen auf der Straße, allein, einfach von ihm zurückgelassen. Hiroto konnte selbst nicht fassen, dass er sie doch tatsächlich dort liegen gelassen hatte. Ob Aimi sie gestern Abend dort gesehen hatte? Er wollte sich ihre Reaktion darauf gar nicht vorstellen, obwohl sie ihm nicht wirklich verstört vorkam, als sie sein Haus betreten hatte.

      Er atmete nochmal tief durch, ehe er das Haus verließ und zu der Stelle ging, wo der Kampf stattgefunden hatte. Um die Nachbarn machte er sich keine Sorgen. Die würden ihr Haus vermutlich auch dann nicht verlassen, wenn es brennen würde. Als Hiroto den Platz erreicht hatte, konnte er seinen Augen nicht trauen. Seine Mutter war nirgends zu sehen, allein die Blutlache auf der Straße erinnerte an das gestrige Geschehen. Doch das war nicht das einzige, das Hiroto beunruhigte. Auch Reika war nicht mehr da. Hatte Yumi die beiden vielleicht mit sich genommen? Aber was sollte sie mit der Leiche seiner Mutter anfangen können? Reika könnte vielleicht als eine Art Kriegsgefangene dienen, doch was, wenn dies nicht der Fall war? Der Dämon könnte auch geflohen sein und sich nun hier irgendwo herumtreiben. Plötzlich überkam Hiroto eine gewaltige Angst. Vielleicht suchte Reika nach ihm, um zu Ende zu bringen, was sie zuvor nicht geschafft hatte. Hiroto sah sich alarmiert um und rannte dann blindlinks in Richtung eines nahegelegenen Waldes. Er rannte und rannte, ab und zu drohte er, über mit Laub bedeckte Wurzeln zu stolpern, konnte sich allerdings immer noch rechtzeitig fangen.

      Schweratmend lehnte er an einem Baum. Jetzt war er also in mitten des Waldes und wusste nicht, was er als nächstes tun sollte. Diese Entscheidung wurde ihm jedoch abgenommen, als sich ein Speer mit schwarzer Klinge direkt neben ihm in den Baumstamm bohrte. „Hallo, mein Süßer, lange nicht gesehen.“, lachte Reika und trat aus dem Schatten eines Baumes. Hiroto erstarrte. „Wie….wie hast du mich gefunden?“, fragt er entgeistert. Ihre krächzende Lache ertönte erneut. „Weißt du, es ist nicht gerade unauffällig, wenn du wie ein Irrer durch den Wald sprintest und jedes Mal lautstark fluchst, wenn du über etwas stolperst.“ Hirotos Wangen färbten sich feuerrot, es war ihm peinlich, wie offensichtlich seine Aktion doch gewesen war, aber er durfte nicht weiter darüber nachdenken. Vor ihm stand ein Dämon, der ihn töten wollte, also konnte er sich keine Ablenkungen leisten.

      Reika streckte ihren Arm aus, worauf der Speer aus dem Baumstamm in ihre Hand flog. Sie grinste Hiroto mordlustig an. „Nun, dann wollen wir mal zu Ende bringen, was wir gestern begonnen haben. Obwohl ich zugeben muss, dass mir die kleine Show echt gut gefallen hat. Einfach bezaubernd, wie sich die liebende Mutter vor die Klinge eines Speers wirft, um das Leben ihres Sohnes zu retten. Haha. Ein erbärmlicheres Ende gibt es wohl nicht.“ Hiroto spürte die gestrige Wut wieder in sich aufkeimen. Diesmal spürte er das Pulsieren des Rings ganz deutlich. „Wage es nicht, so über meine Mutter zu reden“, sagte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. Reika ließ sich davon allerdings nicht beirren und setzte stattdessen zum Angriff an. Mit erhobenem Speer rannte sie auf Hiroto zu. „Ihre Schreie waren das Beste. Sie klangen wie Musik in meinen Ohren!“ Weich aus, hörte Hiroto plötzlich in seinem Kopf. Die Stimme war tief und bestimmt. Reika stach mit ihrer Waffe zu und war sich ihres Sieges bereits sicher, doch was keiner geahnt hatte war, dass Hiroto ihrem Hieb mit einer geschickten Drehung auswich und stattdessen selber zum Schlag ansetzte. Sein Körper handelte wie von selbst. Er holte mit der rechten Faust aus, während Reika noch immer versuchte die Situation zu verarbeiten. Er schlug zu und traf sie an ihrer Wange. Reika taumelte einige Schritte zur Seite, fing sich aber schnell wieder. Ihre Augen funkelten Hiroto wütend an. „Das wirst du noch bereuen!“, drohte sie und verstärkte ihren Griff um den Speer. Sie schnellte vor und stieß mit der Waffe zu, doch Hiroto schaffte es wieder


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