Moses, der Wanderer. Friedrich von Bonin

Moses, der Wanderer - Friedrich von Bonin


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gehen, zu den Hebräern, und an der Organisation der Bauwerke mitzuwirken. Moses, ich will im Norden die Stadt weiter bauen, die mein Vater begonnen hat, sie soll meinen Namen tragen, ich werde gewaltige Mengen von Arbeitern dort brauchen, von Materialien. Ich weiß, dass du unserer Familie verbunden bist und auch ich werde dich weiter schützen und stützen, wie mein Vater es getan hat. Aber bevor ich dich zum Meister der königlichen Bauten im Norden ernennen kann, musst du dir die Karriere verdienen. Und die schnellste Art, Karriere an meinem Hof zu machen, du weißt es, ist die über militärische Erfolge. Also komm wieder mit dem fremden Fürsten, der sich im Süden erhebt. Sei siegreich, und ich versichere dir, du wirst dir deine Stellung am Hofe aussuchen können, und sei es die eines Baumeisters.“

      Moses strahlte.

      „Ich danke dir, mein König, zum einen für die persönlichen Worte und für dein Versprechen. Ich werde siegreich heimkehren.“

      Und Moses kam aus dem Audienzzimmer mit freudigem Gesicht, so dass die Palastbeamten, die diesen jungen Mann nur mit grüblerischer finsterer Miene kannten, sich fragten, was Pharao ihm wohl Gutes getan haben könnte.

      5.

      Das ägyptische Reich gliederte sich in das nördliche Unter – und das südliche Oberägypten auf. Während der Norden bis weit in das Nildelta und bis zum Meer hin befriedet und fest in der Herrschaft des Pharao war, herrschten in Oberägypten unklare Grenz- und Machtverhältnisse. In grauer Vorzeit hatten die Pharaonen die südlichen Länder erobert und sich die Fürsten der Regionen unterworfen und tributpflichtig gemacht. Die unbestrittene Herrschergewalt des Königs reichte bis Assuan, der Stadt, die an den ersten Katarakten des Nil lag und von der aus der Fluss ohne Probleme bis zu seiner nördlichen Mündung in das Meer befahren werden konnte.

      In Assuan herrschte der Wesir des Südens, Hamur, der noch von dem Vater des Königs ernannt worden war, ein dicker, mächtiger Mann, der unermesslich reich geworden war bei der Verwaltung der ihm unterstellten Gebiete. Er hatte neben dem Titel Wesir des Pharao im Süden auch noch den Titel eines Einzigen Freundes des Königs, war angesehen bei Pharaos Hof und gefürchtet bei seinen Untergebenen. Er unterhielt eine Streitmacht, die zwar formal dem Pharao, in Wirklichkeit aber ihm allein unterstellt war, der Feldherr dieses Heeres, ein Soldat namens Horacht, war ihm treu ergeben.

      So lange Hamur die Erträge des Südreiches in reichlichem Umfange an den Hof nach Theben sandte, ließen die Könige ihn frei gewähren und duldeten schweigend, dass er einen großen Teil für sich einbehielt.

      Jenseits von Assuan und den Katarakten begann eine Zone unklarer Grenzverhältnisse. Weder der Wesir Pharaos noch auch dieser selbst hätten Zweifel zugelassen, dass auch die Provinzen südlich der Katarakte zum ägyptischen Großreich gehörten und der Befehlsgewalt des Wesirs im Süden unterstanden. Die Nubier, die diese Provinzen bewohnten, erhoben sich aber von Zeit zu Zeit, machten die ägyptischen Garnisonen, die in ihren Dörfern lagen, nieder und erklärten sich für frei von ägyptischer Vorherrschaft. Regelmäßig war eine ägyptische Strafexpedition aus Assuan die Folge, die den Süden schnell wieder befriedete.

      Nun war vor einigen Jahren einer der Ihren Häuptling geworden, der es verstanden hatte, sich nicht nur seinen eigenen Stamm, sondern auch die benachbarten Nubiervölker zu unterwerfen und sie zu sammeln, um sich gegen die Ägypter, den Wesir und damit gegen Pharao zu erheben.

      „Gebt mir einige Hundertschaften mit, ich werde ihnen ganz schnell den Garaus machen“, hatte Horacht geprahlt und tatsächlich hatte Hamur ihn mit einer Streitmacht ausgestattet, um die Nubier in einer Routinemaßnahme zu unterwerfen und sie zu bestrafen.

      Horacht war im April ausgezogen, als der Nil den geringsten Wasserstand hatte. Mit dem Hochwasser im August war er zurückgekehrt, er und nur einige ganz wenige Überlebende des Kriegszuges, ausgehungert, halb verdurstet, waren sie nach einer vernichtenden Niederlage gegen die Nubier durch die Wüste geflohen, die Feinde hatten die Ufer des Nils besetzt und hätten sie gefangen, wären sie nur in die Nähe des Wassers gekommen.

      „Sie werden angeführt von einem Häuptling, der einen Löwenkopf über seinen Kopf gestülpt hat, ein riesiger Kämpfer, kohlschwarz, mit mächtiger Stimme, der seine Krieger, Horden von ihnen standen uns gegenüber, anführte und mit seiner gewaltigen Stimme anfeuerte. Unsere Streitwagen haben sie erobert, massenhaft Waffen, und haben meine Kämpfer geschlagen und getötet. Wir sind die einzigen Überlebenden", hatte Horacht berichtet.

      Hamur in seinem Palast hatte geschäumt vor Wut. „Wie kann so ein Wüstenbewohner aus dem Süden es wagen, meine Streitmacht zu besiegen“, hatte er gebrüllt und unverzüglich eine zweite Strafexpedition ausgerüstet, um die aufständischen Sklaven zu züchtigen, wie er befahl. Von der zweiten Expedition kam niemand zurück, Hamur erreichte lediglich die Nachricht, dass dieser unverschämte Nubierhäuptling es gewagt hatte, mit seinen Truppen nach Norden vorzustoßen, durch die westliche Wüste, Assuan zu umgehen und den Nil nördlich von Assuan zu besetzen, die Stadt von jedem Nachschub aus dem unteren Ägypten abschneidend. Nur mühsam war es Boten gelungen, durch die Reihen der Nubier nach Theben zu gelangen und Pharao zu berichten.

      Dies alles erfuhr Moses, als er nach den Hintergründen seines Auftrages forschte und die Streitmacht zusammenstellte, mit der er nach Norden aufbrechen wollte.

      „Hat denn jemand überhaupt den Namen dieses Häuptlings erfahren?“ fragte er einen der Boten, die unter Lebensgefahr aus Assuan nach Theben gekommen waren.

      „Nein, den Namen hat niemand für so wichtig gehalten, nur ich habe ihn auswendig gelernt, für den Fall, dass man mich gefangen hätte, er ist unaussprechlich.“

      „Sag ihn mir“, forderte Moses.

      „Aber Herr“, fragte der Bote erstaunt, „warum willst du dich mit dem Namen eines Nubiersklaven belasten, der doch vollkommen nebensächlich ist?“

      „Sieh mal“, Moses sprach vollkommen unbehindert und ohne Stottern in dieser Zeit als Feldherr, er hatte eine Aufgabe und war entschlossen, sie durchzuführen, „niemand hat bisher diesen Nubier ernst genommen, er hat aber immerhin zwei Heere des Pharao geschlagen, es ist an der Zeit, dass ihn jemand ernst nimmt, um ihn zu besiegen. Also, wie heißt er?“

      „Ramupiram nennen sie ihn, das soll eine besondere Bedeutung in ihrer Sprache haben.“

      „Gut, Bote, du wirst mir diesen Namen jeden Tag dreimal vortragen, bis ich ihn aussprechen kann und dann wollen wir sehen, ob wir diesen Ramu oder wie er heißt, nicht besiegen können.“

      Tatsächlich konnte Moses den Namen am Ende des Tages nennen, ohne dass der Bote ihm half.

      „Wir müssen nach Süden kommen, südlich von Assuan und südlich der Katarakte, ohne den Nil zu berühren“, sann Moses am nächsten Tag, als er die Unterführer des Heeres zusammengerufen hatte, um den Zug zu besprechen, „das heißt, dass wir von hier aus uns nach Westen in die Wüste wenden und einen Tagesmarsch vom Nil entfernt nach Süden ziehen. Hier ist eine Oase, die wir nach zwei Tagen erreichen können, hier eine zweite, ich nehme an, die könnten wir am fünften Tag erreichen. Danach kein Wasser mehr bis nördlich von Assuan.“

      „Moses, das geht nicht.“ Hape war der älteste der Unterführer, den Pharao ihm besonders ans Herz gelegt hatte, mit sehr viel Kampferfahrung. Moses hatte von Anfang an darauf bestanden, dass sie sich mit Namen anredeten, nicht mit Titeln, die den Rangunterschied betont hätten.

      „Warum nicht?“, fragte er zurück, nachdem die anderen vier Unterführer Hape unterstützt hatten.

      „Wir können wohl nach zwei Tagen zur ersten Oase kommen“, erklärte Hape, „dort können wir uns mit Wasser versorgen, die zweite Oase hat nach meiner Erinnerung auch genug Wasser, um unsere Streitmacht für eine Woche mit Wasservorräten zu versorgen, aber südlich der zweiten Oase kann niemand marschieren, da kommen wir nicht durch.“

      „Warum nicht?“

      „Wegen der Schlangen. Diese Wüste im Süden ist vollkommen wild, kein Mensch ist da je durchgekommen, von den wenigen, die von der Oase in diese Richtung aufgebrochen sind, hat man nie wieder etwas gehört.“

      „Ja“,


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