Island - Gefundene Einsamkeit, pures Abenteuer & ein Neuanfang. Dirk Haas

Island - Gefundene Einsamkeit, pures Abenteuer & ein Neuanfang - Dirk Haas


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dort aus sollte das ganze Abenteuer beginnen. Die Überfahrt gen Island mit der Fähre war somit das zweite Kapitel einer sehr abenteuerlichen und teils gefährlichen Reise.

      Erstmal musste ich jedoch heil und vor allem pünktlich meine Fähre erreichen.

      Ein wenig aufgeregt begann ich also meine Reise in Allershausen auf die A9, machte noch eine kleine Abschiedsschleife über die A99 vorbei an München auf die A8 Richtung Stuttgart, um dann bei Ulm auf die A7 einzuschwingen, welche ja bekanntlich durchgehend bis in den hohen Norden führt. Bis nach Hirsthals!

      Willkommen: Deutschlands längste Autobahn.

      Die Strecke bis auf Höhe Hannover fuhr ich mit 10 Liter Durchschnittsverbrauch auf 100km, und das mit einem Wohnmobil das 4,25 Tonnen wiegt. Beeindruckend! Mal schauen, wie sich das so weiterentwickelt, da mir 10 Liter offen gestanden rekordverdächtig schienen. Viel weniger rekordverdächtig hörte sich jedoch mein Sound auf einmal an, da ab Hannover gar nichts mehr ging. Ich öffnete das Mittelfach und kontrollierte alle LED’s der Endstufe [Musikverstärker]. Leider leuchtete aber nur noch eine, und die war nicht gerade überraschend auch noch rot! Außerdem war die Endstufe glühend heiß. War sie wohl durchgebrannt? Ok, ich hatte die letzten 6 Stunden sehr ausgiebig Musik gehört, aber dafür war ja die Endstufe da. Nun fiel mir das Gespräch mit meinem ACR-Händler [Hifi-Fachhändler] wieder ein: „Kein Problem“ sagte der „das Mittelfach ist absolut geeignet für die Endstufe! Bei Überhitzung schaltet das Ding automatisch ab und nach Abkühlung wieder ein. Alles ganz einfach!“. Irgendwie ist das die Lösung, dachte ich, aber nachdem eine Stunde vergangen war und das Ding trotz Sicherungstausch keinen Muckser mehr tat, wurde ich ziemlich unentspannt. Nun war ich noch nicht einmal auf der Fähre angekommen und hatte schon mein erstes, für mich nicht gerade unerhebliches Problem! Ohne Sound nach Island? Für mich unvorstellbar und auch absolut inakzeptabel war ich jetzt froh, dass ich einen Tag Leerlauf eingeplant hatte und somit nicht auf den letzten Drücker nach Hirtshals musste.

      Es war am nächsten Tag lediglich einen ACR- bzw. einen GladenOne Hifi-Händler ausfindig zu machen.

      19.04.

      Die Nacht an der Autobahnraststätte war ziemlich laut und ungemütlich. Allerdings hatte ich für diesen Tag ein wichtiges Ziel vor Augen und war auch bereit, jeglichen noch akzeptablen Umweg in Kauf zu nehmen, um an eine neue GladenOne-Endstufe zu gelangen. Mit einem Notebook und UMTS-Surfstick ausgerüstet, machte ich mich also an die Arbeit und googelte alles Mögliche an Händlern zusammen. Glück hatte ich erst nach einem der vielen Anrufe bei einem Händler in Bremerhaven: „Ja, eine Endstufe hat er noch, genau die gleichen Anschlüsse usw…“. Voller Vorfreude nahm ich den Umweg von 300 km gern in Kauf! Nicht auf dem Weg, aber dennoch nicht gänzlich außer Reichweite, erreichte ich dann gegen 13 Uhr den besagten Händler. Ein paar Minuten später hielt ich die neue Endstufe auch schon in den Händen und machte mich voller Freude an den Einbau. Um 14 Uhr Ortszeit lief meine Soundmaschine wieder und ich entschloss mich in Zukunft, bei lauter Musik das Mittelfach zwecks Luftzirkulation einfach offen zu lassen. Froh darüber, dieses Problem noch rechtzeitig gelöst zu haben, setzte ich meine Fahrt über Hamburg fort. Tagesziel war heute ein Autobahnrastplatz kurz vor Flensburg. Ich stellte mich unter eine gut beleuchtete Laterne und drehte voller Freude über die erstandene Endstufe nochmals so richtig auf.

      20.04

      Nach einer Rastplatzdusche, bei der ich den Womoschlüssel unüblicher Weise als Pfand für den Duschraumschlüssel abgeben musste, setzte ich meine Fahrt nach Hirtshals am frühen Vormittag fort.

      Bei der Ankunft suchte ich natürlich als erstes das Abfahrt- und Verschiffungsareal der Fährgesellschaft Smyril Line auf. Es befand sich ein gutes Stück außerhalb des Zentrums. Nach geglückter Mission war ein „Dorfbesuch“ angebracht. Außerdem musste ich Geld wechseln, da auf dem Schiff ausschließlich dänische Kronen angesagt waren. Das wuselige Städtchen war touristisch ganz nett eingerichtet. Auch Park- u. Stellplätze für Womos waren in Reichweite. Dennoch zog ich es vor, einen Campingplatz außerorts aufzusuchen. 6 km südlich von Hirtshalts wurde ich fündig. 25 Euro pro Nacht waren, inklusive WIFI-Internet & Strom, gerade noch akzeptabel für die Vorsaison. Umrechnungskurs zu diesem Zeitpunkt 1 Euro=7,5 Kronen. Zum Vergleich war die Isländische Krone zeitgleich bei 1 Euro=166,9 Kronen.

      Kapitel 2 – Eine Seefahrt, die ist lustig…

      Die Norröna

      21.04

      Der Handywecker schmiss mich schon um 7 Uhr aus den Federn. Da der Check-in erst ab 14 Uhr stattfand, wollte ich das Wohnmobil nochmal durchputzen. Und aus Angst, es könnte in Island keine Tankstellen geben, war mein nächster Gedanke: nochmals volltanken! Die Überraschung war groß: Die angezeigten Preise an den Zapfsäulen verstanden sich sozusagen ohne Mehrwertsteuer und beliefen sich letztendlich auf 1,66 Euro pro Liter Diesel, welche erst auf dem Beleg komplett sichtbar wurden. Teure Sache dachte ich, was kommt da noch in Island auf mich zu...?

      Nun gut, eine Stunde vor Check-in reihte ich mich in die Schlange auf die Norröna von Smyril Line ein. Mächtiges Schiff, war mein erster Gedanke... Sorgen machte mir aber eher die Einfahrt auf das Schiff selbst, da ich mit meinem Heckträger samt Mopedbeladung recht hecklastig war. Rampen und ihre Auswirkungen kannte ich bis dato nur aus Forenbeiträgen im Internet. Zugesichert wurde mir telefonisch eine ebene Einfahrt, was sich aber als falsch herausstellen sollte. Unsicher fuhr ich dann gezwungener Weise gegen 14 Uhr über eine steile Rampe in das Schiffsinnere - trotz zugesicherter, ebener Auffahrt- von Ebene 3 auf Ebene 4. Dabei setzte ich mit meinem Heckträger leicht auf. Die Kratzer waren marginal, aber dennoch sorgten mich diese Begebenheiten. Als penibler und umsichtiger Schwabe machten mir solche Vorfälle halt ein wenig Bauchschmerzen. Wie auch immer, es schien am Womo alles in Ordnung zu sein. Außer diesen kleinen Kratzern auf der Unterseite des Lastenträgers war augenscheinlich nichts passiert und das Schiff legte mit 2 stündiger Verspätung dann um 17 Uhr ab. Die Schiffszeit wurde um eine Stunde auf Färöerzeit zurückgestellt.

      Mein Außenbordzimmer war sensationell! Mit Meerblick und kompletter Hotelausstattung, in gefühlter 3-4 Sterne-Qualität, fehlte es an rein gar nichts: Ein bequemes Bett, TV, Dusche & Kühlschrank, alles war vorhanden. Die Überfahrt konnte also beginnen...

      18 Uhr: Buffet war angesagt. All-Inclusive! Im Gesamtpreis enthalten war auch die Verpflegung der Smyril Line. Das war, wie sich herausstellte, ein Highlight dieser Schiffsfahrt. Das Buffet erfüllte fast jeden Wunsch. Man konnte in mehreren Gängen die unterschiedlichsten Spezialitäten von den Färöer, Island und Dänemark verköstigen. Auf dem Speiseplan standen deshalb viele kalte wie auch warme Fischspezialitäten, natürlich auch Rind, Schwein und wer hätte es vermisst: Lamm. Da dies nicht meinen Geschmacksvorstellungen entsprach, ebenso wenig Walfettstücke in Transoße oder Trockenfisch, machte ich nach kurzen Geschmackstests konsequent einen Bogen um diese „Spezialitäten“. Ungeachtet der Kalorien genoss ich das Morgen- u. Abend-Buffet täglich, vor allem die süßen Leckereien hatten es mir angetan. Die abendlichen Getränkepreise allerdings waren heftig und schlugen mit beispielsweise 5 Euro für ein 0,33l Bier zu Buche.

      21 Uhr: Nach einer Ruhepause in meinem Außenbordzimmer, sattelte ich nochmals meine Kamera und ging aufs äußere Oberdeck, um dem mittlerweile einsetzenden Regen zu trotzen. Frische Meeresluft, wie ich sie liebe..., aber auch ganz schön kalt. Brrr…

      Es war ohnehin ein eigenartiges Gefühl, allein ohne Frau & Kids auf dem Weg nach Island zu sein, mit einem viereinhalbtonnen schweren Wohnmobil und meiner „gesegneten“ Kameraausrüstung. Diese privilegierte Situation durfte mir auf meiner ganzen Reise rund um den 66 Breitengrad nicht in Vergessenheit geraten. Mein exklusiver Ausstieg, dem System der Rastlosigkeit zu entkommen und auf Abenteuertour zu gehen. Das war das Ziel und immer schon mein Traum gewesen. Raus aus den Normen und Werten dieser Hamsterradlauf-Gesellschaft, die den Überblick schon lange verloren hat und in sklavenähnlicher Abhängigkeit lebt. Über den Tellerrand zu schauen und dabei neue Ziele zu entdecken, in diesen Genuss kommen leider nur sehr wenige. Insgeheim überwiegte deshalb eine positive Aufbruchsstimmung, eine unbeschreibliche Neugier


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