Trilogie. Andreas Menne Peter

Trilogie - Andreas Menne Peter


Скачать книгу
Raumschiff und dann begrapschte er auch noch eine Wand, von der er nicht wusste, ob sie am Leben war. Er hatte schon bessere Freitage erlebt. Das war das Letzte, was er dachte, bevor er vor einigen Geschöpfen stand, die der Bezeichnung Mensch nicht gerecht wurden. Sven erschrak fürchterlich. Er hatte erwartet, dass dieses Spiel mit flackernden Lichtern und diffusen Schatten noch eine Weile weitergehen würde, aber das war kein Film und jetzt standen da fünf Aliens und Sven wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte.

      »Wir sind keine Aliens«, erklärte einer der Aliens. »Wir sind Außerirdische.«

      Die Geschöpfe hatten hellblaumetallic schimmernde Haut und zwei Fühler auf dem Kopf, die Pupillen ihrer esslöffelgroßen Augen waren dreieckig und gezwinkert wurde mit einer Art Scheibenwischer, der sich im 360-Grad-Winkel permanent um seine eigene Achse drehte.

      Bevor Sven vollends die Fassung verlor, stellte er eine Frage. Das war die Kunst, dem Wahnsinn zu entgehen: so zu tun, als wäre alles normal. »Was wollt ihr?«, erkundigte er sich bei den fünf interstellaren Besuchern.

      »Wir haben einen Auftrag für dich.«

      Sven war dazu geneigt, die fremden Geschöpfe aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, denn er sah keine Bewegung des Mundes. Eine Eigenheit, die sich auch dadurch nicht verdauen ließ, dass sie offensichtlich gar keinen besaßen, was ihn wieder in Panik versetzte. Nichts war erschreckender für einen Menschen, als ein Geschöpf, das ihn an einen Menschen erinnerte, aber keiner war. Die Antworten schien er jedenfalls nicht durch seine Ohren, sondern direkt in seinem Kopf zu erhalten.

      »Wir haben eine wichtige Mission für dich, Sven«, und da das Geschöpf, das ihm am nächsten stand, den Kopf so bewegte, als würde es sprechen, ging Sven davon aus, dass die Nachricht von ihm kam.

      »Aha. Gibt’s auch eine Bezahlung? Wie lange wird es dauern? Und nebenbei: Was ist das für ein Auftrag?« Sven hatte das Gefühl, die Lage mitsamt seiner Gefühle im Griff zu haben, wenn er etwas Zynismus ins Spiel brachte.

      »Deine Bezahlung ist das Leben«, bekam er zur Antwort.

      »Aber ich will nicht mit dem Leben bezahlen«, empörte sich Sven.

      »Du darfst es ja behalten. Das ist dein Geschenk.«

      »Das ist keine Bezahlung, das ist Erpressung.«

      »Du verstehst nicht, Erdling. Wir werden dir nicht das Leben nehmen, wenn du unseren Auftrag nicht annimmst, du wirst sterben, so wie der Rest der Welt.«

      »Wi … Wieso?«

      »Weil du an Gott glaubst.«

      Sven runzelte die Stirn. »Ich dachte, das würde sich irgendwann auszahlen.«

      »Du glaubst doch nicht an Gott, weil du meinst, es würde sich irgendwann auszahlen. Das wäre keine aufrichtige Loyalität, sondern nur eine Entscheidung für die bessere Seite.«

      »Wie auch immer. So wie’s aussieht, habe ich keine Wahl. Was ist das für ein Auftrag?«

      »Du musst den Schlüssel von Dimenzion holen.«

      »Von wo?«

      »Von Dimenzion.«

      »Nein, ich meine: Von wo muss ich ihn holen?«

      Eine neue Stimme erklang in seinem Kopf und ein anderer Alienkopf wackelte. Offensichtlich hatte sich ein weiterer Außerirdischer in das Gespräch eingeschaltet.

      »Besser wäre es, wenn Ihr sagtet: ›Wo ist er?‹«

      »Saxisonorus hat sich etwas zu viel mit weltlicher Grammatik beschäftigt. Der Schlüssel befindet sich in Dimenzion, deshalb heißt er Schlüssel von Dimenzion.«

      »Demenzion?«, hakte Sven nach.

      »Nein, Dimenzion – hartes m, weiches e«, verbesserte Saxisonorus.

      »Es gibt kein hartes m, weil es kein weiches m gibt«, verbesserte Sven.

      »Ach deshalb?«, interessierte sich Saxisonorus.

      »Ja, es gäbe auch kein B ohne A, aber egal. Wo ist Dimenzion?«, lenkte Sven das Gespräch wieder in

      richtige Bahnen.

      »Im heutigen Europa.«

      »Geht es nicht etwas präziser?«

      »Der Ort, den du suchen musst, befindet sich in Österreich. In Wien. Tschüss.«

      »Moment! Das kann es doch nicht gewesen sein, ich brauche genauere Informationen und Instruktionen … außerdem muss ich am Montag wieder zur Arbeit.«

      »Du musst überhaupt nicht mehr zur Arbeit. Dein Freund Konstantin, ein Außerirdischer unseres Wohlgefallens, gibt dir alle Informationen, die du brauchst … Nun geh dahin.«

      Die Außerirdischen wiesen ihn zur Wand. Sven stolperte zurück, er hatte das Gefühl, noch tausend Fragen stellen zu müssen, aber das Gespräch war offensichtlich beendet.

      Er begab sich zu der Luke, durch die er hereingekommen war. Vermutlich würde er dort auch wieder hinausgelangen. Offensichtlich galt bei diesen Gefährten immer solange das Nächstliegende, bis jemand etwas anderes behauptete. Nun stand er dort, wo er den Ausgang wähnte. Einen Moment später erklang das mechanische Geräusch erneut und die Tür öffnete sich.

      Tosender Applaus war zu vernehmen, noch bevor Sven erkennen konnte, von wem er verursacht wurde. Als sich seine Augen nach der dunklen Umgebung an das Licht gewöhnt hatten, sah er die riesige Menschenmenge, die Hermanns Wiese plattstand, jemand ließ zwei Tauben aufsteigen und ein Sportflugzeug mit dem Banner »Aliens und Menschen Hand in Hand im wunderschönen Bayernland«, zog

      über den Himmel.

      Fernsehkameras zeichneten das Spektakel auf, außerdem standen bis an die Zähne bewaffnete Militärangehörige da, die nervös mit den Beinen wippten und Maschinengewehre in ihren Händen balancierten.

      Sven hörte die Stimme eines Moderators: » … und nun haben wir zum ersten Mal Sichtkontakt mit einem Außerirdischen. Dieser Moment wird Geschichte schreiben.«

      * * *

      »Ach du Scheiße!«, murmelte Sven und hatte Angst, etwas zu tun, das die bewaffnete Garde als feindselige Geste auffassen konnte. Er wusste nicht genau, wie er sich verhalten sollte, aber die Menge wartete darauf, dass er eine Reaktion zeigte – oder gar eine Aktion. So hob Sven unbeholfen die Hand und winkte kurz, woraufhin die Soldaten nervös ihre Gewehre anhoben und die Menge in tosendem Applaus ausbrach.

      Sven lief behutsam die Rampe nach unten und widerstand dem Impuls, seine Hände in die Taschen zu stecken, wie er es sonst tat, um nicht den Gedanken zu provozieren, er würde eine Waffe mit sich führen. Schon kam ihm ein Mann entgegengeeilt, der nicht gerade vertrauenswürdig aussah. Schwarze Sonnenbrille, schwarzer Anzug, Ohrhörer – offenbar, um mit den Kollegen oder Untergebenen in Funkkontakt zu bleiben. »Sir, wenn Sie bitte mit uns kommen würden«, sagte er, und es klang nicht wie eine Bitte.

      Er hatte wohl keine Wahl, der Mann wurde von zwei maschinenbewehrten Männern begleitet.

      Sie gingen in einen Wohnwagen am Rande der Ansammlung.

      »Setzen Sie sich doch.« Der Mann deutete auf einen Stuhl, und seine Geste machte deutlich, dass auch dies keine Option war. Sven setzte sich. Der Mann positionierte sich ihm gegenüber an der anderen Seite des Tisches und stützte sich mit seinen Händen auf der Tischplatte ab. »Also, Herr Alien … wir möchten nur wissen, was Sie hier wollen.«

      »Ich bin hier zuhause«, erklärte Sven unbedarft.

      »Offensichtlich sind sie bereits unter uns«, murmelten sich zwei Soldaten im Hintergrund zu.

      »Wir vom FBI«, fuhr der Erste fort, »sind daran interessiert, die Menschheit zu schützen.«

      »Schön«, antwortete Sven, woraufhin der Sonnenbebrillte offenbar böse wurde. »Also, ich frage Sie nochmal: Was wollen Sie hier?«

      »Und ich sag Ihnen nochmal, dass ich hier zuhause


Скачать книгу