HARDCORE-WESTERN, BAND 2 - FÜNF ROMANE IN EINEM BAND. Ronald M Hahn

HARDCORE-WESTERN, BAND 2 - FÜNF ROMANE IN EINEM BAND - Ronald M Hahn


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Jetzt fiel es ihm wieder ein. Homer hatte ihm erzählt, er wolle mit irgendeiner Berühmtheit eine Reise durch den Westen machen.

      »Ja, wo bleiben Sie denn?« Die Augen der Blondine sprühten wütende Funken. Sie hatte ein hübsches Gesicht und war für eine Frau ziemlich groß. Roger schätzte sie auf etwa siebenundzwanzig, und ihr Busen war auch nicht zu verachten.

      »Entschuldigen Sie...«, stotterte er und überlegte flink, wie er aus dieser Situation wieder herauskommen sollte. War sie die europäische Berühmtheit, von der Homer gesprochen hatte? Offenbar hatten die beiden einander noch nie gesehen. Im gleichen Augenblick schrie der Zugführer: »Alles einsteigen! Der Zug fährt jetzt ab!«

      »Jetzt aber schnell!«, sagte die Blondine und deutete auf die offene Tür des Salonwagens. »Die Gräfin wartet nicht!«

      Die Gräfin? Roger fluchte stumm. Er schwang seine Reisetasche auf die hintere Plattform des Salonwagens, und plötzlich fiel ihm ein, dass er vergessen hatte, einen Fahrschein zu lösen. Großer Manitou!

      Aber als Gast der Gräfin würde ihn vermutlich niemand nach solchen Lappalien fragen. Es war auch gut möglich, dass die Gräfin eine Pauschale für ihren Salonwagen zahlte und die Anzahl ihrer Gäste niemanden interessierte. Mit anderen Worten: Er konnte einen Haufen Dollars sparen, und das war auch nicht schlecht.

      Die Blondine eilte hinter ihm her. Als sie auf der Plattform standen, stieß der Stationsvorsteher einen schrillen Pfiff aus.

      »Ich bin Roxanne Prentiss«, sagte die Blondine. »Die Gesellschafterin der Gräfin.«

      »Angenehm«, erwiderte Roger. »Ich bin R... Homer von Wallenstein. Aber Sie können mich ruhig Homer nennen.« Er fand den Namen Homer ebenso albern wie der echte Homer.

      Roxanne öffnete ihm lachend die Wagentür, und sie kamen in einen kleinen Raum, der wie ein Lesezimmer eingerichtet war. Auf dem Boden war ein Teppich. Die Wände waren mit kostbarem Edelholz verkleidet, und an den Fenstern befanden sich Gardinen. »Ihr Abteil ist gleich hier vorn, Mister von... Homer.« Sie deutete auf eine schmale Tür. »Sprechen Sie Deutsch?«

      Roger spürte, dass ihm heiß wurde.

      »Ähm, nein. Wie kommen Sie darauf?«

      »Wegen Ihres Namens.«

      »Ach so.« Roger zuckte verlegen die Achseln. Hätte der blöde Homer sich nicht irische Eltern aussuchen können? »Dritte Generation«, sagte er beiläufig. »Meine Großeltern haben meinen Eltern diese Sprache leider nicht beigebracht.«

      »Gräfin Landsfeld spricht nämlich leidlich Deutsch«, erläuterte Roxanne. »Und da hat sie gern jemanden um sich, der sie beherrscht. Damit sie in Übung bleibt.«

      »Verstehe.« Roger warf einen Blick in das Abteil, das Roxanne für ihn geöffnet hatte. Es war klein, als diene es normalerweise als Quartier für eine Zofe oder einen Butler, aber es enthielt ein Klappbett, einen Klapptisch, einen Stuhl und ein schmales Schränkchen, in dem er seinen Kram verstauen konnte. Er hatte die Reisetasche kaum aufs Bett gestellt, als Roxanne auch schon an seinem Ärmel zupfte. »Kommen Sie, Homer, Sie müssen sich der Gräfin vorstellen.«

      Roger seufzte unterdrückt. Er hatte an Homers Stelle mit der Eisenbahn verduften wollen. Doch nun hatte er das nächste Problem am Hals. Er konnte nur hoffen, dass die geheimnisvolle Gräfin seinen Freund nicht persönlich kannte. Er hatte jetzt keine andere Wahl, als auf das Spiel einzugehen.

      Doch in der nächsten Stadt, das schwor er sich, würde den Zug still und heimlich verlassen.

      5.

      Einen ersten Vorgeschmack auf die hohe Position der Gräfin Landsfeld erhielt Roger O’Donnell, als er am anderen Ende des Salonwagens die Gestalten dreier Männer erblickte. Einer von ihnen war ihm bekannt.

      Jerry Grover war Anfang vierzig; ein glatt rasierter Bursche mit wachen grauen Augen und einem Grübchen am Kinn. Er trug, wie seine Kollegen, einen langen braunen Mantel, und an seinem Gurt baumelte ein Adams-Perkussionsrevolver. Als er Roger erblickte, verzog sich sein Gesicht zu einem Lächeln, und er hob die Hand, um ihn zu begrüßen.

      Roger, der hinter Miss Prentiss ging, gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass er die Klappe halten sollte. Grover verstand sofort. Er zuckte die Achseln und wandte sich wieder seinen Kollegen zu, die es sich im Abteil am Anfang des Waggons bequem gemacht hatten.

      Roger wusste, dass Grover in den Diensten der berühmten Detektivagentur Pinkerton stand. Wenn er die Gräfin bewachte, musste sie eine wirklich hochgestellte Persönlichkeit sein. Er hätte Grover gern begrüßt und ihm auf die Schulter geklopft, aber er musste unter allen Umständen vermeiden, dass er ihn in Gegenwart Roxannes beim Vornamen ansprach.

      Die Gräfin, fand Roger kurz darauf heraus, war nicht nur eine schöne Frau, in deren Gegenwart sich sein Schwengel gewaltig aufblies. Sie war auch ebenso schick gekleidet wie Roxanne. Weniger gefiel ihm jedoch die arrogante Miene, mit der sie den vermeintlichen Journalisten aus New York betrachtete.

      Nachdem Roger Platz genommen hatte, schickte die Gräfin Roxanne fort, um Kaffee zu holen. Dann schlug sie ihre bemerkenswert hübschen Beine übereinander, steckte sich eine Zigarette an, klemmte sie in eine elfenbeinerne Zigarettenspitze und musterte ihr Gegenüber wie ein Stück Fleisch. Ihr Haar war kupferrot wie das Josies, doch glatt und lang. Eigentlich, fand Roger, wie sie eher ein Blondinentyp. Sie war für dieses puritanische Land recht heftig geschminkt, und er fragte sich, wie wohl die Bewohnerinnen der Kistenbretterstädtchen des Westens reagierten, wenn sie aus der Eisenbahn stieg, um sich umzuschauen.

      Obwohl sie ziemlich freundlich mit ihm sprach, wurde er das Gefühl nicht los, dass sie hochnäsig war und ihn, den Tintenkuli von der Presse, für weit unter sich stehend hielt. Während sie sich nach seinen bisherigen Heldentaten erkundigte, was ihn zwang, ein paar Indianerschlachten zu erfinden, denen er im Auftrag seiner Zeitung beigewohnt hatte, erwähnte sie einen König, mit dem sie ein besonderes Verhältnis verband. Da Roger keine Ahnung hatte, von wem sie sprach, brach ihm bald der Schweiß aus. Nach einer Tasse Kaffee suchte er mit der Ausrede das Weite, er habe seit 36 Stunden nicht mehr geschlafen.

      Auf dem Gang traf Grover, der sich von seinen Kollegen löste und stirnrunzelnd auf ihn zukam.

      »Hast wohl keinen guten Tag heute, was?«, fragte er jovial und schlug Roger auf die Schulter. Er schaute sich um, ob ihnen auch niemand zuhörte. »Was hast du mit der Montez zu schaffen, alter Junge? Ich hoffe doch, du bist nicht hier, um ihr deine faulen Aktien anzudrehen?«

      »Montez?«, fragte Roger. »Heißt die Gräfin so?«

      »Ja, Mensch, kennst du sie denn nicht?« Grover machte große Augen. »In Europa ist die tolle Lola ’ne echte Berühmtheit. Sie hat einen deutschen König an der Angel. Er heißt Louis oder so. Er ist unser Auftraggeber.«

      Roger zupfte sich an der Nase. »Ich muss zugeben, dass ich noch nie was von ihr gehört habe. Wo kommt sie her? Aus Mexico?«

      Grover grinste. »Das weiß kein Mensch. Sie behauptet, Spanierin zu sein, aber ich habe in ’ner Zeitung gelesen, dass sie in Wirklichkeit aus Irland stammt und in England aufgewachsen ist.«

      »Wieso heißt sie Lola...?«

      »Lola Montez«, half Grover ihm aus. »Ist wohl ’n Künstlername. Bevor der König sie zur Gräfin gemacht hat, war sie ’ne berühmte Tänzerin.« Er deutete auf seine Kollegen. Der eine schlief, der andere verschanzte sich hinter einer großformatigen Zeitung. »Wir sollen ein Auge auf sie halten.«

      »Verstehe.«

      »Und was machst du hier?«, fragte Grover. »Bist du etwa der Reporter, den sie erwartet hat?«

      Roger grinste gequält. »Sozusagen.«

      »Was heißt sozusagen?«, fragte Grover. »Bist du’s oder bist du’s nicht?« Seine Miene zeigte unverhüllte Neugier, so dass Roger den Eindruck gewann, dass er vermutete, er sei auf irgendeine schlüpfrige Weise mit der königstreuen Gräfin verbunden.

      »Hör zu, Mann...« Roger beugte sich vor. Er


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