Ein philosophischer Streifzug durch die Jahrtausende. Markus Orians

Ein philosophischer Streifzug durch die Jahrtausende - Markus Orians


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versteht das gesamte Sein wie ein riesiges Uhrwerk, bei dem man nur jedes Rädchen und Teilchen kennen muss, um das ganze Uhrwerk, das heißt das gesamte Sein zu verstehen. In einem Uhrwerk hat jede Wirkung eine Ursache. Und wer die Ursache kennt, kann damit auch die Wirkung steuern. Und die erste Ursache oder der Schöpfer ist für die einen, dann Gott und für die anderen die Natur, die schon immer da war und immer da sein wird. Obwohl wir unbestreitbar technisch und mittlerweile elektronisch und digital Fähigkeiten entwickelt haben, die noch vor 100 Jahren kaum vorstellbar waren und wir mittlerweile nur etwas mehr als 10 Jahre brauchen, um unser Wissen zu verdoppeln, können wir die drei Fragen nicht beantworten. Die seriöse Wissenschaft weiß, dass ihr Wissen immer nur vorläufig und nicht sicher oder absolut ist. Und Immanuel Kant, der vor mehr als 200 Jahren lebte, hat ein für alle Mal bewiesen, dass bei diesen Fragen, die Vernunft zu ihrem Ende gekommen ist. Niemand kann beweisen, dass es einen Gott gibt, genauso wie niemand beweisen kann, dass es keinen Gott gibt. Diese Fragen, sozusagen den letzten Sinn, betreffen den Glauben aber nicht das Wissen.

       1.2Das archaische Bewusstsein

      Diese Epoche liegt in der Frühzeit des Menschen, in einer Zeit ohne schriftliche Überlieferung. Ihre Anfänge verlieren sich in so weiter Ferne, in der noch nicht einmal eine differenzierte Sprache entstanden war. Aus dieser Epoche gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Man kann nur vorsichtige Schlüsse ziehen. Bei der Art und Weise, wie der Homo erectus vor ca. 500 000 Jahren Knochen arrangierte, kann man religiöses Erleben vermuten. Jean Gebser, der Kulturphilosoph, der dieser Epoche den Namen gab, abgeleitet vom griechischen „arche´“, was so viel wie Ursprung heißt, sieht in der archaischen Struktur einen Zustand des Denkens, Fühlens und Wahrnehmens, der im Laufe der langen Geis-tesgeschichte keineswegs verschwunden ist, sondern allen späteren Bewusstseins-zuständen zu Grunde liegt. Der chinesische Weise Dsuang Dsi, der etwa im 3. Jahrhundert v. Chr. lebte glaubt, dass die Menschen damals weder Zeit noch Raum wahrnahmen. Was nicht in ihrem Bewusstsein war, schien auch nicht in ihrer Welt zu sein. Ihr Bewusstsein war noch nicht erwacht und um sich von ihrer Umwelt nicht zu trennen, waren sie „eins“ mit der Welt. Sie lebten in Einheit mit allem, was sie umgab. Man kann davon ausgehen, dass es für sie kein „Außen“, kein Objekt, kein anderes gab. Ein alter chinesischer Begriff „T´sing“, schreibt der Kulturforscher Joachim Faulstich, hat bei ihnen die Bedeutung, dass Himmel und Erde noch nicht voneinander getrennt sind.

       1.3Das magische Bewusstsein

      Mit dem Heraufdämmern der nächsten Epoche des Bewusstseins, dem magischen Zeitalter, sagt Dsuang Tsi, haben die Menschen ihre „Einfachheit“ verloren, den Verlust des sicheren Wissens und der vollständigen Verbundenheit mit der Welt. Indem sie lernten einfache Werkzeuge herzustellen, ist eine Distanz, ein Außen entstanden, in das sie eingreifen konnten. Durch diese Regungen und Entwicklungen des Geistes entstand aber auch eine Unsicherheit. Man fühlte sich nicht mehr behütet und geborgen und wollte auch wieder in den ursprünglichen „Einheitszustand“ zurück.

      Es ist eine Zeit, in der die Familiengruppe, der Stamm und das überschaubare Jagdgebiet eine Einheit bilden, in der auch alle Pflanzen und Tiere untrennbar noch miteinander verbunden sind. Die Stämme hatten vielleicht eine Art Gruppenseele, in der sich deren Mitglieder kaum als Einzelwesen sahen. Alle arbeiteten für alle und Besitz und Herrschaft auf Grund von der Geburt, wie z. B. Im Mittelalter, gab es noch nicht. Das, was außerhalb dieses Rahmens war, war das „Andere“. In dieser Zeit müssen die magischen Handlungen entstanden sein, die wir von den Schamanen kennen.

      Beim Schamanismus handelt es sich um die nachweislich älteste religiöse Form des Denkens. Seit der Entdeckung der Höhlenkunst von Chauvet im Tal der Ardeche in Frankreich kann man dies relativ sicher nachweisen. Eine Kunst, die vor ca. 30 000 Jahren entstand. Im Oktober 2011 hat man durch Funde festgestellt, dass die Menschen schon vor 100 000 Jahren Farben herstellten konnten. Statuen und auch Zeichnungen zeigen kaum einen Mund. Die Sprache spielte wohl noch nicht die-se dominante Rolle wie bei uns. Um die Außenwelt vor allem bei der Jagd zu verändern, brauchte man eine Magie, einen Zauber, um die größere Kraft und Schnelligkeit der Tiere auszugleichen, um eine Chance zu haben, sie zu besiegen. Das Denken kreiste um die Gegenwart, um das Ritual, um die magische Handlung.

      Dafür waren die Schamanen zuständig. Schamanen sind auch religiöse Heiler, die sich mit Hilfe von Ekstasetechniken, in einen veränderten Zustand bringen, um in eine Welt zu reisen, die man im Wachzustand nicht erreichen kann. In dieser „Anderswelt“ suchen sie nach positiven Kräften, Geistern oder auch Bildern, die ihnen sagen und helfen, wie man einen Kranken heilen kann. Ähnlich ist es, wenn sie einen Rat in einer wichtigen Angelegenheit brauchen. Sie können auch mit Hilfe von Gesängen mit ihren Ahnen Kontakt aufnehmen und mit ihnen sprechen. Bevor sie aber in diese Welt gelangen, müssen sie Hindernisse über-winden und auch negative Geister als Unterstützer gewinnen oder sie besiegen. Deshalb werden die Schamanen von ihren „Krafttieren“ und guten Geistern unterstützt. Sie sind Mittler zwischen dieser und der „Anderswelt“. Druiden bei den Kelten und Germanen wurden von den Göttern auserwählt und mussten viele Jahre bei einem Meister in die Lehre gehen, bevor sie selbst dieses oft wichtigste Amt in alten Kulturen ausführen durften. Von Caesar wissen wir, dass die Druiden auch Lehrer und Richter waren.

      Magische Handlungen sind Handlungen, die weder von der Vernunft noch von der Naturwissenschaft nachzuvollziehen sind. Der Handelnde selbst geht davon aus durch über-natürliche Kräfte „Wunder“ zu vollbringen. Der Magier oder der Schamane greift durch Ri-tuale in die Wirklichkeit in nicht rationalem, nachzuvollziehendem Maße ein. Die Interpre-tation des Religionspsychologen Mircea Eliade für den Schamanen lautet: „der außer sich ist.“ Ein Mensch, der die körperlichen Fesseln sprengt und in eine andere Landschaft reist. Er reist in die Welt, in der die herkömmlichen Naturgesetze aufgehoben sind. Dazu braucht er die Imagination, die Vorstellungskraft durch die innere Bilder entstehen. Auf diese Weise hat er gelernt Einfluss auf die Natur zu nehmen. Er war überzeugt, indem er den Kontakt zu der Anderswelt herstellt, die guten Geister so beeinflussen zu können, dass sie ihm helfen, die Jagd oder eine Heilung positiv zu gestalten.

      Zauberer, Medizinmänner oder Schamanen findet man in vielen früheren Kulturen: In Sibirien, die Aborigines in Australien, bei den Eskimos, den Indianern, in Südamerika. Huilt-krantz sagt über den Schamanismus: „Der Schamanismus bildet ein religiöses Glaubens-system, das auf religiöser Erfahrung und sakralen Mythen sowie auf Riten beruht. Letztere finden ihren Ausdruck durch kulturspezifische, schamanistische Techniken, unter denen Trance oder Ekstase eine hervortretende Rolle spielen.“ Das Ritual, bei dem oft der ganze Stamm teilnimmt, ist bis ins kleinste Detail vorbestimmt. Allein dadurch entstehen Kräfte, die es im Alltag so nicht gibt. Man reinigt sich vorher in einer Schwitzhütte, die Zeit ist bestimmt, der Ort ist besonders hergerichtet, durch das Feuer entsteht eine besondere At-mosphäre und nicht nur der Schamane auch alle Beteiligten sind besonders geschmückt. Gesänge, Tänze, bewusstseinsverändernde Getränke, Zaubersprüche, Beschwörungen, oft auch der Rauch einer Pfeife durch besondere Blätter und Fetische wie besondere Knochen oder Steine können zu diesem Ritual gehören. Schon die äußeren Umstände führen alle Teilnehmenden in eine andere Welt. Diese besonderen Umstände lassen eine Atmosphäre entstehen, der sich niemand entziehen kann und allein dadurch und im Zusammenhang mit den inneren Bildern und positiven Imaginationen entstehen ungewöhnliche und außeror-dentliche Gefühle und Kräfte, die sich auch auf den Körper auswirken. Ein Kranker kann durch diese Kräfte gesunden, wie wir dies aus vielen solcher Behandlungen wissen. Neuropsychologen können diese Kräfte heute bestätigen, weil durch sie das Immunsystem verbessert und die Selbstheilungskräfte, der Glaube an die Macht dieser Zeremonie, ungewöhnlich aktiviert werden. Wir kennen diese Kräfte in schwächerer Form beim Place-boeffekt, wo allein der Glaube und nicht das „Medikament“ heilt. In den letzten Jahren zunehmend hat man die Kräfte der Rituale und der Imaginationen bei Krebserkrankungen und chronischen Krankheiten wiederentdeckt.

      In praktisch allen modernen Religionen finden wir heute noch zahlreiche schamanische und magisch interpretierbare Reste. Z. B. Als Mittler in die „Anderswelt“ - bei den Juden waren dies die Propheten, die „Gott“ als Mittler zwischen ihm und den Menschen auserwählt hat: Moses, Ezechiel, Jesus... Der Exorzismus, der in der katholischen Kirche durch Papst


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