Vier Jahre in der Stonewall Brigade. John Overton Casler

Vier Jahre in der Stonewall Brigade - John Overton Casler


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woraufhin sie sich ihren endgültigen Namen gab.

      Die Kapelle erfüllte ihre Aufgabe während der gesamten vier Jahre des Krieges und ihre Angehörigen waren häufig großer Gefahr ausgesetzt, da sie im Gefecht als Assistenzärzte dienten und halfen, die Toten und Verwundeten vom Schlachtfelde zu tragen. Sie halfen auch in den Lazaretten aus und einige von ihnen lernten im Verlaufe des Krieges, ein Bein oder einen Arm so gut zu amputieren wie ein erfahrener Feldchirurg. Lediglich zwei Musiker der Kapelle wurden in der Schlacht getötet.

      Nach unserer Kapitulation bei Appomattox erlies General Grant eine Order, welche es den Angehörigen der Kapelle gestattete, ihre Instrumente zu behalten und diese sind heute in einem Saale ihres Vereinigungsgebäudes ausgestellt. (Diese Instrumente, womöglich das einzige noch existierende Set, das im Kriege benutzt wurde, ist auch in den Städten der Nordstaaten auf großes Interesse gestoßen und wurde von der Kapelle auf der Weltausstellung in Chicago den neugierigen Augen der Besucher präsentiert.) Beim Begräbnis von General Grant in New York war die Kapelle ein geladener Ehrengast und sie ist noch immer bei nahezu allen militärischen Ereignissen des Landes zugegen. Die Kapelle gründete im Jahre 1874 gemäß den Gesetzen des Staates Virginia eine Vereinigung. Dieser gehören heute 30 Mitglieder an (ehrenhalber aufgenommene Kriegsteilnehmer nicht mitgezählt). Drei der ursprünglichen Angehörigen der Kapelle sind noch immer aktive Mitglieder.

      Wenige Tage nach der Schlacht schritten Joseph Earsome vom 2nd Virginia und ich das Schlachtfeld sowie das umliegende Gelände ab und wir folgten dem Fluchtweg der Yankees bis nach Centreville. Der Boden war mit zertrampelten Musketen, Patronentaschen, Feldflaschen, Tornistern, Kanonen, Protzen, zerschmetterten Wagen und sonstigem Gepäck übersät.

      Ich muss an dieser Stelle ein Beispiel wahren Heldenmutes schildern, das sich während der erbittertsten Phase der Schlacht ereignete. Zwischen den feindlichen Linien stand ein kleines Haus, in dem eine alte Dame von 90 Jahren und deren Tochter, die ebenfalls bereits betagt war, lebten. Ich bin mir sicher, dass kein Soldat beider Seiten damit rechnete, es könnten sich noch Zivilisten in diesem Haus aufhalten, da die umliegende Bevölkerung bereits am Morgen geflohen war. Wie dem auch sei, die beiden Damen waren jedenfalls zurückgeblieben. Das Haus wurde von beiden Seiten mit Kugeln und Granaten förmlich durchsiebt und die hilflose, bettlägerige alte Dame wurde von mehreren Kugeln getroffen und getötet. Ihre Tochter vermochte sie nicht in Sicherheit zu bringen, doch sie blieb an ihrer Seite. Da sie unter das Bett gekrochen war, überlebte sie unverletzt. Ich sprach am folgenden Tage mit der Tochter und sie erzählte mir die obige Geschichte. Die tote alte Dame sah ich mit eigenen Augen. Der Name der beiden lautete Henry und ihr Haus ist als "das Henry-Haus" in die Geschichtsschreibung eingegangen.

      Am 01. August verlegten wir unser Lager an eine Stelle anderthalb Kilometer östlich von Centreville. Es war ein malerischer Ort mit sauberem Wasser und wir nannten das Lager "Camp Harman" zu Ehren von Major John A. Harman, unserem Brigadequartiermeister, der die Stelle ausgewählt hatte. In diesem Lager blieben wir einen Monat lang und abgesehen von der gewöhnlichen Lagerroutine ereignete sich nichts von Interesse. Dreimal marschierten wir nach Fairfax Court House hinab, um vermeintliche feindliche Truppen abzuwehren, doch es handelte sich stets um Fehlalarme.

      Sechs oder sieben Burschen aus meiner Kompanie brannten darauf, ihre Lieben zu Hause zu besuchen und als ihnen kein Heimaturlaub bewilligt wurde, nahmen sie sich sogenannten "französischen Urlaub" und stahlen sich einfach in der Nacht davon. "Französischer Urlaub" war die scherzhafte Bezeichnung der Soldaten für das unerlaubte Entfernen von der Einheit. Die Männer setzten ihn nicht mit Fahnenflucht gleich. Kehrten diese Burschen nach ihrem eigenmächtigen Urlaub aus eigenen Stücken zu ihrer Einheit zurück, so bestand ihre Strafe lediglich aus einigen Nächten zusätzlichen Wachtdienstes. Wurden sie hingegen während ihrer Abwesenheit ertappt und in Arrest genommen, so stellte man sie vor ein Kriegsgericht und sie wurden dazu verurteilt, das hölzerne Pferd zu reiten, mit einem übergestülpten Fass herumzulaufen oder eine anderweitige körperliche Züchtigung zu erleiden.

      Während unserer Zeit in Camp Harman wurde Lieutenant Buzzard aus meiner Kompanie einmal nach Hampshire County geschickt, um dort einige unserer "Urlauber" einzusammeln. Bei seiner Rückkehr brachte er 16 Jungs mit. Am Tage bevor diese Burschen ihren "französischen Urlaub" antraten, hatte Sergeant James A. Parsons einige von ihnen ins Sanitätszelt begleitet, um ihnen Medikamente verabreichen zu lassen, da sie über Unwohlsein klagten. Dr. Nete Baldwin, unser Feldarzt, verschrieb ihnen Medizin und noch in derselben Nacht stahlen sie sich davon. Am nächsten Morgen stürmte Parsons in das Sanitätszelt und rief in größter Aufregung aus: "Doktor! Doktor! Um Himmels willen, was für eine Medizin haben Sie den Jungs gestern gegeben?" Der Arzt, der wohl befürchten mochte, er habe die falschen Medikamente verabreicht, erkundigte sich nach der Ursache für die Aufregung. Parsons entgegnete, die Medizin habe eine fürchterliche Wirkung auf die Männer gehabt, denn sie habe sie offenbar zur Fahnenflucht verleitet, weswegen der Arzt sich künftig auf die Verschreibung anderer Mittelchen beschränken solle. Als die Jungs schließlich ins Lager zurückkehrten, erzählten wir ihnen die Geschichte und neckten sie unablässig damit. Sie fühlten sich in ihrer Ehre verletzt und trugen sich mit dem Gedanken, Parsons eine Tracht Prügel zu verabreichen.

      In diesem Lager war es auch, dass wir erstmals unseren Sold erhielten und ich bekam zudem von zu Hause frische Kleidung zugesandt. Wir hatten ständig Hausierer im Lager, die Hühner, Butter, Eier und dergleichen mehr feilboten und stets dankbare Abnehmer fanden. Eines Morgens nach dem Anwesenheitsappell erblickten mein Kamerad Mike Dagnon und ich einen Wagen, der in der Nähe des Lagers allerlei Lebensmittel zum Verkauf anbot. Mike sagte: "Komm, heute gibt's Hühnchen zum Frühstück" und als wir den Wagen erreichten, stand bereits eine beträchtliche Menschenmenge um ihn herum. Mike schwang sich auf den Wagen, suchte sich zwei prächtige Hühner aus, reichte sie mir herab und sagte: "Halt die mal, während ich mir mein Wechselgeld hole." Ich entgegnete: "Wechselgeld? Du hast ja noch gar nicht bezahlt!" Mike raunte mir zu: "Mach dir darüber mal keine Gedanken, halt einfach die Hühner." Er wandte sich selbstsicher dem Verkäufer zu: "He, Alterchen! Ich hätte gern mein Wechselgeld, ich hab's eilig!" Der alte Mann war mit der Bedienung seiner Kundschaft beschäftigt und fragte verwirrt: "Wie viel haben Sie mir gegeben?" Mike antwortete: "Fünf Dollars", der Alte gab uns das entsprechende Wechselgeld und wir schlenderten mit den Hühnchen und vier Dollars zurück ins Lager. Ich gab Mike zu verstehen, dass er sich nicht anständig verhalten hatte, doch er entgegnete nur, im Kriege dürfe man nicht zimperlich sein.

      Wir hatten zu jener Zeit einen Koch namens Jacob Adams, der für die gesamte Kompanie kochte, also suchten wir sein Küchenzelt auf und baten ihn, die Hühnchen für uns zuzubereiten, er erwiderte jedoch, Hühnchen stünde nicht auf dem Speiseplan und verweigerte uns seine Hilfe. Wir nahmen also seine Bratpfanne an uns und machten uns selbst ans Werk, was ein kurzes Gerangel zwischen dem Koch und uns auslöste, bevor er wohlweislich den Rückzug antrat. Er lief jedoch sogleich zum Zelte des Captains und erstattete vollumfänglich Bericht. Hierauf wies der Captain den Sergeant an, einige Männer mitzunehmen und uns zur Arrestzelle zu bringen. Als sie uns holen kamen, waren die Hühnchen bereits gar und so nahmen wir sie mit. Ich sagte zu Mike, dies sei der gerechte Lohn dafür, dass wir den alten Mann um seine Hühner und sein Geld betrogen hatten.

Grafik 6

       Arrestzelle, Camp Harman

      Man steckte uns in die Arrestzelle der Brigade. Diese war in der Regel überfüllt und so beschloss Colonel Cummings, eine eigene Arrestzelle für das Regiment errichten zu lassen. Am nächsten Tage wurden also sämtliche Insassen aus meinem Regiment zum Regimentshauptquartier gebracht und dort einem Offizier unterstellt, der uns beim Bau der Arrestzelle zu beaufsichtigen hatte. Eine solche Arrestzelle war schlicht ein geschlossener Raum aus grob behauenen Baumstämmen, der nicht einmal über ein Dach verfügte.

      Mike und mir oblag es, die Ecken zu begradigen. Einige der Stämme waren krumm und Mike flüsterte mir zu: "Wenn wir zwei krumme Stämme entsprechend drehen, können wir uns nachts hindurchzwängen." Ich antwortete: "Alles klar, so machen wir's" und das taten wir dann auch. Wir verbrachten sechs Tage in der Zelle und in jeder Nacht schlüpften wir hinaus, trieben uns auf dem Lagergelände herum und schlichen vor Tagesanbruch wieder zurück. Dabei kümmerte es uns nicht,


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