Vampire essen keine Pasta. Elke Bulenda
Blicke untereinander aus. Und als ich dann von ihnen vor die Tür begleitet wurde, passierte etwas wirklich sehr Erschreckendes«, berichtete Gungnir.
Nun war es Cornelius, der ein grunzendes Geräusch von sich gab. »Hach! Sag mal, willst du mich auf die Folter spannen? Wenn ja, dann ist dir das gelungen. Was passierte so Schreckliches vor der Tür?«, bohrte er nach.
»Die Kerle verwandelten sich in Werwölfe. Aber nicht so hündische, sondern recht menschliche Wölfe, die genau wussten was sie taten. Nicht unkoordiniert, sondern sich dessen voll bewusst. Sie griffen mich an. Dabei zog ich einem den Ring aus der Handgranate, die er dummerweise am Gürtel trug. Jetzt klinge ich schon so paranoid wie mein Vater, aber ich denke, sie bekamen den Auftrag, mich zu töten«, endete Gungnir seine Ausführungen.
»Das ist alles sehr beunruhigend«, warf Cornelius nachdenklich ein. »Nur, wieso sollten die anderen Vorstandsmitglieder von Salomons Ring, dich töten wollen?«
»Na ja, ich denke, weil ich ihnen so arg auf die Füße trat und wahrscheinlich die falschen, bzw. richtigen Fragen stellte. Außerdem besitze ich genug Möglichkeiten, um ihnen gefährlich zu werden. Fakt ist, dass ich der Sache mal ein wenig nachging. Zufälligerweise erzählte mir Ambrosius, woher er die neuen Sicherheitskräfte orderte. Und jetzt wird es wirklich interessant: Von SecuryTec!«, sagte Gungnir verschwörerisch, als erwarte er unheilvoll-musikalische Untermalung, oder das Heulen irgendwelcher Wölfe.
Hingegen konnte Connie nichts mit dieser Aussage anfangen, kratzte stattdessen seinen Kopf. »Hm, was ist mir jetzt Wichtiges entgangen?«
»Das ist es ja gerade. Alles wirkt so völlig korrekt und harmlos. Jedoch solltest du wissen, dass SecuryTec eine Tochterfirma von GenBioTec ist. Einer pharmazeutischen Firma, die mit Genforschung ihr Geld verdient. Na, klingelt da etwas?«
»Äh, Avon?«, fragte Connie verwirrt.
»Wenn es denn nur die Avon-Beraterin wäre! Im letzten Monat brannte das Labor von GenBioTec rein zufällig bis auf die Grundmauern nieder. Sonderbarerweise waren sämtliche Festplatten zuvor gelöscht worden und etliche Behältnisse geleert. Wie merkwürdig, nicht wahr? Gerade, als eine Untersuchungskommission beschloss, einmal genauer nachzusehen, was dort entwickelt wurde. Angeblich sollten sogar Hochrangige des Militärs ihre Finger im Spiel gehabt haben, die freiwillige Bewerber für eine Versuchsreihe stellten. Sicher ist, dass alles ganz gewaltig stinkt. Vor allem, wenn man bedenkt, welch dubiose Verbindungen herrschten. Das hätte ich nahezu auch nicht besser machen können, um meine wahre Identität zu verschleiern«, meinte er amüsiert. »Sehr gekonnt, aber ich folgte einfach der Spur des Geldes. Es ging über Luxemburg, den Caymans bis nach Delaware. Aber wie gesagt, ich habe gute Beziehungen und konnte letztendlich herausbekommen, wer der Besitzer dieses fragwürdigen Firmen-Konglomerates ist: Ein gewisser Ares Himp«, berichtete Gungnir.
Cornelius blickte Cassandra fragend an, doch diese schüttelte verneinend den Kopf. Ihr war er ebenso unbekannt, wie Cornelius selbst. »Tut mir leid, Gungnir. Sollte ich einen Ares Himp kennen?«
»Solltest du eigentlich schon, wenn er indirekt mit deiner Organisation Geschäfte macht. Sei aber beruhigt. Jetzt kommt´s: Offiziell existiert er gar nicht! Wer immer dieser Ares Himp ist, sein wahrer Name lautet anders. Aber ich bleibe an dieser Sache dran«, beschied er ihm.
»Gungnir? Ich muss dir leider mitteilen, dass Ambrosius den Vampir-Rat von dieser unheilvollen Geschichte mit dem Wachmann in Kenntnis setzen musste. Du weiß, was das bedeutet, oder?«, fragte Connie.
»Na, hoffentlich habt ihr einen der Besten geschickt. Ich will nicht durch die Hand eines Anfängers sterben«, schmunzelte der Jüngere.
»Hör zu! Wenn Rollo Gunnarson ohnehin offiziell gestorben ist, verläuft sich diese Sache wohl im Sande«, meinte Cornelius erleichtert.
»Oh, da wäre ich mir nicht mal so sicher«, warf Gungnir seine Bedenken ein. »Schließlich bin ich nicht der Erste, der einen genial selbst inszenierten Tod gestorben ist. Ich glaube kaum, dass der Vampir-Rat darauf hereinfällt. Aber du könntest für mich ein gutes Wort einlegen und ihnen sagen, was sich wirklich zugetragen hat«, schlug er vor.
»Gut, ich werde es versuchen«, versprach Cornelius. »Sag mal Gungnir... Wo bist du eigentlich?«, hakte er nach.
»Es ist wahrscheinlich besser, wenn du nicht meinen momentanen Aufenthaltsort weißt. Ich bin jedenfalls in Sicherheit, was aber nicht heißen soll, dass man mich nicht aufstöbern und mir den Kopf abschlagen kann. Und was die Absturzgeschichte betrifft, egal was du darüber hörst. Ich ich bin weiterhin untot. Auch wenn die Fakten eindeutig dagegen sprechen.«
»Das verstehe ich nicht ganz«, bemerkte Cornelius.
»Wenn sie an die Absturzstelle gelangen, werden sie zweifelsohne ein paar Leichen finden, die als meine Wenigkeit und die des Flugpersonals identifiziert werden. Belegt durch Zahnarztakten. Nur sind die Akten nicht von meinen Piloten oder mir, sondern von den Toten, deren Akten ich frisieren ließ, damit die Zahnschemata zueinander passen. Aber alles ganz legal, die waren schon tot, und wegen ihrer Ähnlichkeit, habe ich sie schonend konservieren lassen. Eben für solche Notfälle wie jetzt. Also, egal was du hörst, mir und dem Flugpersonal geht es gut. Nur schade um den schönen Jet. Leider fordern die Umstände, dass ich vorerst eine Weile abtauche. Cassandra weiß was zu tun ist. Wir sind jedes Mal unsere gegenseitigen Nachlassverwalter, bzw. Erben. So halten wir unsere Kohle zusammen!«, lachte Gungnir belustigt.
… Cassandra und Gungir kannten sich schon eine halbe Ewigkeit, genauer gesagt, mehr als sechshundert Jahre. Als Gungnir damals auf die Drachendame stieß, war er sehr enttäuscht, da diese keinen wertvollen Drachenhort besaß. Als er fragte, wo dieser denn abgeblieben sei, antwortete Cassandra, er wurde ihr von einem frechen Ritter gestohlen. Sie war wortwörtlich pleite, was Gungnir zum Anlass nahm, sie »Frau Pleite« zu nennen. Der furchtlose Gungnir war zwar geknickt, keine unsäglichen Reichtümer gefunden zu haben, doch stattdessen bot er der Drachendame an, gemeinsam mit ihm einen neuen Schatz anzulegen. Beide besaßen in Sachen Geldgeschäfte einen guten Riecher. Und im Laufe der Jahre, bekamen sie etliche Gelegenheiten, ihren Reichtum zu vermehren und statt auf labile Währungen, in wertstabiles Gold zu investieren, welches schadlos und ohne Wertverlust, Krisen und Kriege überstand. Sozusagen waren Gungnir und Cassandra seit Jahrhunderten ›Partner in Crime‹. Fraglos haben beide von diesem unverbrüchlichen Bündnis profitiert...
»So, bevor ich mich wieder in die Versenkung begebe...«, meinte Gungnir schalkhaft. »Wie ist eigentlich die Verhandlung meines Vaters verlaufen? Leider bekam ich durch diesen unschönen Rauswurf mit anschließendem Lynchversuch, nicht mehr das Ende mit.«
»Gungnir? Versprich mir, dich nicht aufzuregen. Es ist etwas Grauenvolles passiert«, warnte Cornelius.
»Sie haben ihn doch nicht schon wieder in eine Sicherheitszelle im Keller eingesperrt, oder?«, wollte Gungnir wissen.
Der Ältere seufzte: »Wenn es das nur wäre. Nein, sie haben ihm den Mord an diesem Kolbyr Faksen nachgewiesen.«
»Wie soll das gegangen sein, ich dachte, sein Alibi sei lückenlos belegt? Was ist geschehen?«
»Ganz offensichtlich schlich sich dein Vater aus dem Hotel, um diesem Faksen den Garaus zu machen. Nun halt dich gut fest! Er hatte - und das ist mit Fotografien belegt - ein konspiratives Treffen mit deiner Mutter. Und so wie die Dinge stehen, war sie es, die Faksen das Licht ausblies. Und mal ehrlich, deine Mutter ist niemand, der man etwas befehlen kann. Meines Erachtens, tat sie deinem Vater einen Gefallen, der wahrscheinlich noch offen stand. Tja, und als die Leute von Salomons Ring spitz kriegten, worin deine Mutter verwickelt ist, versuchten sie deinen Vater massiv unter Druck zu setzen, um ihm ein Geständnis abzupressen. Der knickte natürlich ein, du weißt ja, wie weich er immer wird, wenn es um deine Mutter geht. Ich glaube, er liebt sie immer noch. Jedenfalls gab er zu, deine Mutter erpresst und gezwungen zu haben, den Mörder seiner Frau umzubringen. Wer´s glaubt wird selig. Nun, statt ihn hinzurichten, oder für immer einzusperren, einigten wir uns auf ein Strafmaß von zwanzig Jahren in einer Kryonik-Kammer. Doch bevor es zu dieser Vollstreckung kommen konnte, wurde dein Vater auf meiner Hochzeitsfeier entführt«, endete Cornelius seine Erzählung.
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