Sinfonie der Herzen. Heidi Dahlsen

Sinfonie der Herzen - Heidi Dahlsen


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mit ihr los.“

      „Okay, dann gehe ich auch gleich rüber und schaue mal, ob ich ihr helfen kann.“

      „Jutta kommt wohl wieder nicht?“, fragt Opa Wolfgang.

      Markus streicht sich resigniert durchs Haar. „Nein, leider nicht.“

      „Dann musst du mal mit Olli reden, dass das so nicht geht“, sagt Oma Anni. „Nicht, dass uns die Betreuung der Kleinen zu viel ist. Im Gegenteil. Aber sie braucht doch ihre Mama. Du hast Elternzeit genommen und bist trotzdem ständig in der Agentur.“

      „Ich weiß. Die wichtigsten Aufträge müssen nun mal von mir persönlich erledigt werden. Glaubt mir, ich beschränke mich nur auf das Wesentliche. An mir und Olli liegt es jedoch nicht, dass Jutta so viel arbeitet. Auch er sagt immerzu, sie soll nach Hause gehen, die Aufträge würden nicht wegrennen. Sie blockt ab. Ich verstehe es nicht.“ Er zuckt mit den Schultern. „Macht es euch gemütlich und genießt die Ruhe. Ich schaue mal nach den Mädels.“

      „Komm doch nachher rüber, wir können ein Feuer anzünden und ein Gläschen Wein trinken. Das wäre so schön.“

      „Super Idee. Es wird sicher erst nach 20 Uhr, aber den lauen Herbstabend sollten wir wirklich genießen.“

      3

      Olli hat sich einen Termin in der Anwaltskanzlei geben lassen. Zu Markus hat er gesagt, dass er einen neuen Geschäftskunden an Land ziehen will. Es ist nicht ganz gelogen, denn sicher braucht Kolja für seine neue Kanzlei Visitenkarten, Briefpapier oder sogar Werbeanzeigen, was sie alles in der Agentur gestalten könnten. Markus hatte zwar angemerkt, dass sie eigentlich keine weiteren Aufträge mehr bräuchten, hat ihn aber ohne Diskussionen gehen lassen.

      Der Brief aus den USA hat Olli ganz schön aus der Bahn geworfen. Er versucht intensiv, sich vor niemandem etwas anmerken zu lassen. Damit Christine diesen beim Aufräumen nicht findet, hält er ihn versteckt. Lange hatte er sich Gedanken gemacht, wo sie niemals, auch nicht zufällig, hinschauen würde ohne ihn vorher zu fragen und ist zu dem Ergebnis gekommen, ihn einfach in seiner Brieftasche zu deponieren. Dementsprechend zerknittert ist das Schreiben unterdessen.

      Kolja kommt ihm entgegen, begrüßt ihn herzlich und bietet ihm eine Tasse Kaffee an. Olli nimmt dankend an.

      „Bevor ich in die USA reise, musst du mich bitte mal aufklären, worauf ich alles achten muss.“

      „Hast du mit Christine unterdessen gesprochen?“

      „Nein, das kann ich nicht. Das muss ich allein klären. Mein Kopf platzt bald. So viele Gedanken kreisen. Meinst du wirklich, dass das kein Fake ist und ich weggelockt werden soll … warum auch immer? Ich dachte, die alte Geschichte mit meinem ehemaligen Geschäftspartner wäre abgehakt und ich kann mit Christine und den Kindern eine glückliche Familie führen. Nun das.“

      „Für ein Fake ist das Notarschreiben zu echt. Ich habe recherchiert und telefoniert. Der Texaner erwartet dich wirklich. Meinst du, Christine versteht das nicht?! Sie macht auf mich einen sehr vernünftigen, liebevollen Eindruck.“

      „Der täuscht dich nicht. Christine und die Kinder sind das Allerbeste, was mir je passieren konnte.“

      „Was sagst du ihr, warum du nach Amerika fliegst?“

      Olli nimmt einen großen Schluck Kaffee, den Koljas Sekretärin reingebracht und vor ihm abgestellt hatte. Er nuschelt: „Dienschdreise.“

      „Na, ob sie das glaubt? Ich halte mich an die Schweigepflicht.“

      „Super, danke.“

      „Für die Adoptionen, habe ich alle Anträge fertig. Sowie ihr verheiratet seid, wird das aktenkundig. Ihr seid schon ein bemerkenswerter Haufen.“

      „Ja, so sehe ich das auch. Wenn alles in geregelten Bahnen und der Haufen sortiert ist, habe ich mein Ziel erreicht und werde mein Leben nur noch genießen. Du hältst uns doch in Zukunft weiterhin jeden Ärger vom Hals, oder?“

      „Na klar, dafür werde ich bezahlt, davon lebe ich.“

      „Wie kann man sich nur in Problemen anderer Leute wälzen und sich auch noch wohlfühlen?“ Olli schüttelt ungläubig den Kopf.

      „Ich finde es spannend, bisher habe ich nur freundliche sowie dankbare Klienten um mich rum und vor allem … noch keinen Prozess verloren.“

      „Gut, das lässt mich hoffen. Nun muss ich aber los ...“

      4

      „Christine, was haltet ihr davon, wenn wir alle einen Abend bei uns im Waldhaus verbringen?“, fragt Lydia am Telefon. „So wie früher oder besser einen Nachmittag wegen der Kinder.“

      „Klasse Idee. Obwohl, ob ich die Kinder von ihren Hobbys losreißen kann, weiß ich noch nicht. Wenn wir nicht darauf bestehen würden, gemeinsam 18 Uhr zu Abend zu essen und es Gesetz wäre, dass alle am Tisch sitzen, würden wir sie kaum mal zu Gesicht bekommen.“

      „Das klingt doch gut. Somit sind sicher alle zufrieden. Stell dir vor, sie würden wie viele Kinder heute, nur vor dem Fernseher sitzen, Videospiele spielen … Chips essen, Cola trinken. Puh, das ist doch keine Kindheit. Bei euch ist Freiheit angesagt und Lebenslust. Was wollt ihr mehr?“

      „Ja, es ist toll, da gebe ich dir recht. Ich sage aber immer, von allem ein gesundes Mittelmaß. Daniel spielt meiner Meinung nach zu viel Fußball. Dabei verletzt er sich natürlich. In meinem Eisfach liegen mehr Kühlakkus als Pizzen.“

      Lydia lacht auf. „Ach, Tiefkühlkost ist auf Dauer sowieso nicht gesund.“

      „Richard sitzt nur noch am Klavier. Er ist blass und ruhig wie eh und je. Dabei hat er die Natur und Tiere auf dem Hof direkt vor Augen. Auch in der Kita ist er viel allein, hat keine Freunde, malt nur oder schaukelt. Bertram suchen wir abends und finden ihn im Stall … glücklich, zufrieden und müde, jedoch sieht er aus wie ein kleines Moorschweinchen. Er muss vor dem Essen schon baden, sonst würde uns der Appetit vergehen. Und Tilly ist ein engagierter Babysitter. Ich versuche, sie alle mitzubringen. Aber beschwert euch bitte nicht, wenn die Kleinen für Unruhe sorgen. Waldidyll für euch war gestern. Wo wir einfallen mit unserer Rasselbande entsteht Lärm und Chaos.“

      „Ach komm, so schlimm wird es nicht. Alex ist ein prima Babysitter.“

      Lydia hört am anderen Ende der Leitung Papier rascheln.

      Christine durchforstet ihren Terminkalender. „Mhm, wenn es euch nicht zu schnell geht, dann gleich am Samstag. Ab kommender Woche beginnen wir schon mit den Adventsvorbereitungen auf dem Hof und in der Scheune. Außerdem muss Olli kurzfristig eine mehrtägige Dienstreise antreten. Er wäre ja schon gern dabei, denke ich.“

      „Hat er dir immer noch nicht erzählt, was es mit dem Brief aus den USA auf sich hat?“

      „Ich bin etwas sauer auf ihn. Die Begründung klingt irgendwie … wie an den Haaren herbeigezogen. Ich soll ihm vertrauen, sagt er ständig.“

      „Dann tu das, denn er liebt dich über alles und würde dir nie weh tun.“

      Christine seufzt. „Deine Worte in Gottes Ohr.“

      „Dann bereite ich für Samstag eine tolle Party vor und freue mich schon mal sehr und Alex auch, ich soll euch herzlich grüßen. Und dann gebe ich noch Jutta Bescheid.“

      „Okay, wir grüßen alle zurück, freuen uns auch und sieh´ zu, dass du Jutta überzeugen kannst. Ich würde gern mal wieder mit ihr reden. Letztens am Telefon hatte ich das Gefühl, dass sie mich abwimmelt.“

      „Das macht sie mit allen so. Ich gebe mein Bestes.“

      „Ich weiß.“

      „Mach´s gut, ich freue mich und kann es kaum erwarten.“

      5


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