HARDCORE-WESTERN, BAND 2 - FÜNF ROMANE IN EINEM BAND. Ronald M Hahn

HARDCORE-WESTERN, BAND 2 - FÜNF ROMANE IN EINEM BAND - Ronald M Hahn


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gibt nur Anweisungen.« Er seufzte. »Jetzt versteh ich erst richtig, warum sich unsere Vorfahren gegen das europäische Adelspack erhoben haben. Sie hatten wirklich einen guten Grund.«

      »Wem sagst du das...« Roger drängte sich an Grover vorbei in den vorderen Teil des Zuges. Er wollte sich ein wenig die Beine vertreten, um nicht einzurosten.

      Die Waggons waren gut besetzt. Die meisten Reisenden schienen Geschäftsleute und Rancher zu sein und hatten sich in ihren Sonntagsstaat geworfen.

      Roger sah auch drei Cowboys, die mit zwei Kavalleristen auf Urlaub Poker spielten. Er kiebitzte eine Weile und liebäugelte mit dem Gedanken, sich zu ihnen zu gesellen, um den Verlust vom vergangenen Tag wettzumachen. Doch dann sah er, dass sie nur um Kleingeld spielten und verwarf ihn wieder.

      Als er die Tür des Speisewagens öffnete, fiel sein Blick auf einen Mann mit einem großen weißen Champie-Hut und er blieb starr vor Schreck stehen. Georgie. Homers Mörder. Neben ihm saßen der hagere Flint und ein kompakt gebauter Knabe, dessen Namen er nicht kannte.

      Hatte das Trio ihn in den Zug steigen sehen? Waren sie an Bord gekommen, um ihn auszuschalten?

      Natürlich, dachte er. Keine Frage. Ich bin erledigt...

      Bevor ihn jemand sehen konnten, zog er die Tür zu und eilte durch die Waggons zum Salonwagen zurück. Er musste Grover ins Vertrauen ziehen und ihn um eine Waffe bitten...

      Als er das Abteil der Pinkertons erreichte, hatte Grover sich auf einem der beiden Sitze zusammengerollt und schnarchte. Schnauz hielt Wache. Der dritte Mann war noch nicht zurückgekehrt.

      »Er hat die ganze Nacht Wache geschoben«, sagte Schnauz mit starkem deutschem Akzent. »Es ist wohl besser, wenn du später noch mal wiederkommst...«

      »Ja, mach ich«, sagte Roger. Zum Glück hatten die Lumpen ihn noch nicht gesehen...

      7.

      Als Roger den Salon betrat, stand Roxanne auf einem Stuhl und staubte mit einem Federwisch eine Blumenvase ab. Sie drehte ihm den Rücken zu und beugte sich so weit vor, dass er Gelegenheit hatte, ihre entzückenden Kniekehlen zu sehen. Ihre Beine erinnerten ihn an Josie, und ihm fiel ein, dass er wegen des plötzlichen Auftauchens ihrer Mutter nicht zum Abschuss gekommen war.

      Zwar hätte er Roxannes Kniekehlen noch gern eine Weile angeschaut, doch er räusperte sich, wie es sich für einen Gentleman geziemte.

      »Ah, Homer...« Roxanne drehte sich herum. »Wollen Sie mir beim Wedeln helfen?«

      Ich hätte da was anderes, was du wedeln könntest, du süßes kleines Biest, dachte Roger und hoffte, dass sie seine Gedanken nicht lesen konnte. »Da wüsste ich was Schöneres«, sagte er und zwinkerte. Er war eigentlich in den Salon gekommen, um nachzusehen, ob es hier etwas gab, das er als Waffe verwenden konnte. Ein Schießeisen zum Beispiel wäre nicht schlecht gewesen... Aber es sah nicht danach aus.

      »Sie sind mir ja ein ganz Schlimmer«, sagte Roxanne. Ihre blauen Augen glitzerten auf eigentümliche Weise. »Vielleicht helfen Sie mir erst mal vom Stuhl herunter.«

      »Aber gern.« Rogers Arme zuckten hoch und packten ihre Taille. Bevor er sie am Boden abstellte, schaute er ihr in die Augen, wie immer, wenn er eine Frau im Arm hielt und darauf aus war, etwas von ihr zu kriegen. Zu seiner Verwunderung zuckte sie mit keiner Wimper, und er las in ihren Augen etwas, das seine Hose sofort spannte. Als sie am Boden stand, fragte sie, ob er Lust auf ein »Likörchen« hätte.

      »Natürlich.«

      Sie nahmen Platz. Die Flasche und mehrere Gläser standen auf dem Tisch. Roxanne schenkte ein. Das Zeug war süß wie Honig, brannte aber angenehm in der Kehle.

      »Wo ist Ihre Durchlaucht?«, fragte Roger und deutete über seine Schulter.

      Roxanne kicherte. »Sie hält ihren Schönheitsschlaf.«

      »Was denn? So kurz nach dem Aufstehen?« Es war noch nicht mal zehn Uhr.

      »Sie ist um fünf Uhr aufgestanden«, sagte Roxanne, »um ihr Reisetagebuch zu führen.«

      »Reisetagebuch?« Roger runzelte fragend die Stirn.

      »Der König verlangt es«, erwiderte Roxanne. Sie schenkte nach. »Er finanziert ihre Reise. Da möchte er wissen, was seine... Freundin so alles treibt.«

      »Könige scheinen merkwürdige Angewohnheiten zu haben.« Roger trank das zweite Gläschen leer und empfand ein leichtes Schwindelgefühl. Er fragte sich, ob er Roxanne ins Vertrauen ziehen und sie fragen konnte, ob sie eine Schusswaffe besaß. Doch was sollte er ihr erzählen? Dass er nicht Homer von Wallenstein war, sondern der Aktienhändler Roger O’Donnell? Wie sollte er ihr erklären, dass Georgie, Flint und der dritte Mann im Speisewagen darauf aus waren, ihn zu skalpieren, ohne sich selbst in die Pfanne zu hauen?

      »Sie sind ein netter Mensch«, sagte Roxanne, als sie beim dritten Likörchen angekommen waren. Ihr Blick war nun leicht glasig, und das Glitzern ihrer Augen erinnerte Roger an eine geile Katze. Er kannte diesen Blick. Wenn Frauen ihn aufsetzten, würde bald etwas passieren.

      »Sie auch, Miss Prentiss«, erwiderte er.

      »Nennen Sie mich Roxanne«, meinte sie. »Dasch... ich meine, das tun alle meine Freunde.«

      »Ich bin gern Ihr Freund, Roxanne.« Rogers Kragen wurde eng. Er wurde noch enger, als sein Blick auf ihre entzückenden Knie fiel. Er hatte so dünne Strümpfe noch nie an den Beinen einer Frau gesehen – außer vielleicht bei den Huren in St. Louis, die gute Beziehungen zu Seeleuten hatten die öfters nach Frankreich kamen.

      »Sie sind ein attraktiver Mann...«

      Roger errötete. »Danke. Sie sind aber auch sehr attraktiv.« Irgendwie empfand er es immer als peinlich, wenn erwachsene Frauen sich unter dem Einfluss von Alkohol Männern gegenüber zum Affen machten. Andererseits hatte er sie immer als Engel im Bett empfunden.

      »Bevor wir uns jetzt beide zum Affen machen«, sagte Roxanne, »musch ich... muss ich...« Sie stand auf, presste eine Hand vor den Mund und schaute Roger mit riesengroßen Augen an. »...mal eben rausch.« Sie flog förmlich aus der Tür.

      Roger spitzte die Ohren, doch er hörte das Klackern ihrer Absätze nicht, da auch der Gang des Salonwagens mit einem Läufer versehen war. Er leerte sein Glas, schaute eine Weile missmutig vor sich hin, stand dann auf und öffnete alle Schränke und Schubladen. Er fand nur Gegenstände, die man in gut sortierten Salons fand, aber keine Schusswaffen.

      Da Roxanne nicht zurückkehrte, ging er hinaus und schaute nach, ob Grover vielleicht wacht war. Doch er schlief wie ein Bär. Schnauz und der dritte Detektiv zuckten hilflos die Achseln.

      Roger ging frustriert im Gang auf und ab. Solange die drei schwer bewaffneten Burschen den Salonwagen bewachten, brachte er sich wohl keine Sorgen um sein Leben zu machen. Aber andererseits war es wichtig, selbst eine Waffe zu haben, wenn man sich in einer solchen Situation befand. Er verharrte vor Roxannes Abteil, hörte jedoch kein Geräusch und nahm an, dass sie sich nach dem Ausspucken des Likörs erst einmal hingelegt hatte.

      Roger öffnete grinsend die Tür seines Abteils. Erst jetzt fiel ihm auf, wie grau der Tag vor dem Fenster und wie bedeckt der Himmel war. Der Schornstein der Lokomotive spie dicke Rauchwolken aus, die der Wind nach unten drückte. Sie fuhren in halsbrecherischem Tempo an einem hügeligen Gelände vorbei, auf dem Longhorns grasten. Ein einsamer Cowboy, der auf einem mageren Klepper am Gleiskörper stand, schwenkte seinen Hut.

      Roger legte sich aufs Bett und starrte an die Decke. Welch ein Blödian er gewesen war. Warum hatte er Homers Schießeisen nicht an sich genommen? Warum hatte er die auf dem Boden verstreuten Aktien nicht eingesteckt?

      Er fragte sich, ob man ihn als Homers Mörder verdächtigte. Vielleicht hatte der Portier ihn beschrieben. Vielleicht wurde sein Steckbrief schon gedruckt. Vielleicht erinnerte sich Fifi La Plume an ihn, wenn sie seine Beschreibung las. Sie kannte seinen Decknamen. Zum Glück hatte der Sheriff von Omaha kein Foto von ihm...

      Dass Reisen müde macht, merkte Roger, als er die Augen öffnete und feststellte,


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