Twinlight - Die Stunde des suessen Blutes. Francesca Gierke

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an, ist es allerdings bei Weitem nicht. Denn, wie du sicherlich schon weißt, ist unser Land ziemlich groß. Und hier das passende Mädchen zu finden, ist wesentlich schwerer als eure Aufgabe.“ Thomas trank einen Schluck Kirschsaft.

      „Aber wenn manche von uns als Baby verwandelt werden, müssen sie dann nicht für immer Babys sein?“, fragte Luca. Sein Vater trank noch einen Schluck Kirschsaft. Doch bevor er etwas sagen konnte, schaltete sich Katharina kurz dazwischen.

      „Ich bin im Garten. Die Rosen sehen schlimm aus. Außerdem ist der Rasen schon seit der Ankunft überfällig. Bis später ihr beiden!“, sagte sie und verschwand durch die Glastür in den Garten.

      Thomas räusperte sich einmal und erklärte weiter:

      „Sie altern bis zu einem bestimmten Lebensjahr heran, das ihnen vorgegeben wird. Wird zum Beispiel ein Baby verwandelt, kann es bis zum achtzehnten oder auch bis zum vierundzwanzigsten Jahr altern. Ganz wie es die Vorgabe bestimmt hat.“

      „Und warum genau zwischen achtzehn und vierundzwanzig?“, fragte Luca.

      „Weil kein Unsterblicher jünger als achtzehn und keiner älter als vierundzwanzig ist“, sagte Thomas.

      „Aber du bist doch auch um die neunzig, oder?“

      „Ja, wenn du die Jahre zählst, bin ich tatsächlich schon um die neunzig. Aber die Zahlen, 18 – 24, beziehen sich ja nicht auf die Länge deines Lebens, sondern auf das Alter, in dem du stehen bleibst. Außerdem bist du doch auch als Unsterblicher auf die Welt gekommen und in deinem dreizehnten Lebensjahr stehen geblieben, oder?“

      „Ja, das stimmt. Aber wieso denn nicht im fünfzehnten oder im zwölften? Wieso ausgerechnet im dreizehnten?“, fragte Luca und trank ebenfalls einen Schluck von seinem Kirschsaft.

      „Weil die Ältesten es so vorgesehen haben, Luca!“, erwiderte Thomas.

      „Was haben die Ältesten eigentlich mit alledem zu tun?“, fragte Luca.

      „Vor rund zweitausend Jahren wurde Ryan, der erste Unsterbliche geboren. Er lebte zur damaligen Zeit noch in der Menschenwelt, bis er im Alter von neunzehn Jahren nicht mehr alterte. Aus Verzweiflung floh er in einen dunklen Wald. Immer weiter und immer weiter, bis er zu einem goldenen Tor gelangte, das aus dem Nebel hervorragte. Ryan öffnete das Tor und fand sich in der Welt der Unsterblichen wieder.

      Als hätte man ihn verzaubert, wusste er plötzlich, was er war. Er erbaute mit Hilfe einer seltenen Gabe ein Schloss, das heute als Sitz der Ältesten genutzt wird. Er brachte einen riesigen Rosenquarz in einen ebenso riesigen Raum und entdeckte seine magische Kraft.

      So konnte er in die Menschenwelt blicken. Mit der Hilfe dieser Gabe sah er sein altes zu Hause und seine Eltern, die nach ihm suchten.

      Er erarbeitete einen Plan und kehrte nach zwei Jahren zurück in die Menschenwelt.

      Er verwandelte weitere fünf Menschen: Elisa, Kevin, Mia, Dolran und Alexa. Zusammen bildete Ryan mit ihnen den Rat der Ältesten.

      Ein Jahr später gingen sie zurück in die Menschenwelt und verwandelten weitere dreißig Menschen. Zehn von ihnen waren Frauen. Sie alle konnten ein Kind gebären. Sie bildeten die zehn Urstammbäume, zu denen wir auch gehören.

      Die Jahre verstrichen und die Ältesten hatten alle Hände voll zu tun. Einige der Verwandelten mussten zurück in die Menschheit, andere mussten warten.

      Alle zehn Jahre bringen die Ältesten zehn bis fünfzehn verwandelte Menschen mit hierher. Leider bleiben nicht alle der Unsterblichen am Leben. Einige werden von Orks getötet, die in der Menschenwelt leben.“ Thomas trank einen weiteren Schluck.

      „Ich dachte, wir können nicht sterben. Was ist denn nun richtig?“, fragte Luca.

      „Wir können hier, im Land der Unsterblichen, nicht sterben. Es gibt keine Möglichkeiten. Es gibt kein Kupfer hier. Du weißt ja, ein Dolch aus Kupfer kann uns, mit einem Schlag ins Herz umbringen. Dieser Stoß kann von allen ausgeführt werden. Meistens sind es allerdings nur Orks, die uns töten. Kaum ein Unsterblicher tötet einen Unsterblichen, es sei denn, dieser tut etwas Verbotenes.“ Thomas schluckte.

      „Wenn er was tut? Mein Interesse ist geweckt“, fragte Luca aufgeregt und begann mit den Beinen zu wippen.

      „Zum Ersten dürfen sie nicht beliebig viele Menschen verwandeln. Zum Zweiten dürfen sie keine Menschen gegen ihren Willen verwandeln. Zum Dritten darf von ihnen nicht verraten werden, dass sie unsterblich sind. Verstoßen sie gegen diese Regeln, werden sie von einem der Ältesten gerichtet.“

      Betroffen schaute Luca zu Boden. Doch nach kurzer Zeit hob er den Kopf und fragte seinen Vater:

      „Wieso müssen die Menschen zusagen? Warum das?“, Luca runzelte die Stirn.

      „Ja, müssen sie, denn der Verwandlungszauber wirkt nur dann richtig, wenn es die Menschen wollen“, erwiderte Thomas.

      „Okay. Aber wenn ich meinem für mich bestimmten Mädchen sage, dass ich ein Unsterblicher bin, bevor sie verwandelt ist, dann ist das doch auch ein Regelverstoß, oder?“

      Thomas kicherte. „Nein. Bei euch ist es eine Ausnahme, da eure Bestimmten ja wissen müssen, was ihr seid.“

      „Andere Frage: Was sind Orks?“, fragte Luca.

      „Orks sind grauenhaft und gewalttätig. Sie treten meistens in Gruppen von fünf bis zehn auf. Sie sehen aus wie normale Menschen, allerdings kräftiger und größer. Ein kurzer Hals, überlange Nasen und riesige Ohren sind einige Erkennungsmerkmale, an denen sich Unsterbliche orientieren. Außerdem stinken sie nach Schwefel. Nicht besonders schön.“ Thomas streckte sich.

      „Okay. Was weiß ich denn jetzt noch nicht?“, fragte Luca.

      „Du weißt im Augenblick noch gar nichts über deinen bevorstehenden Umzug“, sagte Thomas sofort.

      „Ach ja, genau! Das hätte ich fast vergessen. Dann schieß mal los. Ich bin auch ganz leise.“ Luca grinste und Thomas fing an zu lachen. Dann räusperte er sich. „Also gut:

      Einer der Ältesten, Dolran, besitzt die Gabe, die Zukunft aller Unsterblichen zu sehen. Also deine, meine, die deiner Mutter und deines Bruders. So sieht er auch, wo du in der Menschenwelt zur Schule gehen wirst und wann du dein Mädchen finden wirst.

      Ob du es schaffen wirst, sie zu verwandeln, oder ob sich der Zauber des Alleinseins auf dich legen wird, bleibt Dolran jedoch verborgen. Wenn du dein Mädchen gefunden hast, wird ein paar Tage darauf einer der Ältesten kommen und dir noch mal erklären, wann du in die Menschenwelt gehen wirst.

      Ein Elternteil wird dich in die Menschenwelt begleiten. Wenn ihr eure Mädchen allerdings zusammen findet, dann kommen deine Mutter und ich mit.

      Wie die Ältesten es regeln, dass wir in die Stadt kommen, wo eure Mädchen leben, wie ihr auf die gleiche Schule kommt, das ist mir ein Rätsel. Du wirst erst kurz vor dem Schulanfang des Jahres, in dem du dein Mädchen verwandeln sollst, in die Menschenwelt gehen. Wenn ihr allerdings eure Mädchen zu unterschiedlichen Zeiten findet, gibt es noch eine andere Möglichkeit.“

      Thomas trank einen weiteren Schluck.

      „Welche gibt es denn?“, fragte Luca mit gerunzelter Stirn.

      „Angenommen du findest dein Mädchen morgen in den Geburtsanzeigen, dann läuft für dich die Zeit, weil du sie ja im dreizehnten Lebensjahr verwandeln musst. Demnach zieht man mit seinen Eltern für diese Zeit in die Menschenwelt und dort in die Nähe des Mädchens. Wenn Jan sein Mädchen erst ein Jahr später findet, kann unsere Familie nicht zusammen in die Menschenwelt ziehen.“

      „Hä? Warum nicht?“

      „Aus dem Grund nicht, weil Jan sich nicht ein Jahr jünger als du ausgeben kann. Man darf ja nicht vergessen, ihr seid Zwillinge und die werden meistens im Abstand von maximal einer Stunde geboren. Also geht das nicht. Wir können also nur hoffen, dass ihr eure Mädchen gemeinsam findet.“

      „Das ist ja doof“, meinte Luca.

      „Ich


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